Jäger erschießt Versuchshund

WAHLEN. Hundehalter im rheinland-pfälzischen und saarländischen Hochwald gehen auf die Barrikaden: Ein Jäger hat einen Hund erschossen, den eine Familie sieben Wochen vorher zu sich genommen hatte. Das Tier hat die ersten 18 Monate seines Lebens im Versuchslabor verbracht.

"Der Hund hat gewildert." Der Jäger ist nur am Handy zuerreichen. Das Gespräch verläuft in Bruchstücken. Aber so vielkommt doch dabei heraus: Er hat in Wahlen eine Beagle-Hündinerschossen. Nachdem er sie einfangen wollte, sagt er. Viele Leutehätten das gesehen, wie der Hund gewildert habe. Jetzt in derZeit, wo viele hochtragende Hasen und Rehe unterwegs seine, "mussman den rausnehmen", begründet er seinen Schuss auf das Tier. Lissi kam aus den Labors der BASF

Lissi, so heißt der Beagle, der erschossen wurde, war vor sieben Wochen zu der Familie Selzer in Wahlen im Landkreis Merzig-Wadern gekommen. Inge Selzer hat sie aus Schiffweiler geholt, wollte etwas Gutes tun, nachdem vor Kurzem ihr voriger Hund überfahren worden war. Sie hatte davon gehört, dass etwa eineinhalbjährige Versuchshunde aus den Labors von BASF vermittelt werden. "Diese Hunde können nichts, wenn sie aus dem Labor kommen", erzählt Selzer, "aber jetzt hatten wir Lissi so weit, dass es besser wurde". Sie muss sich beherrschen vor Ärger und Wut über das Ereignis neulich Abend.

Die kleine Lissi war nicht mal 30 Zentimeter hoch und immer noch völlig verängstigt - "vor allem wenn sie Männer gesehen hat, hat sich sich immer zusammengekauert". Sie ist gerne ausgebüchst. "Aber sie konnte nicht bellen und nicht beißen", sagt Selzer.

Doch an diesem "schrecklichen Abend" konnte Lissi nicht mehr zurückkommen. Die Kinder hatten ihrer Mutter Bescheid gegeben, das die Kleine sich wieder einmal selbstständig gemacht hatte. Inge Selzer eilte also von ihrer Arbeit, lief von den Häusern am Ortsrand von Wahlen zur Wiese Richtung Reimsbach, wo sich auch ein Wäldchen anschließt. Sie ruft und ruft, und auf ein Mal hört sie einen Schuss. Sie sieht einen Jäger in die Wiese gehen. "Der hat geschrien und unsere Lissi in eine Eimer gesteckt. Den hat er mir dann mit lautem Schimpfen vor die Füße gestellt", sagt Selzer. Sie sei völlig geschockt gewesen, sagt sie. Hat sich deshalb auch nicht die Nummer des Wagens gemerkt, mit dem der Schütze gleich danach wegfuhr.

"Ich habe doch noch vor dem Schuss gerufen", sagt Inge Selzer. "Der musste unsere Lissi nicht abknallen. Die muss da gehockt haben, die hatte doch solche Angst vor Männern." Die Selzers haben Anzeige erstattet. Die Polizei in Wadern bestätigt das, sie ermittelt. Ein Sprecher: "Es geht um den möglichen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, die Tötung eines Wirbeltieres ohne Grund."

Fraglich sei ferner die Befugnis des Schützen, der als Jagdgast im Revier war, zum Schuss auf die Beagle-Hündin. Zu untersuchen ist daher eine jagdrechtliche Ordnungswidrigkeit. Auch stelle sich die Frage der Verhältnismäßigkeit: Ein kleines Hündchen könnte auch eingefangen statt erschossen werden.

Jäger beruft sich auf Wildschadens-Abwehr

Der Jäger hatte gebeten, alles Weitere bei Jagdpächter Professor Paul Müller nachzufragen. "Das Ganze kann ich nicht nachvollziehen. Das ist etwas merkwürdig", sagt Müller. Er hatte den späteren Schützen beauftragt, nach Sauschäden zu sehen.

Rechtlich berufe sich der Jagdgast auf Wildschadens-Abwehr. Müller: "Ein Mal mehr ein Beleg, dass nicht alles, was rechtlich korrekt sein mag, auch richtig ist." Er selbst hat die Jagd seit 1982 und noch nie einen Hund geschossen. "Es sollte nicht so kommen", sagt Müller. Er wollte Inge Selzer einen neuen Hund schenken. Doch die weiß noch nicht, ob sie wieder einen Hund haben möchte. "Das ist noch zu frisch mit unserer Lissi", sagt sie.

KOMMENTAR SEITE 8

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