Gesellschaft Ein ganzes Haus für besonders Schutzbedürftige

Hermeskeil · Integrationsministerin Spiegel hat die Einrichtung für Asylbegehrende in Hermeskeil besucht. Ein neues Angebot lobt sie besonders.

 Bei ihrem Besuch in der Afa Hermeskeil schaut sich Integrationsministerin Anne Spiegel (links am Fenster) auch das Schulungsgebäude an. In dieser Klasse ist gerade das Einkaufen im Supermarkt Unterrichtsthema.

Bei ihrem Besuch in der Afa Hermeskeil schaut sich Integrationsministerin Anne Spiegel (links am Fenster) auch das Schulungsgebäude an. In dieser Klasse ist gerade das Einkaufen im Supermarkt Unterrichtsthema.

Foto: Christa Weber

Bunte Sofas sind um einen Kickertisch gruppiert, Graffiti zieren die Wände. Der Jugendraum in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) in Hermeskeil existiere erst wenige Wochen, sagt Natalie Anton vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Die Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren hätten bei der Gestaltung mitgeholfen. Sie könnten sich dort selbst beschäftigen oder Angebote der Afa nutzen. Einmal pro Woche sei eine Sozialarbeiterin vor Ort, erklärt Anton ihren Zuhörern. Darunter ist Anne Spiegel (Grüne), die rheinland-pfälzische Integrationsministerin. Sie will sich ein aktuelles Bild von der Einrichtung machen.

„Ich besuche derzeit alle Afas im Land, in Hermeskeil bin ich jetzt zum zweiten Mal“, sagt Spiegel. Seit ihrem ersten Besuch habe sich viel getan. Nach dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle Ende 2015 ist die Zahl der Bewohner in den Aufnahmeeinrichtungen zurückgegangen (siehe Info). Das gilt auch für die Afa Hermeskeil, die neben Trier, Kusel, Ingelheim und Speyer einer von derzeit fünf Standorten im Land ist. Die allmähliche Entspannung habe es ermöglicht, sagt Afa-Leiter Stefan Ding, neue Angebote wie Aufenthaltsräume zu entwickeln und Abläufe zu verbessern. Aber es gebe auch neue Herausforderungen.

Derzeit leben laut Ding 540 Menschen in der Afa. „Zwischenzeitlich hatten wir bis zu 35 verschiedene Nationalitäten hier. Das erfordert vollen Einsatz unserer Mitarbeiter.“ Auch die Aufenthaltszeiten hätten sich verlängert. „Menschen aus Ländern mit guten Bleibeaussichten werden jetzt zügiger den Kommunen zugewiesen. Wir haben deshalb viele Fälle hier, die individuell geprüft werden müssen“, sagt Ding. Dies führe auch zu der Vielfalt an Herkunftsländern. 2016 waren noch fast 90 Prozent der Bewohner Syrer oder Afghanen.

Viel Betrieb herrscht weiterhin im Schulungsgebäude, wo unter anderem die dreimonatigen Deutschkurse der Volkshochschule stattfinden. Am Ende des Flurs läuft eine Unterrichtsstunde zur sogenannten Erst­orientierung, die den Bewohnern das Leben in Deutschland näherbringen soll. Etwa 15 Erwachsene schauen sich auf dem Laptop einen Film an, in dem eine Frau im Supermarkt einkauft. Träger der Kurse ist die Deutsche Angestellten-Akademie (DAA). Die Dozentin fragt: „Was kauft die Frau ein?“. Die ersten Antworten kommen schnell: „Nudeln“ und „Thunfisch“.

In einem anderen Raum werden Kinder unterrichtet. Die Lehrer kommen vom Gymnasium Hermeskeil. „Es ist anspruchsvoll, etliche Kinder kennen nicht einmal unser Alphabet“, sagt Doris Kettern. „Aber wir verständigen uns schon.“

Viel getan hat sich im Haus 7, das komplett auf die Bedürfnisse besonders schutzbedürftiger Gruppen eingerichtet wurde. 93 Menschen wohnen dort derzeit, Platz ist für 170. Das Erdgeschoss wurde barrierefrei ausgebaut inklusive Duschen und Toiletten. Ein Stockwerk beherbergt laut DRK-Mitarbeiterin Anton Menschen, „die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung möglicherweise diskriminiert werden könnten“. Es gibt eine Etage für psychisch Beeinträchtigte, eine für Frauen mit Säuglingen. Zum obersten Flur haben nur allein reisende Frauen Zutritt. Die Türen dort können bei Bedarf von innen abgeschlossen werden. Weibliches Sicherheitspersonal und die Gewaltschutzkoordinatorin befinden sich im Gebäude. „Diesen Menschen, die eines besonderes Schutzes bedürfen, jetzt einen Schonraum bieten zu können, das war dem Land ein großes Anliegen“, sagt die Ministerin.

Spiegel lobt, die Einrichtung sei  „in sehr gutem Zustand“. Deshalb und auch wegen der guten Zusammenarbeit aller vor Ort habe sich das Land bewusst entschieden, an der Afa Hermeskeil festzuhalten, während andere inzwischen geschlossen seien. Stadtbürgermeister Mathias Queck, der wie Trier-Saarburgs Landrat Günther Schartz und der erste VG-Beigeordnete Hartmut Heck beim Rundgang dabei ist, ergänzt: „Wir haben gute Strukturen geschaffen, die auch von den Bürgern mitgetragen werden.“

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