"Jetzt bleibt's erst mal so, wie es ist"

Hermeskeil · Der geballte Protest von Bürgern, Politikern und einheimischen Medizinern blieb auch am Mittwochabend wirkungslos. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hält an ihrem Beschluss fest, dass für Patienten aus dem Raum Hermeskeil künftig an Wochenenden die ärztliche Bereitschaftsdienstzentrale (BDZ) in Birkenfeld zuständig ist. Diese Aussage eines KV-Sprechers hörten 150 Zuhörer in der Hochwaldhalle gar nicht gerne.

Hermeskeil. Den entscheidenden Satz sagte Dr. Peter Heinz im Wortgefecht mit VG-Bürgermeister Michael Hülpes: "Jetzt bleibt es erst mal so, wie es ist", betonte der Vorstands-Vize der KV Rheinland-Pfalz. Er rechtfertigte vor 150 Zuhörern in der Hochwaldhalle eine höchst umstrittene Entscheidung: die seit 1. Dezember gültige Neuregelung des Arzt-Bereitschaftsdienstes (siehe Extra).
Die Position der Politiker: "Diese Anordnung hat uns geschockt. Wir sehen sie für unsere Bürger als unzumutbar an", betonte Hülpes mit Blick auf die weite Entfernung zur BDZ Birkenfeld. Auch Stadtbürgermeister Udo Moser hielt dem KV-Vertreter vor: "Es ist gegen jede Vernunft, eine Lösung durchzusetzen, die weder von der Bevölkerung noch von Ihren Mitgliedern, den Ärzten in Hermeskeil, mitgetragen wird." Beide forderten erneut die Einrichtung einer eigenen BDZ an der St. Josef-Klinik. Hermeskeil sei Mittelzentrum und habe damit laut Landesplanung einen Versorgungsauftrag für Teile der VG Kell und Ruwer sowie für die komplette VG Thalfang und Morbach.
Ein solcher Zuschnitt wäre bei einer BDZ Hermeskeil sinnvoll, die für Patienten aus diesem Großraum zuständig wäre. Zumindest aber schlug Hülpes vor, die Zuordnung zur BDZ Birkenfeld bis 1. Juli 2014 auszusetzen und es bis dahin beim bisherigen Bereitschaftsdienst in den Hermeskeiler Praxen zu belassen.
Die Position der KV: Heinz erteilte den Forderungen eine Abfuhr. Die Einrichtung einer BDZ in Hermeskeil komme nicht in-frage. Da für Patienten aus Morbach, Thalfang oder Kell schon andere BDZ zuständig sind, würde in Hermeskeil eine BDZ für ein Gebiet mit 15 000 Einwohnern geschaffen. Andere BDZ im Land sind aber für die Versorgung von deutlich mehr Bürgern zuständig - im Schnitt 80 000.
Die Position der Ärzte: Fast alle Mediziner in Hermeskeil sind auf ihre Standesvertretung sauer. "Es ärgert uns, wie Sie mit uns umgehen. Sie haben vier Jahre lang nicht mit uns gesprochen und dann erfahren wir erst vier Wochenl, dass die Neuregelung kommt," kritisierte Dr. Egon Müller. Dr. Dorothea Thul betonte: "So geht man nicht mit Leuten um, die 20 Jahre lang verantwortungsvoll und lückenlos einen Bereitschaftsdienst organisiert haben." Thul wollte Heinz eine Liste mit 2085 Protestunterschriften übergeben, was der KV-Vertreter allerdings ablehnte.
Die Position der Bürger: Heinz Bonerz (Grimburg) warf der KV vor: "Das ist keine Lösung. Dass bisschen Lebensqualität, was wir in Hermeskeil haben, wird von Ihnen noch unterhöhlt."
Der Kontrapunkt: Die Wortmeldung von Dr. Jörg Schmitz war konträr zur sonstigen Stimmung. Er selbst sei über die Neuregelung "nicht undankbar".
Und: "Die Möglichkeit einer BDZ Hermeskeil wurde verpasst. Da mache ich der KV aber keinen Vorwurf, sondern wir Hermeskeiler Ärzte haben uns alle geduckt."Extra

Für Patienten aus fast allen Orten der VG Hermeskeil soll künftig an Wochenenden und Mittwochnachmittagen die BDZ in Birkenfeld die Anlaufstelle zur ärztlichen Versorgung sein. Die in Hermeskeil und Umgebung niedergelassen Ärzte können nach diesem Beschluss ihrer Standesvertretung nicht mehr - wie bisher - den Bereitschaftsdienst reihum in ihren eigenen Praxen leisten. Auch sie sollen künftig ihren Bereitschaftsdienst in Birkenfeld verrichten. Laut Dr. Peter Heinz gibt es eine entscheidende "Triebfeder", warum die KV die Strukturänderungen vornimmt. Sie wolle damit dem künftigen Mangel an Landärzten entgegenwirken. Heinz wies darauf hin, dass von den aktuell 28 Ärzten in der VG Hermeskeil bis 2020 fast 80 Prozent in den Ruhestand gehen. "Sie werden keinen jungen Arzt als Nachfolger für die Praxen finden, wenn es keine BDZ-Struktur mit weniger Wochenenddiensten gibt." Mit zusätzlichen BDZ, wie sie die Hermeskeiler fordern, würde sich auch die Umlage, die die niedergelassenen Ärzte zahlen müssen - zurzeit sind es 270 Euro monatlich pro Arzt - "drastisch erhöhen". Die KV habe schon 2009 beschlossen, dass im Land nach und nach die "regionalen kollegialen Vertretungsringe" aufgelöst und stattdessen BDZ eingerichtet werden. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass man in Hermeskeil gehofft hat, das würde alles an einem vorbeigehen", so Heinz. ax

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