Jeder soll überall hinkommen

Saarburg/Konz · Die Verbandsgemeinden Konz und Saarburg wollen ihren Tourismus barrierefreier gestalten. Gut zu lesende Imagebroschüren und Schilder gehören dazu ebenso wie barrierefreie Wanderwege und leicht zugängliche Sehenswürdigkeiten. Ein Konzept steht. Mit den erhofften Fördermitteln hat es aber bislang nicht geklappt. Dafür gab es die Erkenntnis: Das Thema betrifft viel mehr Menschen, als man auf den ersten Blick meinen könnte.

 Die Unterführung am Konzer Bahnhof ist schon barrierefrei, in Saarburg wird 2016 eine behindertengerechte Rampe gebaut. TV-Foto: Archiv/Marion maier

Die Unterführung am Konzer Bahnhof ist schon barrierefrei, in Saarburg wird 2016 eine behindertengerechte Rampe gebaut. TV-Foto: Archiv/Marion maier

Foto: (h_ko )

Saarburg/Konz. Die Zahlen, die Elmar Kunz vom Wiesbadener Beratungsbüro ghh Consult in der Sitzung der Saar-Obermosel-Touristik präsentiert, sorgen für Überraschung. "30 bis 40 Prozent der Bevölkerung in Deutschland haben spürbare Mobilitäts- oder Sinneseinschränkungen", sagt Kunz. Es sei damit zu rechnen, dass die Zahl angesichts der demografischen Entwicklung ansteige. Das bedeutet, auch zu den Touristen werden immer mehr ältere Menschen gehören.
Doch nicht nur Ältere und gehbehinderte Menschen freuten sich über Rampen, sondern auch Familien mit Kinderwagen, sagte Kunz. Und damit ist auch klar: Barrierefreier Tourismus bringt nicht nur den Gästen etwas, sondern erhöht auch die Lebensqualität der Einheimischen.
Kunz führt weitere Gründe an, warum sich barrierefreier Tourismus lohnt: Gäste mit Einschränkungen sind ihrem Reiseziel treuer als andere, sie reisen häufiger in der Nebensaison und geben auch mehr aus pro Kopf. Fazit: Barrierefreiheit ist ein Nachhaltigkeitsthema. 19 990 Euro hat das Konzept gekostet, das ghh Consult in Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort (siehe Extra) erstellt hat. Darin werden Stärken und Schwächen der Region Saar-Obermosel analysiert, ein Leitbild entworfen sowie Handlungsempfehlungen gegeben. Das umfassende Planwerk wird mit 9240 Euro aus dem Leader-Fördertopf bezuschusst, die restlichen 10 752 Euro teilen sich die Verbandsgemeinden Konz und Saarburg. Sie wollen unter Federführung der Saar-Obermosel-Touristik ihren Fremdenverkehr auf Vordermann bringen. Ursprüngliche Idee war es, Geld für den barrierefreien Umbau aus dem Landeswettbewerb "Tourismus für alle" zu generieren. Zehn Millionen Euro sollten dort für Modellregionen zur Verfügung gestellt werden. Doch unter den 14 Bewerbern wurden Konz und Saarburg nicht als Modellregion ausgewählt. Kein Grund für Trübsal für Jürgen Dixius, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Saarburg. Er sagt bei der Präsentation: "Wir bewerben uns im September wieder und gehen nun trotzdem die ersten Schritte an. Wir versuchen, weitere Fördertöpfe anzuzapfen."
Peter Musti, der Behindertenbeauftragte der VG Konz, sieht die Kommunen mit dem Konzept auf dem richtigen Weg. "Ich finde es absolut gut, dass diese beiden Gemeinden den Trend der Zeit erkannt haben. Die Gesellschaft wird eben immer älter." In dem Konzept werden eine Reihe von Anregungen für alle möglichen touristischen Bereiche gegeben, angefangen beim Buchen über Wohnen, Essen und Freizeit bis hin zur Abreise. Doch werden auch Prioritäten gesetzt. Zu diesen Vorschlägen gehört die Entwicklung einer barrierefreien Internetseite für die Ferienregion Saar-Obermosel und die Optimierung der gedruckten Medien, die gut lesbar und in einfacher Sprache geschrieben sein sollen (bis 2016). Ein Rund-Wanderweg sollte optimiert werden in seiner Wegbeschaffenheit und mit gut lesbaren Schildern ausgestattet werden. Aussichtspunkte sollen für alle erreichbar sein (bis 2018).
Des Weiteren wird vorgeschlagen, Sehenswürdigkeiten und andere Attraktionen mit Rampen und Aufzügen besser zugänglich zu machen. Auch die Informationen dazu sollten optimiert und beispielsweise ein Audioführer per App auf Smartphones zur Verfügung gestellt werden (bis 2020). Die Schulung und Sensibilisierung der Akteure bei den Tourist-Infos und in der Privatwirtschaft wird als wichtiger Punkt genannt (bis 2020). Es wird klar: Die Barrierefreiheit ist ein Langzeitprojekt.Extra

Die Akteure: Eine Reihe von Akteuren sind von Anfang an dem Prozess des barrierefreien Tourismus beteiligt. Neben den Verbandsgemeinden Konz und Saarburg sowie der Saar-Obermosel-Touristik und der Moselland-Touristik sind das: der Behindertenbeauftragte der VG Konz, Peter Musti (die VG Saarburg ist auf der Suche nach einem geeigneten Kandidaten für diesen Job), die Vereine Saar-Riesling und Elblingfreunde der südlichen Weinmosel, die Personenschifffahrt, Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe, Stadtmarketing Konz und Saarburger Gewerbeverein sowie Museen und Sehenswürdigkeiten. Stärken und Schwächen: Die Analyse des Büros ghh Consult bescheinigt den Verbandsgemeinden Saarburg und Konz, bereits einiges richtig zu machen in Sachen Barrierefreiheit. So sind beide Touristinformationen weitestgehend barrierefrei. Ebenfalls lobend erwähnt werden das Amüseum in Saarburg mit Rampe, breiten Türen und Schildern in großer Schrift und das Kloster Karthaus mit Behinderten-WC und Rampe am Haupteingang. Kritisiert wird, dass sich Rollstuhlfahrer wegen zahlreicher Treppenstufen die Saarburg nicht von innen ansehen können und die Schrift der Infotafeln an dem Wahrzeichen sehr klein sei. mai

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