Haarkünstler auf Meisterkurs

ZEMMER. Als jüngster Teilnehmer trat er bei der Deutschen Friseur-Meisterschaft in Nürnberg gegen Kollegen aus 25 Nationen an und belegte den fünften Platz. Die Rede ist von Orhan Borscheid, Sohn des Zemmerer Saloninhabers Arnold Borscheid und Lehrling in Trier.

Was Wettbewerbe angeht, ist der 19-jährige Orhan Borscheid schon längst kein unbeschriebenes Blatt mehr. Der junge Mann, der im Sommer seine Gesellenprüfung ablegen wird, war schon zweimal rheinland-pfälzischer Landessieger, einmal Saarlandmeister und Sieger des Schweizer Grand Prix im vergangenen November. Im Oktober 2003 wurde er auf der "Bayern Hair" vom deutschen Bundestrainer Joachim Wolf entdeckt und in das Nationalteam der Friseure aufgenommen. Seit Februar trainiert er zusammen mit Wolf an verschiedenen Orten im Bundesgebiet. Nach nur fünf Übungs-Terminen reiste er als einer der vier Besten mit zur Deutschen Meisterschaft nach Nürnberg. Dort überzeugte er die international besetzte Jury mit einer "Hair-by-Night" Abend-Frisur, einem extravaganten dreifarbigen Kunstwerk. "Die Präsentation auf der Meisterschaft ist vergleichbar mit der Modenschau eines Designers", erklärt Orhan Borscheid. Die Frisuren seien nicht unbedingt alltagstauglich. Es gehe "um die Show und darum, zu zeigen was man kann". Technisches Können bewies Borscheid schon im Vorfeld. In stundenlanger Kleinarbeit hatte er aus Rohhaar-Tressen drei Haarteile zusammengeklebt und je sechsmal eingefärbt, "damit die Farben intensiver leuchten". In Anlehnung an die deutsche Nationalflagge wählte er schwarz, rot und blond. Auf einem Modellkopf, von einem Visagisten mit passendem Make Up versehen, wurde das vorbereitete Haar befestigt und während des Wettbewerbs zu einem spektakulären Gebilde geformt. Seine grafische Wirkung bezieht das Kunstwerk aus den geschickten Farbübergängen der fächer-, wellen- und knotenartig geformten Partien. "Die Ideen entwickeln sich beim Machen", beschreibt der junge Mann den kreativen Prozess, der für ihn wie "eine Sucht" ist. Eine Sucht, der er nahezu seine ganze Freizeit opfert. Noch 14 offizielle Trainingstermine mit dem Team stehen in diesem Jahr an, daneben übt er regelmäßig im Salon seines Vaters. Nicht nur Zeit, auch Geld verschlingt die Kunst am Haar. Allein das Material für den Modellkopf der Meisterschaft kostete knapp 700 Euro. "Ohne Sponsoren, vor allem ohne die Unterstützung meines Vaters, ginge das gar nicht", sagt Orhan. Arnold Borscheid investiert gerne, denn er erkannte schon früh das Talent seines Adoptivsohnes. "Er konnte schon als Kind Haare schneiden." Orhan wollte zunächst nicht Friseur werden, wurde von seinem Vater aber zu einem halben Jahr Berufsfachschule in Lörrach überredet. "Heute weiß ich warum", erzählt er, "dort habe ich Feuer gefangen und so viel gelernt, dass ich hinterher sofort vollwertig im Salon mitarbeiten konnte." Bescheiden geblieben ist er, trotz seiner Erfolge. Anzumerken aber ist ihm die Zielstrebigkeit, mit der er seine Kunst vorantreibt. "Ich habe mich für die Wettbewerbsschiene entschieden, weil mich das unglaublich anspornt," sagt er. Nach der Südwestdeutschen Meisterschaft in diesem Jahr, wird er 2005 an der Europameisterschaft und, wenn alles wie bisher klappt, an der Weltmeisterschaft 2006 teilnehmen.Morgen in der Serie "Trier-Saarburg - ganz nah": Die Exklave Franzenheim - ein Ortsporträt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort