Gusenburger wollen weniger Windräder

Gusenburg · Die Anlagen der saarländischen Nachbarn vor Augen fürchten einige Bürger, dass Gusenburg von Rotoren umzingelt wird. Sie fordern ein Umdenken bei der Planung ihrer eigenen Orts- und Verbandsgemeinde. Das dürfte schwierig werden.

 Aus dem Gusenburger Neubaugebiet Bauernwald hat man einen guten Blick auf die neuen Windräder bei Nonnweiler. TV-Foto: Christa Weber

Aus dem Gusenburger Neubaugebiet Bauernwald hat man einen guten Blick auf die neuen Windräder bei Nonnweiler. TV-Foto: Christa Weber

Foto: (h_hochw )

Gusenburg Agnes Weiß steht am Ortsrand von Gusenburg, oberhalb des Baugebiets Bauernwald. Sie zeigt auf die neuen Windräder des Nachbarorts Nonnweiler. Die Anlagen mit den roten Rotorspitzen sind gut zu sehen. Zum Vergleich hält Weiß eine offizielle Visualisierung daneben. Mit dieser am Computer erstellten Simulation habe die Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil den Bürgern die Wirkung der geplanten Räder zeigen wollen. Die weißen Anlagen, kritisiert Weiß, seien darauf "winzig. Das entspricht absolut nicht dem, was man jetzt tatsächlich sieht."Im Wohnzimmer der Gusenburgerin haben sich derweil zwölf Mitstreiter versammelt, die wie Weiß eine "Umzingelung" ihres Dorfs durch Windräder befürchten. Schon jetzt sind in drei Richtungen Räder zu sehen - alle auf saarländischem Gebiet. Nach den Plänen der VG Hermeskeil könnten auf den Gemarkungen von Gusenburg, Grimburg und Reinsfeld um die 22 Anlagen hinzukommen. "Wir sind nicht gegen Windkraft in unserer Gegend", betont Weiß. "Aber in der geplanten Anzahl ist das für die Menschen hier nicht mehr erträglich." Die erreichten Ausmaße habe sich "niemand vorstellen können", sagen auch Carmen Modde und Vincent van Eldijk. Viele aus der Gruppe fürchteten um die Lebensqualität im Dorf. "Unser Kapital sind Stille und eine wundervolle Landschaft", sagt Weiß. Beides werde durch die Windräder zerstört. Das Surren der Rotorblätter sei im Ort zu hören. Geplante Anlagen sollen im Lauschbachtal stehen, wo die Traumschleife Frau Holle und der überregional bekannte Saar-Hunsrück-Steig vorbeiführten. "Die Attraktivität dieser Gegend geht verloren", findet Anette Müller-Bungert. Durch die geplanten Räder auf der Grendericher Höhe werde zudem Boden versiegelt, sagt Weiß. Dies könne nach Starkregen zu Problemen im Ort führen. "Der Wald hat ja auch eine Speicherfunktion."Die Windkraftplanungen der VG und der Ortsgemeinde Gusenburg laufen seit 2009. Warum melden sich die Bürger erst jetzt? Bei einer Umfrage 2010 im Dorf sei es nur darum gegangen, "ob man für oder gegen Windkraft ist", sagt Anette Müller-Bungert. Damals sei aber von "ganz anderen Höhen und Zahlen" die Rede gewesen. Über die aktuellen Ausmaße seien viele Bürger nicht informiert. Auch sei nicht absehbar gewesen, sagt Weiß, "dass alle Nachbarn Räder so nah an unsere Grenze stellen". Die Informationspolitik der Gemeinde sei "sehr zurückhaltend", sagt Müller-Bungert. Deshalb plant die Gruppe selbst in den nächsten Wochen eine Informationsveranstaltung. "Wir hoffen, die Bürger wachzurütteln, damit wir rund um Gusenburg weniger Räder kriegen", sagt Müller-Bungert.Ortsbürgermeister Josef Barthen ist auch zweiter VG-Beigeordneter und hat die Planung für neue Windkraftflächen mitbeschlossen. Ihm gegenüber hätten die Bürger ihre Befürchtungen bislang "in dieser Form nicht geäußert", sagt er dem TV. Die Ortsgemeinde habe Pachtverträge mit Investoren abgeschlossen. Aufgrund des "aktuellen Flächenpotenzials" seien auf Gusenburger Gebiet sechs Windräder geplant, vier davon auf der Grendericher Höhe. Dieses Areal hat die VG im Flächenutzungsplan-Entwurf allerdings als weiße Fläche deklariert. Der Umgang der Behörden mit diesen Flächen zähle zu den offenen Fragen, ohne deren Klärung man den Plan nicht beschließen könne (siehe Info). "Im Moment weiß daher keiner, was passiert. Selbst wenn die Flächen so ausgewiesen werden, heißt dass nicht, dass jedes Rad gebaut wird." Ein Rückzug komme für Gusenburg nicht infrage: "Wir können jetzt nicht einfach sagen: Windkraft, nein danke!" Es gebe bindende Verträge und Ratsbeschlüsse, betont Barthen.Die erhofften Pachteinnahmen könnten zwar die Gemeindekasse "nicht füllen, aber zumindest auf lange Sicht die Spitzen nehmen". Zu den Ängsten der Bürger sagt der Ortschef: "Ich habe die Anlagen von meiner Terrasse aus noch nicht gehört." Auch Probleme mit Hochwasser sieht er nicht. Das Wasser fließe an den geplanten Standorten "nie in Richtung Ortslage". Die Visualisierungen seien von einem Fachbüro "nach geltenden Maßstäben" erstellt worden. Die VG habe sich "an alle Vorgaben gehalten".Der Planentwurf habe dreimal öffentlich ausgelegen, sagt Barthen. Dies sei ein viertes Mal nötig - dann könnten Bürger erneut Einwände einreichen. Einer Infoveranstaltung im Dorf stehe er nicht im Weg. Moderator sollte aber ein "neutraler Fachmann sein, der alle Fakten kennt", etwa der zuständige VG-Sachbearbeiter. Für Agnes Weiß wäre ein neutraler Moderator wünschenswert, weshalb ein VG-Mitarbeiter nicht die ideale Lösung sei.KommentarMeinung

Wende nicht zu erwartenIn der Verbandsgemeinde Hermeskeil ist noch kein neues Windrad gebaut, wohl aber im benachbarten Saarland. Die neuen Anlagen dort führen den Bewohnern in Gusenburg jetzt ganz plastisch vor Augen, wie die 200 Meter hohen Windräder aus ihrem Ort heraus wahrgenommen werden. Was bislang nur simuliert wurde, ist jetzt real. Verständlich, dass nun mancher Bürger aufschreckt, der die Planung bislang ohne großen Einspruch zur Kenntnis genommen hat. Für eine Grundsatzdebatte darüber, was für die betroffenen Dörfer erträglich ist, ist es jetzt aber reichlich spät. Das Verfahren läuft seit Jahren, steht kurz vor dem Abschluss. Die große Kehrtwende ist unwahrscheinlich - und wäre aus Sicht der planenden VG den Ortsgemeinden nur schwer vermittelbar. Denn das würde die Gemeinden einiges kosten. Zum einen sind da die Kosten jahrelanger Planung, zum anderen die Verträge mit den Investoren. c.weber@volksfreund.deExtra: GROßES FRAGEZEICHEN VOR VG-RATSSITZUNG

Die Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil wartet auf einen Bescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord. Unter anderem geht es darum, ob die VG Flächen bei Beuren in der Kernzone des Naturparks Saar-Hunsrück für Windkraft öffnen darf - obwohl dort nach neuen Landesvorgaben Windräder tabu sein sollen. Zustimmen soll die Landesbehörde auch den weißen Flächen. Auf diesen will die VG Hermeskeil Windkraft weder erlauben noch ausschließen. Wer dort Windräder aufstellen will, soll dies beantragen dürfen und dann im Genehmigungsverfahren für jedes Rad nachweisen, dass zum Beispiel der Artenschutz gewahrt wird. Das Thema Windkraft steht für den 26. April auf der Tagesordnung des VG-Rats. Laut Bürgermeister Michael Hülpes allerdings nur für den Fall, dass der Bescheid bis dahin auch eingeht. Davon unabhängig betont Hülpes: "Wir werden unseren Planungsprozess jetzt durchziehen." Dass es "so kurz vor Abschluss" eine "radikale Kehrtwende" geben könnte, halte er für "ausgeschlossen".

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