In Konz haben es Rollstuhlfahrer nicht leicht

Sei es eine zu hohe Bürgersteigkante, ein zu schmaler Gehweg oder der falsche Zug zur richtigen Zeit: Alfred Seramour und seine auf den Rollstuhl angewiesene Frau Denise Seramour-Kaysen berichten von den Hürden, die ihnen bei ihren alltäglichen Ausflügen in Konz begegnen.

 Der fehlende Bürgersteig in der Konzer Brückenstraße macht Alfred Seramour und seiner Frau Denise Seramour-Kaysen die alltäglichen Ausflüge schwer. TV-Foto: Anke Pipke

Der fehlende Bürgersteig in der Konzer Brückenstraße macht Alfred Seramour und seiner Frau Denise Seramour-Kaysen die alltäglichen Ausflüge schwer. TV-Foto: Anke Pipke

Konz. Die Straße überqueren, paar Stufen in den Hauptbahnhof nehmen oder mal eben mit dem Zug nach Saarburg fahren: Für die meisten Konzer Bürger sind das Tätigkeiten, die zum Alltag so sehr dazugehören, dass sie eigentlich keiner besonderen Nennung wert sind.

Für Alfred Seramour und seine Frau Denise Seramour-Kaysen gilt das nicht. Die gebürtige Luxemburgerin ist seit eineinhalb Jahren auf den Rollstuhl angewiesen. Bei ihren täglichen, gemeinsamen Touren durch die Stadt machen die beiden Konzer immer wieder Erfahrungen, welche Vor- und Nachteile es gibt, wenn sich ein Rollstuhlfahrer durch die Saar-Mosel-Stadt bewegt.

In der Brückenstraße fehlt der Gehweg



Mit Vorsicht nutzt das Paar Seramour die Brückenstraße, die hinter dem Konzer Rathaus entweder in Richtung Saarstraße oder Richtung Hauptbahnhof führt. "Hier fehlt der Bürgersteig", sagt Seramour. Häufig komme es vor, dass die Fahrer ihre Autos innerhalb der Spielstraße auf nicht markierten Stellen parkten. Die Konsequenz: Er müsse mit seiner Frau mitten auf die Straße ausweichen. Kommen in dem Moment ein oder zwei Autos, wird es eng. "Und das betrifft ja nicht nur Rollstuhlfahrer", betont Seramour. Mütter mit Kinderwagen oder ältere Menschen mit Gehhilfen seien von der Problematik genauso betroffen.

Peter Musti, Behindertenbeauftragter der Verbandsgemeinde Konz und auch selbst Rollstuhlfahrer, kennt die Straße. "Ich persönlich habe es nie selbst als gefährlich empfunden", erzählt er im TV-Gespräch. Er habe bislang dort nur langsam fahrende Autos erlebt. Doch davon könne nicht ausgegangen werden. Er versteht die Bedenken Seramours und will sich Gedanken über eine Lösung machen - vielleicht auch mit der Konsequenz, dass Stellplätze wegfallen könnten.

Eine andere, für Rollstuhlfahrer schwierige Stelle, ist aus Sicht Seramours der Konzer Hauptbahnhof. Dort führen ein paar Stufen hinauf ins Hauptgebäude. Sie stellen für die Konzer eine lästige Hürde dar. Das Tor zum Umgehungsweg sei oft geschlossen, sagt der Konzer. "Das müsste zumindest tagsüber offen sein", kommentiert Musti. Es mache keinen Sinn, es zu schließen. Wieder ein neuer Anhaltspunkt für den Beauftragten.

Seramour könnte noch ein paar Stellen aufzählen, bei denen es bauliche Hürden gibt - zum Beispiel nicht ausreichend abgesenkte Gehwegkanten bei Kreiseln, Absätze im Brückenverlauf von der Granastraße in Richtung Karthaus, der zum Teil schräge Bürgersteig in der Schillerstraße oder die Unebenheiten auf dem Gehweg in der Bahnhofstraße.

"Die baulichen Zustände sind aber nicht so ärgerlich", sagt Seramour. Er sieht, dass es derzeit Bemühungen gibt, Neubauten den Ansprüchen derer anzupassen, die in der Mobilität eingeschränkt sind.

Was ihn viel mehr ärgert, ist das unbedachte Handeln von denen, die sich normal und ungehindert bewegen können. Das fängt aus Sicht Seramours zum Beispiel damit an, dass Gastronomen nur einen kleinen Streifen entlang der Terrasse für Fußgänger freihalten. Es geht weiter mit einem oft unrechtmäßig besetzten Behindertenparkplatz und endet bei zugestellten Bürgersteigabsenkungen.

Ein weiteres Problem hat Seramour mit dem öffentlichen Nahverkehr. Mal eben in eine andere Stadt zu fahren, ist nicht möglich. Seramour muss die Fahrpläne von Bus und Bahn genau kennen. Er muss wissen, wann welches Fahrzeug und welcher Zugtyp fährt. Der Einstieg in alte Busse und Züge ist oft nur über Stufen möglich. Eine direkte Zugfahrt von Konz nach Saarburg ist laut Seramour nicht möglich, da sie auf Gleis 2 endet und von dort kein behindertengerechter Zugang zum Hauptgebäude besteht.

Behindertenbeauftragter Musti kennt die Problematik. "Wir haben noch nicht das richtige Zugmaterial." Das dauere noch einige Jahre. Kurzfristig gesehen sei allerdings anvisiert, dass sich die Behindertenbeauftragten der Region an der Entwicklung der Nahverkehrspläne beteiligen.

In der Zwischenzeit drehen die Seramours weiter ihre Runden in Konz. Dabei fallen ihnen nicht nur negative Dinge auf. "Die öffentliche Toilette am Rathaus ist sauber und behindertengerecht." Das sei in Trier oft anders.

Und auch manche Trierer Geschäftsinhaber könnten sich von den Konzer Kollegen etwas abgucken: "Alle größeren Geschäfte in Konz haben elektrische Türen", sagt Seramour und setzt den Ausflug mit seiner Frau fort.

Meinung

Mehr Rücksicht nehmen

Und jetzt mal noch schnell in die Bank springen", mag sich manch einer denken, der sein Auto flux auf dem Behindertenparkplatz abstellt. Diese paar Minuten wird schon nichts passieren. Aber was soll ein Mensch mit Behinderung tun, wenn er genau in dieser Zeit diesen Parkplatz und keinen anderen benötigt? Warten? Weil einer auf dem Platz steht, der auch ohne Probleme zwei, drei Meter weiter hätte parken können? Ihm wird vermutlich nichts anderes übrig bleiben, egal, wie eilig er es selbst hat. Und in der Zwischenzeit kann er sich Gedanken machen, in welchen Alltagssituationen er sonst auch immer noch zurückstecken muss. Aber vielleicht erinnert er sich dann auch an Momente, in denen ihm Menschen beim Einsteigen in den Zug geholfen, andere ihm die Tür aufgehalten oder Einsicht gezeigt haben, wenn sie ihm den Weg verstellt haben. Es sind Kleinigkeiten, die weiterhelfen. Man muss sich nur der Probleme behinderter Menschen bewusst werden und sollte darauf Rücksicht nehmen. a.pipke@volksfreund.deExtra Die Sprechstunde des "Beauftragten für die Belange behinderter Menschen" Peter Musti ist jeden ersten Freitag im Monat von 9 Uhr bis 12 Uhr im Rathaus Konz. In dieser Zeit können ihn Interessierte unter der Nummer 06501/83138 anrufen. Außerhalb der Sprechstunden ist Musti unter der Mobil-Nummer 0160-1883280 oder per E-Mail an Behindertenbeauftragter@Konz.de erreichbar.

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