Heimatverbundene Planerin will zwei Hochwald-Dörfer voranbringen

Neuhütten/Züsch · Neuhütten und Züsch starten ein Experiment: Als erste Gemeinden im Kreis haben sie eine ehrenamtliche Dorfbegleiterin ernannt. Sie soll dabei helfen, Projekte für beide Orte umzusetzen.

Mit einer Stellenanzeige der Gemeinden Neuhütten und Züsch fing vor etwa einem Jahr alles an. Gesucht wurde ein Begleiter für beide Dörfer, der ihnen auf 450-Euro-Basis dabei hilft, Ideen für Fortschritte im Ort umzusetzen. Das Projekt war und ist noch immer eine Premiere im Landkreis Trier-Saarburg (siehe Info). Auch deshalb wurde der Job damals nicht so genau definiert - und stieß zunächst auf wenig Interesse.

Im Frühjahr meldete sich aber doch eine Kandidatin. Alexandra Thömmes (43) aus Hermeskeil war durch einen TV-Artikel auf den Job aufmerksam geworden. Jetzt haben sie die beiden Ortsbürgermeister im Neuhüttener Bürgerhaus zur neuen Ehrenbeamtin und Dorfbegleiterin für Neuhütten und Züsch ernannt. "Wir sind alle froh, dass wir jemanden gefunden haben, der auch eine gewisse Portion Mut mitbringt", sagt der Neuhüttener Ortschef Peter Kretz. Das Ganze sei "schon ein kleines Experiment", stimmt sein Züscher Amtskollege Hermann Bernardy zu. "Wir können uns nicht anschauen, wie andere es machen."

Das Projekt ist zunächst auf drei Jahre befristet und wird vom Kreis bezuschusst. Die Stiftung Zukunft in Trier-Saarburg übernimmt 300 von 450 Euro, die die ehrenamtlich tätige Dorfbegleiterin monatlich als Aufwandsentschädigung erhält. Den Restbetrag teilen sich die beiden Gemeinden.
Die Ausgangssituation sei für die neue Begleiterin ideal, findet Kretz. Denn in beiden Orten laufen Dorfmoderationen, bei denen Moderatorin Beate Stoff mit den Bürgern bereits einige Projekte zur Dorfentwicklung angestoßen hat. In Züsch ist der Prozess fast abgeschlossen, in Neuhütten ist gerade Halbzeit. "Das bietet den Vorteil, dass die Moderatorin die neue Dorfbegleiterin noch ein wenig unterstützen kann."

Wie genau Alexandra Thömmes ihre neue Aufgabe ausfülle, müsse man sehen. Beide Ortschefs hegen jedenfalls die Hoffnung, dass sie selbst ein wenig entlastet werden. "Wenn alles nur bei einer Person verortet ist - und das ist oft der Ortsbürgermeister -, dann hat er die ganze Arbeit am Bein", sagt Kretz. So könne man die Dinge aber nicht "nachhaltig" vorantreiben. Nach dem Ende von Dorfmoderationen bestehe stets die Gefahr, "dass man in ein Loch fällt, weil ein weiteres großes Aufgabenfeld für den Ortschef dazukommt". Eine Begleiterin, die auch drei Jahre lang vor Ort sei, sei daher eine willkommene Unterstützung. "Sie kann das ehrenamtliche Engagement vielleicht noch einmal ganz anders fördern und zu neuer Blüte führen."

In Züsch sei in den vergangenen zwei Jahren vieles angerissen, aber noch nicht umgesetzt worden, ergänzt Hermann Bernardy. Zudem gebe es gemeinsame Themen der Hochwald-Gemeinden, die mit Hilfe einer Dorfbegleiterin, die in beiden Orte nah dran an den politischen Gremien sei, besser abgestimmt werden könnten. Auch Bernardy hofft auf eine Entlastung des Gemeindevorstands. Als aktuelles Beispiel nennt er die Planung der Züscher Genusstage und der Weinerlebniswanderung am 1. Oktober: "Damit sind die Beigeordneten zurzeit voll ausgelastet."

"Es ist ein Versuch, den wir jetzt hier starten", sagt Werner Haubrich, Büroleiter der Verbandsgemeinde Hermeskeil, der die Ernennungsurkunden mitbrachte. Wichtig sei, dass nicht ein Ort bevorzugt oder benachteiligt werde. Da die Dorfbegleiterin aus Hermeskeil komme, könne sie gut als "neutrale Dritte" agieren.
Sie wolle für beide Gemeinden gleichermaßen da sein, verspricht Thömmes. Sie habe die Dorfmoderatorin Beate Stoff schon zu einigen Treffen begleitet und die dringenden Themen erfahren. Das erleichtere ihr den Einstieg. "Anfangs dachte ich auch: Was suchen die genau? Die eierlegende Wollmilchsau?", erinnert sich die gebürtige Hermeskeilerin an ihre erste Reaktion. Inzwischen sei das Bild klarer.

Beispielsweise wolle sie die in Züsch aktiven Gruppen, die sich mit der Geschichte des Orts befassen oder sich zum Spazierengehen treffen, "am Leben halten und mit neuen Themen füttern". Große Themen seien auch Wanderwege-Konzepte für beide Orte und der geplante Gewässerlehrpfad in Neuhütten. Viel Potenzial für die Dörfer sehe sie zudem im Zusammenhang mit dem Nationalpark. Der Job sei für sie "ein Novum, aber eine sehr spannende Aufgabe", sagt die 43-Jährige, die Raum- und Umweltplanung studiert hat und hauptberuflich in Trier bei der Landwirtschaftskammer arbeitet. Was sie mitbringe? "Meine Verbundenheit zur Region und Natur, ich fühle mich hier sehr zu Hause. Außerdem plane ich gern und bringe mich aktiv in Projekte ein."Meinung

Den Versuch ist es auf jeden Fall wert
Es ist in der Tat ein Experiment, das Neuhütten und Züsch hier wagen. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Wo genau die Dorfbegleiterin anpacken soll und was sie in der ihr verfügbaren Zeit überhaupt leisten kann, steht noch gar nicht fest. Unklar ist auch, ob nach den drei Jahren die Finanzierung weiterhin gesichert werden kann. Aber alle Beteiligten gehen realistisch an die Sache ran. Sie wissen, dass es ein Versuch ist. Und Potenzial steckt auf jeden Fall drin. Es kann nicht schaden, wenn sich neben dem Gemeindevorstand noch jemand längerfristig darum kümmert, dass gute Ideen für Verbesserungen im Ort nicht irgendwo versanden, sondern weiterverfolgt werden. Die Botschaft darf allerdings nicht sein: Jetzt kümmert sich jemand, deshalb können sich die engagierten Dorfbewohner ein wenig zurückziehen. Ihre tatkräftige Unterstützung wird man weiter schätzen und brauchen. c.weber@volksfreund.deExtra: HOCHWÄLDER SIND VORREITER IM KREISGEBIET

 Mit der Urkunde ist es amtlich: Alexandra Thömmes aus Hermeskeil will die beiden Orte Züsch und Neuhütten voranbringen. Dafür hat sie jetzt einen Job auf 450-Euro-Basis angenommen. TV-Foto: Christa Weber

Mit der Urkunde ist es amtlich: Alexandra Thömmes aus Hermeskeil will die beiden Orte Züsch und Neuhütten voranbringen. Dafür hat sie jetzt einen Job auf 450-Euro-Basis angenommen. TV-Foto: Christa Weber

Foto: (h_hochw )


Das Dorfbegleiter-Projekt geht auf eine Initiative der Kreisverwaltung Trier-Saarburg zurück, es wurde aus der Regionalstrategie zur Daseinsvorsorge entwickelt. Der Kreis möchte damit ehrenamtliche Strukturen in den Dörfern unterstützen und den sozialen Zusammenhalt fördern. Die Gemeinden sollen laut Kreisverwaltung selbst bestimmen, wofür genau sie ihren ehrenamtlichen Begleiter einsetzen. Der Kreis gibt über seine Stiftung Zukunft in Trier-Saarburg Zuschüsse, für Züsch und Neuhütten sind es 300 Euro im Monat. Beide Gemeinden sind kreisweit die einzigen, die eine Dorfbegleiterin ortsübergreifend einsetzen. In Aach (VG Trier-Land) wird noch ein passender Kandidat gesucht. Wiltingen (VG Konz), Mannebach und Kastel-Staadt (beide VG Saarburg) wurde ebenfalls eine Förderung zugesagt.

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