Hochexplosive Fundstücke

Ayl/Pellingen · Die Männer des rheinland-pfälzischen Kampfmittelräumdienstes sind in der Region aktuell viel unterwegs. Außer den Munitionsresten bei Ayl musste er gestern auch einen Fundort bei Pellingen untersuchen.

 In Ayl werden einige Granaten vom Bagger zutage gefördert. TV-Foto: Alexander Schumitz

In Ayl werden einige Granaten vom Bagger zutage gefördert. TV-Foto: Alexander Schumitz

Ayl/Pellingen. Immer wieder gräbt der Bagger an markierten Stellen den Boden auf. Oft holt er mit seiner Schaufel verrostete Transportbehälter für Artilleriemunition - am Ende der Suche sind es etwa 40 - aus dem Boden.
Das geht meist flott, weil Kurt Mazzuco vom Kampfmittelräumdienst nichts Auffälliges entdecken kann. Doch dann stößt die Baggerschaufel auf einen Behälter, in dem sich noch die Treibladungen befinden, mit denen die Granaten kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs in Richtung Ockfen und Schoden abgefeuert wurden.Sprengstoff verwittert nicht


Vorsichtig sammelt einer der Mitarbeiter des KMD diese Waffenreste auf, um sie separat zu entsorgen. "Eine Gefahr ging von dem Fund nicht mehr aus, da er stark mit Erde verunreinigt war", sagt Mazzuco. Bei Kontakt mit offenem Feuer könne es bei Treibmitteln aber gleichwohl zu einer Stichflamme kommen, die auch zu Verletzungen führen können. Der Fachmann warnt: "Sprengstoff ist nach knapp 70 Jahren noch hochexplosiv, da er nicht verwittert. Auch von kleinen Patronen oder Granaten geht eine große Gefahr aus. Wer so etwas findet, muss die Verbandsgemeinde oder die Polizei informieren. Wer Munitionsreste mit nach Hause nimmt, riskiert zudem, dass ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet wird."
Im Jahr 2013 hat der rheinland-pfälzische KMD laut ADD rund 30 Tonnen Munition und Munitionsteile geborgen; darunter 61 Bomben, 127 Panzerfäuste und 370 Handgranaten.
Am Rand des Ackers steht Josef Dostert. Der 80-Jährige aus Ayl berichtet, dass er sich noch gut an das Lager der Amerikaner unterhalb des Hügelkammes erinnern könne. "Während der Kampfhandlungen selbst war ich in der Nähe von Koblenz. Seit November 1944 evakuierte die SS die Dörfer - so auch Ayl - am Westwall. Als ich dann im April 1945 zurückkam, habe ich zusammen mit anderen die Spuren dieses amerikanischen Lagers wieder beseitigt, damit das Vieh hier wieder weiden konnte."
Vergangenen Freitag hatte der 14-jährige Thomas Reuter aus Ayl mit einem Metalldetektor den Platz gefunden und dem KMD den Fund gemeldet (der TV berichtete).
Recherchen zeigten, dass ein Bataillon des 176. Feldartillerieregiments der Amerikaner von hier aus wahrscheinlich die deutschen Westwallstellungen bei Ockfen unter Beschuss genommen hat.
Entwarnung schließlich für Pellingen: Dort war am Wochenende auf einem Privatgrundstück ein Granattrichter gemeldet worden, der mit Abfall aus dem Zweiten Weltkrieg aufgefüllt worden war. Die gestrige Untersuchung der Fundstelle mit einer Metallsonde und einem Bagger brachte dann aber nur Schrott zutage, der vom KMD dann abtransportiert wurde.Extra

Der Kampfmittelräumdienst (KMD) ist unter anderem für herrenlos gewordene Kampfmittel zuständig, die vor 1945 produziert wurden. Einer der Schwerpunkte ist die Entschärfung und Entsorgung von Blindgängern. In Rheinland-Pfalz untersteht er der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). Die Kosten für das Räumen dieser Kampfmittel trägt der Bund. Die Mitarbeiter des KMD sind meist von der Bundeswehr ausgebildete Munitionsfachleute oder Feuerwerker. 2010 sind in Göttingen (Niedersachsen) bei dem Versuch eine 500 Kilogramm schwere Fliegerbombe zu entschärfen drei Kampfmittelräumer ums Leben gekommen. itz

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