Hochgenuß in Akkordarbeit

Nittel · Der kulinarische Marathon in Nittel, zum dritten Mal ausgetragen, entwickelt sich immer mehr zur Kultveranstaltung. Für die "dienstbaren Geister" im Hintergrund ist er ein hartes Stück Arbeit.

 Bereits vorbereitet sind einzelne Zutaten zum Dessert – beim kulinarischen Marathon in Nittel müssen die Köche in den Restaurants und Weinstuben Schwerstarbeit verrichten und sich gut organisieren. TV-Foto: Jürgen Boie

Bereits vorbereitet sind einzelne Zutaten zum Dessert – beim kulinarischen Marathon in Nittel müssen die Köche in den Restaurants und Weinstuben Schwerstarbeit verrichten und sich gut organisieren. TV-Foto: Jürgen Boie

Nittel. 250 hungrige, durstige und vergnügungsfreudige Menschen, aufgeteilt in fünf Gruppen mit jeweils 50 Personen, ziehen am Samstagabend durch Nittel. Pro Gruppe pro Stunde eine Speise eines fünfgängigen Menüs in einem anderen Restaurant oder einer Weinstube, so lässt sich knapp das Konzept des "kulinarischen Marathons" in Nittel zusammenfassen. "Marathon" klingt übertrieben für die Gäste, die zwischen den Lokalen Nitteler Hof, Sektscheune, Weingut Frieden-Berg, Weingut Apel und Culinarium hin- und herpendeln und dabei gelegentlich einen kleinen "Rachenputzer" bei der Brennerei Fochs einnehmen. Keineswegs übertrieben ist es für die Mitarbeiter in den Betrieben, die fünf Mal an einem Abend die Tische neu eindecken müssen und auf die Minute jeweils 50 Gerichte perfekt gekocht servieren müssen.
Fünf Gänge für 50 Gäste


Im Culinarium bereitet Küchenchef Walter Curmann gemeinsam mit zwei Köchen und drei Küchenhilfen das fünfgängige Menü, bestehend aus einer Vorspeise mit Wachtel, einer Suppe mit Topinambur (eine Knollenfrucht), Zander, Kalbsfilet und Dessertvariationen mit Elbling-Sekt vor. "Ich kann nicht 50 Wachtelbrüstchen oder Zanderfilets gleichzeitig in der Pfanne braten", macht Curmann auf ein Kapazitätsproblem aufmerksam. Er hat sich daher entschieden, das Wachtelfleisch schon am Vormittag anzubraten und dann im Ofen bei niedriger Temperatur fertig zu garen. "Die Suppe kann ich ebenfalls vorbereiten, schäume sie dann aber noch frisch auf und brate auch die eingelegten Jakobsmuscheln frisch, denn die benötigen nur zwei bis drei Minuten", erläutert Curmann weiter.
Auch für die Gänge mit Fisch und Kalbsfleisch nutzt Curmann die Möglichkeiten aus, die ihm die Niedrigtemperatur-Garung bietet. "Das Dessert kann ich gut vorbereiten, allerdings kann die Sekt-Sabayon nur frisch aufgeschlagen werden. Und auch beim Apfel-Basilikum-Eis wird der Sekt am Tisch eingeschenkt", erklärt Curmann die Organisation der vielen Arbeiten für sein Küchenteam. Carina Curmann und ihre fünf Servicekräfte sind nicht weniger gefordert als die Küchencrew: "Wir brauchen 250 Mal Teller, Gläser und Besteck. Und wir müssen fünfmal alle Tischdecken tauschen und 250 Servietten falten." Hat eine Gruppe Platz genommen, wird auch sofort serviert, denn nach rund 45 Minuten muss das Team anfangen, das Restaurant für die nächste Gruppe vorzubereiten. Für diesen "Arbeitsmarathon" greifen die Curmanns auch schon mal zu improvisierten Lösungen: "Wir nutzen einen großen Tisch neben dem hinter der Küche liegenden Büro zum Anrichten der Teller", gesteht Walter Curmann. Neben Kinderspielzeug, Fax, Telefon und Aktenordnern steht dann Koch René Honeder und dekoriert die Vorspeisenteller oder bestückt die Dessertplatten.
Die 250 Gäste finden sich nach der Tour durch Nittel und den fünf Restaurant-Besuchen zur großen Abschlussparty im Weingut Thomas Sonntag ein. Hier, wo ein paar Stunden zuvor mit der Gruppeneinteilung und einem Aperitif ein abwechslungsreicher Abend begonnen wurde, sind dann alle Festbesucher voll des Lobes. "Die Gäste waren noch begeisterter als im Jahr zuvor", hat Thomas Sonntag beobachtet. Doch der Erfolg der Veranstaltung droht auch zum Problem zu werden. " Für Vegetarier oder Allergiker lässt das enge Zeitkorsett die Berücksichtigung individueller Wünsche beim Essen nicht mehr zu" sagt Sonntag. Trotzdem meldeten sich viele Gäste gleich für das nächste Jahr wieder an. "Wir können deshalb kaum neue Besucher mit unserem kulinarischen Marathon für Nittel und seine Gastronomie begeistern", bedauert Sonntag.

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