Handyalarm beim Amoklauf

Trier/Saarburg · Amokläufe an Schulen, wie 2009 in Winnenden, sind eine Schreckensvorstellung für Eltern, Schüler und Lehrer. Um sich für so einen Fall zu rüsten, will der Kreis Trier-Saarburg an seinen Schulen ein Notfalltelefon-Projekt einführen. Dabei werden die Privathandys der Lehrer genutzt, um schnell Hilfe zu rufen.

 Lehrer sollen künftig per Handy vor einem Amokläufer gewarnt werden. TV-Foto: Archiv/Constanze Junk

Lehrer sollen künftig per Handy vor einem Amokläufer gewarnt werden. TV-Foto: Archiv/Constanze Junk

Oft sind sie ein Ärgernis: private Handys an Schulen. Der Kreis Trier-Saarburg hat nun zumindest für die Mobiltelefone von Lehrern und Bediensteten eine praktische Verwendung gefunden: Durch sie sollen im Falle eines Amoklaufs oder eines anderen Notfalls Helfer alarmiert werden können.

Die privaten Handys der Lehrer und Mitarbeiter werden dabei so eingestellt, dass sie im Unterricht inaktiv sind. Bei einer zentralen Alarmierung jedoch werden sie alle aktiviert und der Lehrer kann Anweisungen der Polizei per Kurzmitteilungen entgegennehmen. Umgekehrt kann der Lehrer auch selbst über eine Kurzwahltaste Alarm schlagen.

Das Projekt wurde mit Polizei, Schülern und Lehrern an der Berufsbildenden Schule in Saarburg getestet. "Dieser Probelauf ist sehr gut gelaufen", sagt Martina Bosch, Pressesprecherin des Kreises. "Nun wird das Projekt auf alle Schulen in Trägerschaft des Kreises ausgedehnt." Das sind alle Förderschulen sowie weiterführende und Berufsbildende Schulen.

Zusätzlich werden die Türen dieser Schulen mit neuen Schlössern ausgestattet. Unter anderem können sich die Schüler dann im Klassenzimmer ohne Schlüssel einschließen - von außen kann man die Tür dann nur mit einem Schlüssel öffnen. Diese Umrüstung soll in den kommenden Monaten erfolgen.

Notfallhandys wird es ab Mitte 2011 auch im Kreis Bernkastel-Wittlich geben - hier allerdings nicht mit Privathandys, sondern mit speziellen Mobiltelefonen (siehe Extra). Wäre eine ähnliche Möglichkeit auch etwas für die Schulen der Stadt Trier? Das werde durchaus diskutiert, sagt Pressesprecher Ralf Frühauf. Doch ein Ergebnis gebe es noch nicht. "Außenstehende könnten Fehlalarme auslösen. Außerdem ist unklar, wer die Verantwortung übernimmt, wenn das Handy eines Lehrers nicht aufgeladen ist." Das Schulamt will sich zeitnah mit den Schulträgern kurzschließen, die ein Notrufsystem an ihren Schulen bereits eingeführt haben. So könne man besser einschätzen, ob ein ähnliches Konzept auch in Trier umgesetzt werden kann.

Amokläufe und sonstige Notfallsituationen sind in Trier aber auch schon ein Thema. In mehreren Schulen haben sich laut Frühauf Schulleitungen und Polizei präventiv ausgetauscht. Außerdem seien in allen Schulen sogenannte Krisenteams gebildet worden, die speziell für Amoksituationen einen Notfallplan für ihre jeweilige Schule erarbeitet haben.

Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier verteilte zusätzlich an jeder Schule einen Leitfaden: Dieser enthält unter anderem Tipps, wie man für Notfälle vorsorgen kann. "Es hilft zum Beispiel schon, wenn man sich die Telefonnummer der nächstgelegenen Polizeistelle gut sichtbar notiert", sagt Eveline Dziendziol von der ADD.

In allen Schulen wurden außerdem die Schulklingeln so umgebaut, dass es neben den üblichen Pausen- und Feueralarmsignalen nun auch einen eigenen Amokklingelton gibt. Wenn die Schüler diesen hören, wissen sie: Sie sollen sich in ihren Klassenräumen verbarrikadieren.

Ein Plan für den Ernstfall

Amokläufe an Schulen gehören zu den schrecklichsten Katastrophen, die man sich vorstellen kann. Natürlich sind diese Vorfälle selten - so selten, dass die meisten Schulen sie wohl nie erleben werden. Doch wenn sie geschehen, können Kinder, Lehrer und andere Mitarbeiter sterben. Daher ist es genau der richtige Weg, Vorkehrungen für einen solchen Fall zu treffen. Trier-Saarburg hat sich dabei für eine Methode entschieden, die nicht nur einfach, sondern auch verlockend kostengünstig ist: Schließlich hat fast jeder Lehrer ein eigenes Handy, dass sich für diesen Zweck einsetzen lässt. Ob dieses Vorgehen tatsächlich Leben rettet? Das kann nur der Ernstfall zeigen, der hoffentlich niemals eintreten wird. Hundertprozentige Sicherheit gibt es ohnehin nicht. Aber an den kreiseigenen Schulen in Trier-Saarburg doch immerhin die Gewissheit, dass ein guter Plan vorliegt. a.lozina@volksfreund.de

ExtraDer Kreis Bernkastel-Wittlich schafft ab Jahresmitte 600 Notfall-Mobiltelefone für seine kreiseigenen Schulen an. Diese werden an die Lehrer und Mitarbeiter verteilt, die Kosten hierfür betragen rund 80 000 Euro. Mit ihnen können die Bediensteten im Notfall mit einem Druck auf eine Taste am Telefon einen digitalen Hilferuf senden. Dieses Signal wird an die Polizei, aber auch an die anderen Notfallhandys in der Schule weitergeleitet.

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