Hauptsache, man überlebte

KONZ. Zwei Jahre haben Willi Körtels und seine Mitarbeiter vom Förderverein Synagoge Könen Material und Zeitzeugen-Aussagen gesammelt. Jetzt liegt das Buch "Geschichte der Juden von Könen" vor. In der Konzer Stadtbibliothek wurde es vorgestellt.

Es waren etliche Offizielle anwesend bei dieser Buchvorstellung. Robert Reichard vom "Förderverein Synagoge Könen" begrüßte unter anderem den Konzer Beigeordneten Manfred Wischnewski, Reiner Nolden vom Trierer Stadtarchiv, Benz Botman von der jüdischen Gemeinde Trier, die ihrerseits Grußworte sprachen. Und doch: Nichts wirkte gekünstelt, gezwungen, hergeholt, inhaltsleer und phrasenhaft. Humor, der Abgründe überwinden hilft

Nach der Begrüßung stellte sich der ehemalige Könener Bürger Josef Mayer vor die Schautafel, die mit wenigen Worten und Bildern das jüdische Schicksal im Konzer Ortsteil umschreibt, und erzählte. Ein paar Details von sich und seinem Leben, von seiner Flucht im Jahr 1936 nach Belgien, wo er eine neue Heimat fand, von seinem Vater, der in Auschwitz ermordet wurde. Mit einem Humor, der Abgründe überwinden hilft, der den Schrecken mildert, aber nichts vertuscht. "Ich will Ihnen nicht mein Leben erzählen, ich bin so alt, dass es mich selber nicht mehr interessiert. Aber wenn ich damals nicht geflohen wäre, würde ich jetzt nicht vor Ihnen stehen", sagte er. Und: "Hauptsache ist, dass wir das überlebt haben." Und dann Willi Körtels, der Autor der "Geschichte der Juden von Könen": Er liest aus dem Kapitel über die jüdischen Einzelschicksale, über Josef Mayer und die Familie Bauer-Wenzel. Er erzählt von Repressionen, Not, verzweifelten Anpassungsversuchen, Flucht und manchmal Tod. Text und Vortrag sind einfach, protokollähnlich, ohne die Brillanz eines ambitionierten Literaten und gerade darum so eindringlich. Dann kommen die Fragen aus dem gut 100 Besucher starken Publikum, Fragen nach Details, auch nach Grundsätzlichem. "Warum werden die Opfer namentlich genannt, aber nicht die Täter?", fragt jemand, und es ist schwer zu vermitteln, dass nicht Rücksicht auf die Menschen, sondern Vorsicht vor juristischen Fallstricken dabei maßgebend war. Willi Körtels erläutert und berichtet. Über Recherchen in Israel, in Amerika, in den heimischen Archiven. Über neue Ergebnisse, die das gerade Publizierte schon wieder revisionsbedürftig machen. Über einen Forschungsprozess, der noch lange nicht abgeschlossen ist. "Die Zahlen stimmen nicht", sagt er zu den Angaben auf der Schautafel. Nein, nicht 25 jüdische Bürger aus Könen sind umgekommen, sondern, wie sich ganz aktuell zeigte, sogar 44. Da wird deutlich, wie viel Wissen, wie viel Arbeit in diesem Buch steckt. Und dass es nur ein erster Schritt sein kann in der Beschäftigung mit dem Schicksal der Juden im Raum Konz - und dem Verhalten der Täter damals und später. In einigen Könener Familien hätten Buch und Vorarbeiten eine Diskussion angestoßen, sagt Körtels. Über die Rolle in der Nazizeit und das Verhalten danach. Das ist auch ein Ansatz zur Bewältigung der Vergangenheit - ganz privat und ganz aufrichtig.

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