Günther Schartz: "Wir werden die Städte versorgen"

Saarburg/Trier · Die Region Trier ist willens, ihre Vorreiterrolle für erneuerbare Energien im Land auszubauen und damit zur Energiewende beizutragen. Das wurde bei einer Veranstaltung des Kreises mit rund 200 Teilnehmern am Donnerstag in der Stadthalle Saarburg deutlich.

Saarburg/Trier. Dass einige an die Wand projizierte Bilder oft mehr sagen als viele Worte, Zahlen und Statistiken, zeigte sich am Donnerstagabend in Saarburg. Die Kreisverwaltung hatte Bürgermeister und Bürger in die Stadthalle eingeladen, um über die Energiewende in der Region zu informieren.
Was haben der Parkplatz einer asiatischen Autofabrik, wo nach einem Unwetter nur noch die Wagendächer aus dem Wasser ragen, und ein von Hagelkörnern demoliertes Hausdach im Moselort Veldenz gemeinsam? - Beide Ergebnisse könnten Folge der globalen Klimaerwärmung sein. Die Treibhausgas-Konzentration auf der Erde sei in 400 000 Jahren noch nie so hoch gewesen wie heute, sagt Achim Hill, Geschäftsführer der Energieagentur Trier.
Was will das Land? Vom Vortrag des Staatssekretärs Ernst-Christoph Stolper aus dem Mainzer Wirtschaftsministerium blieb ein Bild haften, das die Energiezukunft aus Sicht des Landes skizziert: Windräder im Wald, aufgereiht entlang der A 61 bei Rheinböllen. Das ist neu: Um die Klimaschutzziele (90 Prozent weniger Ausstoß bis 2050) und die energetischen Ziele (100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030) zu erreichen, will Rheinland-Pfalz insbesondere die Windkraft und die Solarenergie ausbauen. Die angestrebte Verteilung im Jahr 2030: 67 Prozent Wind, 23 Prozent Sonne, vier Prozent Wasserkraft, fünf Prozent Biomasse, ein Prozent Geothermie. "Und das ohne wesentliche Preiserhöhung gegenüber heute", ergänzt Stolper. Erreichen will das Land dies durch verbindliche Ziele im Landesentwicklungskonzept (LEP), das zurzeit überarbeitet wird: Mindestens zwei Prozent der Windräder auf Waldflächen, mehr Freiräume für Kommunen durch Vor-Ort-Entscheidungen (Flächennutzungspläne), Konzentration auf windstarke Standorte. Und zu Letzteren zählen insbesondere die Westeifel, der Hunsrück und - mit Abstrichen - der Westerwald. Die Energie müsse bei uns erzeugt werden, auf See sei das problematisch, meint der Staatssekretär. Dies biete auch den Vorteil, Betriebe, Kommunen und Bürger an der Wertschöpfung zu beteiligen. Parallel zu den erneuerbaren Energien sollen auch Speicher und Netze ausgebaut werden (siehe dazu auch unsere Berichte auf Seite 1 und 3).
Was will der Kreis? Auf die Erfolge in der Region verwies Landrat Günther Schartz: 51 Prozent des Stroms stammen bereits aus erneuerbaren Energien, rund 100 Hektar sind kreisweit mit Photovoltaik-Modulen bestückt, bei Ensch (Mosel) ist ein Pumpspeicherwerk geplant, in Hermeskeil gibt es ein Nahwärme-Projekt. "Der ländliche Raum wird zum Energieversorger der Städte", sagt er voraus. Mitbetreiber-Lösungen könnten die Wertschöpfung vor Ort garantieren. "Die Musik spielt bei der Selbstbeteiligung", bestätigt ein Referent von Rödl und Partner (Nürnberg), einem Unternehmen, das Stadtwerke und Kommunen berät. Vom neuen LEP erhofft sich Schartz Planungssicherheit: "Wir können es uns nicht leisten, Pläne zu machen, die nicht gerichtsfest sind."
Meinung

Das gelobte Wind-Land
Durch seine Grenzlage war die Region Trier lange vom wirtschaftlichen Erfolg abgeschnitten. Erst die Öffnung Europas besserte die Lage. Nun fällt der Region nach Luxemburg ein anderer Trumpf in den Schoß, den es schon immer gab, der aber noch nie so wertvoll war wie heute: der Wind. Das Land bläst zum Halali; und Eifel und Hunsrück sind bei den erneuerbaren Energien das gelobte Land. Daraus muss man jetzt das Beste machen. Wertschöpfung in der Region zu halten, ist leichter gesagt als getan. Noch fehlt die Erfahrung. Verschandelt man die Landschaft, geht der Schuss nach hinten los. Es gibt gute Ansätze, Politik, Wirtschaft und Bürgerschaft einzubinden. Wenn alle mitspielen, kann das eine Erfolgsgeschichte werden. a.follmann@volksfreund.deExtra

 Die Grünen-Landestagsabgeordnete Stephanie Nabinger und der Landrat Günther Schartz. TV-Foto: Albert Follmann

Die Grünen-Landestagsabgeordnete Stephanie Nabinger und der Landrat Günther Schartz. TV-Foto: Albert Follmann

Innerhalb von zwei Tagen laden Landrat Günther Schartz und die Grünen-Landtagsabgeordnete Stephanie Nabinger (Fotos) die Bürger zu Info-Veranstaltungen ein. Besonders pikant: Thema (erneuerbare Energien), Ort (Stadthalle Saarburg) und ein Referent (Staatssekretär Stolper) sind gleich - ist das Zufall oder doch schon Wahlkampf? Nabinger beteuert, sie habe die Stadthalle als Erste gebucht, will aber kein Öl ins Feuer gießen: "Hauptsache ist, dass endlich auch die anderen kapieren, dass wir die Energiewende brauchen." Nabinger will heute, Samstag, die Bürgerbeteiligung an Windkraftprojekten thematisieren. alf

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