Hilfe für überforderte Eltern: Kreis Trier-Saarburg hat Erziehungshelfer vor Ort untergebracht

Saarburg/Konz · Der Kreis Trier-Saarburg hat seit 2011 seine Jugendhilfe komplett neu organisiert. Jährlich fließen 540 000 Euro in die sogenannten Sozialräume in Konz, Schweich, Saarburg und Hermeskeil. Betroffene wie Verwaltung ziehen im TV eine positive Bilanz. Trotzdem ist die Anzahl der stationären Erziehungshilfen angestiegen.

Saarburg/Konz. Die Probleme, bei denen die Mitarbeiter der Sozialraumzentren im Kreis Trier-Saarburg helfen, sind den Betroffenen meistens peinlich. Denn es geht um die Beziehung zu ihren Kindern, und das ist sehr persönlich. Deshalb äußern sie sich nur anonym gegenüber dem TV.

Ein Fall: Eine Frau aus der Verbandsgemeinde Konz erzählt zum Beispiel, wie sie überfordert war - vom Schichtdienst, vom Haushalt, von ihren Kindern. Im Haushalt blieb viel liegen, die Wohnung verwahrloste. Ihre Kinder liefen Gefahr, im Jugendamt als vernachlässigt zu gelten - und zum Jugendhilfefall, oder schlimmer, zu Heimkindern zu werden. Das Jugendamt der Trier-Saarburger Kreisverwaltung und das Sozialraumzentrum in Konz haben dann Hand in Hand gearbeitet. Die Sozialpädagoginnen in Konz halfen ihrer Klientin ohne Umschweife. Und die Frau ist danach sehr zufrieden: "Ich musste etwas ändern und habe es alleine nicht hinbekommen. Die haben mich nie verurteilt, sondern mir den Rücken gestärkt. Sie waren sehr menschlich und freundlich."
Die Sozialpädagogen: Das so gelobte Sozialraumzentrum besteht seit Ende 2011 in Konz und hat seinen Sitz jetzt in der Konstantinstraße 50. Anfang 2014 sind die Mitarbeiter aus den Schillerarkaden in ihr neues Domizil umgezogen. Jetzt betreuen sie von dort aus Problemfälle in der ganzen Verbandsgemeinde (VG) Konz. Damit sind sie näher an den Menschen als das Trierer Jugendamt. Hinter dem Zentrum Konz stehen drei Träger und mit ihnen drei Leiterinnen: Andrea Borens-Schumann (Caritasverband Region Trier), Christiane Hanke (Palais e.V.) und Anne Juchem (Sozialwerk Saar-Mosel). "Im Fokus stehen die Kinder", sagt Borens-Schumann vom Caritasverband.
"Es braucht seine Zeit, um Strukturen aufzubauen", führt sie weiter aus. Damit meint sie, dass ihre sieben Mitarbeiter zunächst Kontakte zu Vereinen, Initiativen und Organisationen in der Verbandsgemeinde Konz knüpfen mussten. Sie wollen ein Netzwerk von Helfern erstellen. Davon sollen Jugendliche und Kinder profitieren - zum Beispiel durch sinnvolle Freizeitaktivitäten in Sport- oder Musikvereinen. Das Jugendamt der Trier-Saarburger Kreisverwaltung hat das Konzept entwickelt, um Betroffenen schneller zu helfen. Konz war das erste Sozialraumzentrum. Es folgten Schweich/Trier-Land (ebenfalls Ende 2011), Saarburg (2014) und Hermeskeil (2014). In allen Bereichen sollen unterschiedliche Träger ähnliche Strukturen aufbauen (siehe Extra).
Das Fazit: Die Kreisverwaltung investiert jährlich 540 000 Euro in das neue Jugendhilfekonzept. Sie will damit die Fallbearbeitung beschleunigen und die Fallzahlen reduzieren.
Die durchschnittliche Betreuungszeit für Familien mit Problemen hat sich laut Kreisverwaltung von 13,5 Monaten im Jahr 2011 auf neun Monate reduziert. Die jüngste Erhebung stammt aus dem Dezember 2014.
Bei den Fallzahlen stellen sich die Erfolge noch nicht ein. Gab es im zweiten Quartal 2012 21 stationäre Erziehungshilfen, waren es 2013 im zweiten Quartal 36 und Ende des vergangenen Jahres 32.
Martina Bosch, Pressesprecherin der Kreisverwaltung Trier-Saarburg, sagt: "Erst mittel- und langfristig wird man die Erfolge quantitativ an den Fallzahlen ablesen können." Zunächst sei es das Ziel, die Fallzahlen stabil zu halten.Extra

Sozialräume im Kreis: Seit November 2011 hat das Sozialraumzentrum in Konz in 193 Fällen Kindern und Familien geholfen. Es gab zudem 70 Familienberatungen. Inzwischen stehen auch Gesprächskreise, Hausaufgabenbetreuung oder Workshops - zum Beispiel mit Friseurinnen (siehe Foto) - regelmäßig auf dem Programm. Das Sozialraumzentrum (SRZ) in Schweich kümmert sich seit November 2011 um die Verbandsgemeinden (VG) Trier-Land und Schweich. Träger sind die Awo Südwest und das Jugendhilfezentrum Don Bosco Helenenberg. Standorte sind Schweich und Welschbillig-Helenenberg. Bei Bedarf stehen Räume im Haus des Jugendrechts in Trier-West zur Verfügung. Bis Ende 2014 hat das SRZ 125 Erziehungshilfen geleistet mit einer Durchschnittsdauer von neun Monaten. Der Sozialraum Saarburg umfasst seit Anfang 2014 die VG Saarburg und Teile der VG Kell am See. Das Jugendamt arbeitet dort mit der Propstey St. Josef (Taben-Rodt), dem saarländischen Betreuungsdienstleister Reaktiv 2010 und dem Sozialwerk Saar-Mosel zusammen. Zum Herbst 2015 sollen die Träger Räume im Alten Bahnhof in Saarburg beziehen. Zudem stehen Räume im Mehrgenerationenhaus in Saarburg zur Verfügung. Ein weiteres SRZ hat seinen Sitz in der Schulstraße in Hermeskeil. Dort wurde die Arbeit Anfang 2014 aufgenommen. Neben der VG Hermeskeil kümmert es sich um die Orte Heddert, Kell am See, Mandern, Schillingen und Waldweiler in der VG Kell am See. Kooperationspartner sind die Johanniter-Unfall-Hilfe und die Jugendhilfe St. Maria. cmkExtra

Eine 29-Jährige aus der Verbandsgemeinde Konz hat sich selbst an das Jugendamt gewandt, weil sie sich extrem an ihren Sohn geklammert hat. Das Kind wollte sich einfach nicht in den Kindergarten eingewöhnen. "Ich habe ihn morgens hingebracht, und er saß dort nur rum. Er hat nicht gegessen und nicht gespielt", sagt sie. Die Kita-Leitung forderte sie daraufhin auf, das Problem zu lösen. Eine Sozialpädagogin des Sozialraumzentrums half ihr, sich von ihrem Sohn zu lösen und später auch einen Job zu finden. "Man findet immer ein offenes Ohr und kann immer sagen, was einen ankotzt", sagt die 29-Jährige heute. "Die lassen einen nicht im Stich und helfen einem auch bei Behördengängen weiter." cmk

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