Kämpfer für Toleranz und Barrierefreiheit

Behinderte stoßen im öffentlichen Raum oft auf Hürden, weil es an Barrierefreiheit hapert. Einen Interessenvertreter haben sie in Peter Musti gefunden. Er ist seit einem Jahr Behindertenbeauftragter in Konz. Auch die Landesregierung unterstützt Behinderte mit einem Aktionsplan.

Konz. Eine Treppe, ein hoher Bordstein oder eine zu enge Tür. Das alles sind Hindernisse, die gesunde Menschen gar nicht wahrnehmen. Für Menschen mit Behinderungen - seien sie sehbehindert oder körperlich behindert - werden sie zu zum Teil unüberwindbaren Hürden. Das hat Peter Musti, der seit einem Jahr Behindertenbeauftragter der Stadt und der Verbandsgemeinde Konz ist, am eigenen Leib erfahren. Als Rollstuhlfahrer ist er oft auf die Aufmerksamkeit seiner Mitmenschen angewiesen, weil der Alltag viele solcher Hürden bereithält.

Vergessen an einer unüberwindlichen Treppe



Eines seiner ersten Erlebnisse als Behindertenbeauftragter hatte er im Casino in Konz-Filzen: "Das ist eine Katastrophe in Sachen Barrierefreiheit", schiebt er vorneweg. Er hat den Bauausschuss der Stadt Konz zu einem Ortstermin begleitet. Die Ausschussmitglieder haben ihn die Treppe hoch getragen. Nachdem er seine Anmerkungen zu dem Thema gemacht hatte, setzten sie ihre Sitzung fort. Dass er auf ihre Hilfe angewiesen gewesen wäre, um die Treppe herunterzukommen, hätten sie vergessen. Der Hausmeister habe ihm dann alleine herunter geholfen - laut Musti eine gefährliche Aktion. "Das war kein böser Wille der Ausschussmitglieder", sagt er. Zwar sei das Bewusstsein für Behinderte geschärft worden, aber nicht-behinderte Menschen vergäßen häufig, dass die Welt nicht für Behinderte gemacht sei.

"Öffentliche Gebäude sind bis auf wenige Ausnahmen nicht barrierefrei", sagt Musti. Ehrenamtlich investiert er Woche für Woche viel Zeit in das Sichten von Bauplänen für öffentliche Gebäude. Er achtet darauf, dass die Pläne sowohl Rollstuhlfahrer als auch Sehbehinderte oder Gehörlose berücksichtigen.

"Ich bin mit sehr großem Enthusiasmus gestartet", sagt er. Nach einiger Zeit habe er aber festgestellt, dass das Thema Barrierefreiheit zwar in Sonntagsreden postuliert werde, in der Praxis habe er aber das Gefühl, dass ständig jemand auf die Bremse trete. Das sei in gewisser Weise frustrierend.

UN-Konvention führt zu Aktionsplan des Landes



So schreibt das Landesgleichstellungsgesetz vor, dass bei Neu- und Umbauten die allgemein anerkannten Regeln zur barrierefreien Gestaltung "so weit wie möglich" zu berücksichtigen sind. Bei den Planungen für das neue Schwimmbad in Konz entspricht die Verwaltung zum Beispiel von Anfang an dieser Forderung. Trotzdem wird laut Musti Barrierefreiheit oft nur als Kostenfaktor betrachtet.

Musti selbst sieht sich als Lobbyist für Behinderte, der in dem Kampf für seine Interessengruppe keine Kompromisse eingehen will. Das hat ihn schnell bekanntgemacht. Der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, Ottmar Miles-Paul, sieht ihn "als regen Mitstreiter vor Ort". Miles-Paul selbst ist stolz auf den Aktionsplan seiner Landesregierung. Der Aktionsplan wurde mit Blick auf die UN-Behindertenrechtskonvention entworfen. Für die Umsetzung brauche er tatkräftige Unterstützung vor Ort, appellierte Miles-Paul an die anwesenden Entscheidungsträger bei einer von der Aktionsgruppe "Lebenslanges Lernen, aktiv Wissen weitergeben" organisierten Podiumsdiskussion im Kloster Karthaus.

Nur so könne man gemeinsam "an einer Welt basteln, die von allen genutzt werden kann".

Meinung

Jeder muss mithelfen

Menschen mit Behinderungen sind keine Fremdkörper, sie sind Teil unserer Gesellschaft. Bei der Umsetzung der UN-Konvention ist nicht nur die Politik gefragt. Alle müssen daran mitwirken. Dazu gehören Unternehmen - zum Beispiel Einzelhandelsketten - genauso wie Vermieter und Arbeitgeber, aber auch der normale Bürger. Die Berührungsängste, die viele gegenüber Behinderten hegen, müssen bekämpft werden. In erster Linie muss das Bewusstsein geschaffen werden, dass Behinderte genau die gleichen Rechte und Bedürfnisse haben wie nicht-behinderte Menschen. Der Unterschied ist, dass sie für ein selbstbestimmtes Leben Unterstützung brauchen. Rollstuhlfahrer benötigen Rampen, Sehbehinderte brauchen akustische Signale zur Orientierung, und Gehörlose brauchen Hilfe bei der Kommunikation - zum Beispiel durch einen Dolmetscher für Gebärdensprache. Barrierefreiheit kommt aber nicht nur Behinderten zugute. Auch alte Menschen, die nicht mehr so mobil sind, profitieren von einem barrierefreien Umfeld. In einer alternden Gesellschaft kann Geld, das in eine barrierefreie Umgebung investiert wird, niemals hinausgeworfenes Geld sein. c.kremer@volksfreund.de

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