Guten Morgen und gute Nacht in acht Sprachen

Hermeskeil · Sie helfen im künftigen Nationalpark Hunsrück-Hochwald, legen Pfade an und fällen Fichten: Unter der Leitung der internationalen Jugendgemeinschaftsdienste (ijgd) wohnen derzeit 18 Teilnehmer aus verschiedenen Ländern der Welt in der Pfadfinderhütte Hermeskeil.

 Sie verschönern die Natur: 18 internationale Besucher wohnen derzeit in der Pfadfinderhütte in Hermeskeil. TV-Foto: Sarah Schmidt

Sie verschönern die Natur: 18 internationale Besucher wohnen derzeit in der Pfadfinderhütte in Hermeskeil. TV-Foto: Sarah Schmidt

Hermeskeil. Es liegt im Wald, etwas abgelegen, mitten im Grünen. Das Häuschen ist unscheinbar und die Form erinnert an das Pfefferkuchenhaus aus der Geschichte von Hänsel und Gretel. Bei der Ankunft herrscht Stille. Beim Öffnen der Tür knackst und quiekt es leicht. Ein Geruch von Kaffee steht in der Luft, ein paar Luftballons und Plakate hängen an der Wand. Zusammen sitzen sie am Tisch, plauschen ein wenig und starten in den Tag. Sie kommen aus Mexiko, Spanien, Japan, Italien, Deutschland, der Türkei, Griechenland und Serbien. Die 18 Teilnehmer vom internationalen Workcamp der ijgd (siehe Extra) sind seit zwei Wochen im Pfadfinderhaus Hermeskeil. Sie arbeiten mit dem Forstamt Hochwald, ein Kooperationspartner der ijgd, zusammen.
Pfad am Römerlager angelegt


Jeden Tag machen sie sich um neun Uhr auf den Weg zu einer neuen regionalen Mission. In der ersten Woche haben sie am Römerlager Hermeskeil geholfen. Gemeinsam haben sie dort einen Pfad im Wald angelegt, um den Wall des Römerlagers für Touristen freizulegen. Damit die Besucher ohne Hindernisse an der Fundstätte vorbeispazieren können, wurden Bäume umgeschnitten und geastet. Jörg Clemens, der Revierleiter aus Hermeskeil, ist zufrieden: "Bisher hat alles gut funktioniert und die Gruppe hat schnell zusammengefunden."
Alle Teilnehmer sind eigenständig angereist. "Einer war aus Versehen schon einen Tag früher da. Den haben wir dann aufgegabelt", sagt Clemens lachend. Auch Jennifer Heckmann, eine der Leiterinnen des Workcamps, muss schmunzeln: "Der Teilnehmer konnte kein Englisch, aber wir haben anhand des ijgd-Flyers gesehen, dass er zu uns gehört."
Heckmann kommt aus Berlin und macht eine Ausbildung zur Jugendleiterin bei der ijgd. Es ist das erste Workcamp, das die 18-Jährige leitet. "Ich bin ziemlich überrascht, dass die Gruppe so offen ist", sagt Heckmann. Jeden Morgen und Abend sagen sich alle "Guten Morgen" und "Gute Nacht" in ihrer Muttersprache.
Probleme habe es eher am Anfang gegeben, meint die Leiterin: "Manche hatten Schwierigkeiten, weil es kein Internet gibt oder weil wir von draußen das Wasser reinholen müssen." Hier sei das beste Rezept: Ablenkung. Irgendwann falle es niemandem mehr auf. Meist leben die Gruppen unter sehr einfachen Bedingungen.
Wanderung zur Grimburg


Zufrieden scheinen die Weltbummler trotzdem. "Ich hatte am Anfang ein bisschen Angst, muss ich gestehen. Das war unbegründet. Wir sind hier wie eine kleine Familie", sagt Mervenaz Topcouglu aus der Türkei. Manche nehmen am Camp teil, um sich zu entwickeln: "Ich bin etwas schüchtern, das ist schwierig. Aber ich nutze das Workcamp als Chance, um das zu ändern", sagt Francesca Rotundo aus Italien. Gemeinsam fährt die Multikultigruppe nach Trier zum Bummeln, klettert am Erbeskopf oder wandert zur Grimburg. Doch nicht zu unterschätzen sind die fünf Stunden schuften am Tag: "Es ist sehr harte Arbeit, aber ich würde es immer wieder tun", sagt Koichi Kawatsura. Der Japaner hatte während des Camps Geburtstag. Der Grund, warum im Gemeinschaftsraum überall Luftballons hängen. "Ich bin sehr glücklich gewesen. Alle haben um Punkt zwölf für mich gesungen", meint Kawatsura.
Nach Plausch und Kaffee brechen die Freiwilligen auf. Heute geht es in den Saar-Hunsrück Nationalpark zum Fichtenfällen, um dort das grüne Moos zu retten.Extra

Francesca Rotundo, 17 Jahre, aus Italien, macht gerade Abitur mit dem Schwerpunkt klassische Literatur: "Ich lebe gerne mit vielen internationalen Leuten zusammen und ich komme mit neuen Kulturen in Kontakt. Außerdem mag ich das kalte Wetter hier." Victor Garcia, 22 Jahre, aus Spanien, will schon immer in der Natur arbeiten und war noch nie in Deutschland: "Ich studiere Computer-Engineering. Das hat bekanntlich nichts mit der Natur zu tun. Deswegen wollte ich mal etwas anderes machen." Auch das Studium von Mervenaz Topcuoglu, 22 Jahre, aus der Türkei, dreht sich weniger um unsere Umwelt: "Ich studiere Department Information Management, aber ich liebe Bäume, Blumen und Wiesen. Außerdem war ich noch nie in Deutschland." Tunc Biber ist ebenfalls 22 Jahre alt, kommt aus der Türkei und studiert dort Bauingenieurwissenschaften: "Ich will in der Natur arbeiten und später auch inmitten der Natur leben. Noch dazu lernt man hier im Workcamp andere Kulturen kennen." sjsExtra

Die internationalen Jugendgemeinschaftsdienste (ijgd) ist die älteste Workcamp Organisation Deutschlands. Sie wurden 1949 gegründet und sind ein unabhängiger, gemeinnütziger Verein der internationalen Jugendarbeit. In den Workcamps leben junge Menschen aus aller Welt für zwei bis drei Wochen zusammen, arbeiten fünf Stunden täglich an einem gemeinnützigen Projekt und gestalten gemeinsam ihre Freizeit. Jedes Jahr beteiligen sich mehr als 1300 Freiwillige in rund 100 Workcamps in ganz Deutschland. sjs

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