Juristisch heikles Gelände

Kirf/Trier · Die Bundesrepublik Deutschland hat drei Grundstückseigentümer verklagt. Sie verlangt, dass sich die drei Familien an den Kosten für eine Hangstabilisierung unterhalb der B 407 bei Kirf beteiligen. Vor dem Landgericht Trier sind gestern zwei Verfahren verhandelt worden. Das dritte konnte bereits zuvor mit einem Vergleich abgeschlossen worden.

Kirf/Trier. Mittlerweile ist es sechs Jahre her, dass der Hang unterhalb der B 407 bei Kirf ins Rutschen kam. Dies hatte damals dazu geführt, dass die Fahrbahn auf einer Länge von 30 Metern bis zu einem Meter absank und von dicken, tiefen Rissen durchzogen wurde. Die vier darunter liegenden Wohnhäuser mussten vor nachrutschenden Erdmassen gesichert werden.
1,4 Millionen Euro für Sanierung


Im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland hat sich seinerzeit der Landesbetrieb Mobilität (LBM) um die Sanierung der Bundesstraße und die Sicherung der Häuser gekümmert. Die Kosten für diese Arbeiten beliefen sich auf rund 1,4 Millionen Euro. An diesen sollten sich drei Grundstückseigentümer in Höhe von etwa zehn Prozent beteiligen (der TV berichtete am 11. Oktober). Da sie dies nicht wollten, hat die Bundesrepublik geklagt.
Vor der fünften Zivilkammer des Landgerichts Trier sind gestern zwei der insgesamt drei Klagen verhandelt worden. In dem dritten Verfahren hatten sich die Parteien kurz vor der Verhandlung auf einen Vergleich geeinigt. Nach TV-Informationen hat sich der verklagte Grundstückseigentümer verpflichtet, 50 000 Euro statt der zunächst geforderten 80 000 Euro zu zahlen. Aktuell sieht es so aus, dass sich wohl die beiden übrigen Parteien ebenfalls mit der Bundesrepublik vergleichen werden.
Kompromissbereitschaft hatte auch der Vorsitzende der fünften Zivilkammer des Landgerichts Trier, Richter Eberhard Speicher, gefordert. "Juristisch gibt es festeren Boden als diesen", räumte er in Anspielung auf den rechtlich schwierigen Sachverhalt ein. Klar ist aus seiner Sicht aber, dass die von der Bundesrepublik verklagten Parteien ihr einen Teil des entstandenen Sanierungsaufwands erstatten müssen. "Diese Haftung ist unabhängig von einem Verschulden und basiert auf dem Grundsatz des sogenannten nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs (siehe Extra)", sagte Speicher.
Er widersprach Rechtsanwalt Rudolf Krechel aus Koblenz, der für seine Partei argumentierte, dass seine Mandanten als erste ihr Haus unterhalb der B 407 errichtet hätten und dass dieses Bauvorhaben für sich nicht ursächlich für den Hangrutsch sei. Rechtlich würde das aber nicht dazu führen, so Speicher, dass dieser Anlieger gar nicht hafte. Vielmehr würden alle Grundstückseigentümer, die mit ihren Bauvorhaben den Hang ins Rutschen gebracht hätten, dem Grunde nach haften.
Zu hohen Aufwand betrieben


Rechtsanwältin Corinna Fries aus Trier wehrte sich gegen diese Haftung mit dem Argument, dass ihr Mandant den Hangrutsch nicht schuldhaft ausgelöst habe. Aber auch diese Ausführungen konnten Speicher nicht überzeugen: "Auf ein Verschulden kommt es vorliegend nicht an. Als Grundstückseigentümer haften sie für die Gefahren, die von ihrem Eigentum ausgehen." Einen Teilerfolg konnten die beiden Vertreter der Grundstückseigentümer schließlich noch verbuchen. Der Gutachter hatte ausgeführt, dass der vom Landesbetrieb Mobilität betriebene Aufwand für die Hangsicherung und die Straßensanierung zu hoch gewesen sei. Deshalb ließ sich Rechtsanwalt Jürgen Hött aus Trier, der in dem Verfahren die Bundesrepublik vertritt, auch grundsätzlich auf zwei Vergleiche ein.
Einer konnte schon gerichtlich protokolliert werden. Darin verpflichtet sich der Grundstückseigentümer, 14 500 Euro statt 20 000 Euro an die Bundesrepublik Deutschland zu zahlen. In dem anderen Verfahren wollen die beteiligten Anwälte einen Vergleich bis Ende Februar 2017 aushandeln.Extra

Der Bundesgerichtshof hat das Rechtsinstrument des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs entwickelt, um in Fällen, in denen mehrere Nachbarn gemeinsam für einen Schaden verantwortlich sind, eine Haftung unabhängig von einem Verschulden zu begründen. Dieses Instrument wird dann angewandt, wenn das Handeln einer oder mehrerer Personen zu einer rechtswidrigen Beeinträchtigung auf dem Nachbargrundstück führt und dieser Nachbar gezwungen ist, die Störung zu dulden. Übertragen auf den Hangrutsch in Kirf heißt das, dass die Böschung (Eigentum der Bundesrepublik, die in diesem Fall der geschädigte Nachbar ist) ins Rutschen kam, weil die drei Grundstückseigentümer am Fuß der Böschung gebaut haben und so die Standsicherheit der Straße beeinträchtigt wurde. itz

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