Kampf gegen die Neuerungen

LOSHEIM AM SEE. Über den Neuanfang nach dem Krieg und den Weg zum Wirtschafstwunder übermittelte uns Hermann-Josef Röder aus Losheim am See den folgenden Text.

Aufbruchstimmung kam auf, als Vater 1948 anfing, ein Wohnhaus in der Rissenthaler Straße zu bauen. Vater hatte das Grundstück erworben durch Schreinerarbeiten, die er für die Familie Daeges in Losheim anfertigte.Es war auch Grundstücksfläche für ein Werkstattgebäude vorhanden. Vater war selbstständiger Schreinermeister. Die Werkstatt war in dem zerbombten Wohnhaus in der Hochwaldstraße. Stall und Scheune standen noch.

Darin hatte Vater seine Schreinerwerkstatt. Also ein Neuanfang - ein Wohnhaus.

Wir Kinder mussten kräftig mithelfen. Mein ältester Bruder musste Mörtel anrühren und ihn mit dem Spatz, das war ein rechteckiger Behälter mit Schütte und Griff, vollbeladen hoch über die Leiter zu den Steinmetzen bringen. Der Behälter wurde in einen Bottich ausgeleert. Meine Schwester und ich mussten Ziegelsteine vom alten Mörtel reinigen. Vater hatte alte Ziegelsteine erworben von zerbombten Häusern, und hing noch alter Mörtel dran, musste dieser abgekratzt werden.

1949 zogen wir in das neue Haus ein. Es war innen vergipst und verputzt, aber es befanden sich noch keine Zimmertüren in den Räumen; es war auch noch keine Geschosstreppe vorhanden, wir mussten mittels Leiter zu den Schlafräumen in den ersten Stock aufsteigen.

Vater hatte noch keine Zeit gefunden, diese Arbeiten zu erstellen. Er musste dringende Arbeiten für die Kundschaft erledigen, denn diese hatte Vorrang. Seine eigenen Arbeiten konnte er erst nach und nach fertigen.

1951 war dann das Schreinereigebäude erstellt, und der Umzug konnte stattfinden.

Am 1. März begann ich bei meinem Vater eine Lehre als Schreiner. Es waren harte Jahre. Vater war sehr dominant und rechthaberisch. Er duldete kein Versagen. Es gab oft Schelte und ab und zu auch eine mit dem Lattenstück hinten drauf.

Am 19. März 1955 machte ich dann in Merzig die Gesellenprüfung - mit gutem Erfolg.

Ich wurde von Vater als Schreinergeselle übernommen. Ich übernahm ab da schon die Schreibarbeiten für den Betrieb wie Kalkulationen, Buchführung und Rechnungswesen.

In Merzig belegte ich einen Abendkurs in Schreibmaschine und Buchführung. Ich schlug Vater ab und zu schon mal Neuerungen für den Betrieb vor, aber Vater lehnte kategorisch ab; für Neuerungen war er nicht zugänglich.

Bis 1959 machte ich dies alles mit, da hatte ich die Faxen dick, da wurde es mir zu bunt mit Vaters Dominanz. Ich bewarb mich als Geselle bei einem Schreinermeister in der Schweiz. Der Ort hieß Mürren und lag 1100 Meter über dem Meeresspiegel, ganz in den Bergen. Es war ein gut besuchter Touristenort. Es war eine sehr schöne Zeit. In meiner Freizeit unternahmen wir Bergwanderungen und Gletschertouren. Wir waren ja mitten im Hochgebirge: Eiger, Mönch und Jungfrau auf der einen Seite, auf der anderen das Schilthorn. Der Höhepunkt war die Besteigung des Eigers über den Nordwest-Grat.

An Weihnachten 1959 musste ich dann wieder die Heimreise antreten.

Vater und die Brüder kamen mit der Buchführung und den anfallenden Schreibarbeiten nicht zurecht. Ich belegte dann einen Meisterkurs in Saarbrücken auf der Meisterschule und machte 1963 im Herbst die Meisterprüfung in der Handwerkskammer in Saarbrücken.

Danach erwarb ich dann auch meinen Führerschein. Vater hatte sich einen Kleintransporter gekauft. So mussten wir nicht immer die Werkstücke mit den Handkarren transportieren.

Ich blieb auch weiterhin im väterlichen Betrieb.

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