Grundsicherung sorgt für Irritationen

TRIER. Seit dem 1. Januar ist das Grundsicherungsgesetz in Kraft. Menschen über 65 oder vollerwerbsgeminderte Erwachsene mit geringem Einkommen und kaum Vermögen haben Anspruch auf eine staatliche Grundsicherung. Damit soll der "verschämten Armut" entgegengewirkt werden.

Als die Rentenversicherungsträger im November 2002 ihre Versicherten über die Möglichkeiten der Grundsicherung informierten, stand in der Kreisverwaltung Trier-Saarburg tagelang das Telefon nicht mehr still. "Die zuständigen Mitarbeiter sind von 6.30 bis 17 Uhr nicht mehr vom Telefon weggekommen", so Alois Zehren, der für alle Zahlungen "von der Wiege bis zur Bahre", wie er es ausdrückt, zuständig ist. Mehr als 1300 Anträge auf Zahlung der Grundsicherung sind bisher eingegangen. "Jeden Tag kommen 60 hinzu", berichtete Zehren am Freitag in einer Pressekonferenz. Landrat Richard Groß sieht seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter derzeit in der Rolle von "Überbringern schlechter Nachrichten, obwohl wir gar nichts dafür können". Denn 90 bis 95 Prozent aller Rentnerinnen und Rentner, die ein solches Schreiben erhielten, hätten keinen Anspruch auf Grundsicherung.Landrat kritisiert Informationspraxis

Genau da setzt die Kritik des Landrats ein. "Die Rentenversicherungsträger haben nicht hinreichend und verständlich informiert", sagte er. Dort sei zwar davon die Rede, dass nur dann Aussicht auf Grundsicherung bestehe, wenn der Antragsteller kein Vermögen habe. Die genauen Zahlen fehlten allerdings. Landrat Groß gab sie bekannt: 2301 Euro für Alleinstehende, 2915 Euro für Paare. "Wer mehr Geld auf dem Konto hat, besitzt keinen Anspruch auf Grundsicherung", sagte Groß. Zum Vermögen zählen zum Beispiel Sparbuch, Mieteinnahmen und Aktien. Weiterer Knackpunkt sind die 844 Euro Monats-Einkommen, die der Gesetzgeber festgesetzt hat. Nur wer darunter fällt, ist berechtigt, die Grundsicherung zu beantragen. Viele Antragsteller, seien der Auffassung, dass sie nun eben diese 844 Euro bekommen, erklärte Alois Zehren. Dies sei allerdings ein gewaltiger Irrturm. Zugrunde gelegt würden der Sozialhilfesatz (293 Euro), ein pauschaler Erhöhungsbetrag von 15 Prozent sowie Kosten für Wohnung und Heizung. Da die Mieten im Kreis vergleichsweise günstig sind, machte Alois Zehren eine Rechnung auf. "Wer etwa 600 Rente Euro bekommt, erhält im Normalfall kein Geld." In Städten, in denen die Mieten höher seien, könne dies anders aussehen.20 bis 30 Euro mehr sind der Normalfall

Etwa 1000 Menschen im Kreis, so Zehren, könnten in den Genuss von einigen Euro mehr zu ihrer bisherigen Rente kommen. Zum Beispiel die Personen, die derzeit schon Hilfe zum Lebensunterhalt erahlten sowie Leute, die in Behinderten­ und Altenheimen leben. Insgesamt 560 Anträge dieser Klientel lägen bisher vor. Etwa 740 Menschen hätten erstmals soziale Leistungen zum Lebensunterhalt beantragt. Die Hälfte der Anträge sei "offensichtlich unbegründet und abzulehnen", sagten Zehren und der Landrat. Und was bekommen diejenigen, deren Anträge genehmigt werden? "In vielen Fällen maximal 20 bis 30 Euro", erklärte Zehren. Zuzüglich zur bisherigen Rente, versteht sich. Harald Noner, der sich täglich mit den Anträgen beschäftigt, hat in den vergangenen Wochenso manche Episode erlebt. Eine Dame zum Beispiel, die auf die Frage nach Vermögen mit "muss ich das angeben" antwortete und dann damit rausrückte, dass sie über 300 000 Euro verfügt. Mit den Schreiben der Versicherungsträger sei eine "unheimliche Erwartungshaltung" geweckt worden, sagte der Landrat. Dabei gehe es in erster Linie darum, bisher unterhaltspflichtige Familienangehörige von dieser Pflicht zu befreien. "Ich will aber nicht sagen, stellt keinen Antrag", machte Groß deutlich.

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