"Kein Dauerzustand"

Probleme beim Ein- und Aussteigen: Weil der Bahnsteig in Wiltingen keiner Norm entspricht, soll er komplett ersetzt werden - möglicherweise schon bis Herbst 2009. Eine entsprechende Änderung wird indes auch beim Bahnhof in Wasserliesch diskutiert. Dort steht das Verfahren aber noch ganz am Anfang.

Wiltingen/Wasserliesch. Der Zug hält, die Türen gehen zischend auf. Passagiere, die in Wiltingen aussteigen wollen, müssen einen Satz machen, ehe sie auf dem schotterbedeckten Bahnsteigprovisorium landen. Und umgekehrt sind für Einsteigewillige einige Zentimeter bergauf zu überwinden. "Das ist so kein Dauerzustand, gerade für ältere Leute", sagt ein Bahn-Mitarbeiter und deutet auf den Höhenunterschied zwischen Bahnsteigkante und Zugtür.

Diskussionen um eine Erneuerung des Wiltinger Bahnsteigs gibt es schon lange. Jetzt werden die Vorschläge konkreter und das Planungsverfahren kann vielleicht schon bald auf die Zielgerade einbiegen. "Die Bahnsteige müssen komplett ersetzt und dann auf eine standardisierte Höhe von 55 Zentimetern gebracht werden", sagt Ulrich Ritter. Der Architekt aus Darmstadt ist Mitglied im Schienenzweckverband und als solcher mit der Planung des Neubaus befasst. "Vor allem die Barrierefreiheit für Gehbehinderte wird dadurch überhaupt erst ermöglicht, das ist jetzt ja gar nicht gegeben." Außerdem soll der Mittelbahnsteig durch zwei separate Außenbahnsteige ersetzt werden. "Mit der aktuellen Lösung wird immer ein Mitarbeiter benötigt, der den Passagieren die Überquerung der Schienen ermöglicht und das Tor danach wieder verschließt. Mit zwei Außenbahnsteigen ginge das viel komfortabler."

Neue Anlage könnte schon 2009 in Betrieb gehen



Wenn nach dem Planungs- nun das nun anstehende Genehmigungsverfahren zügig abläuft, könnte die neue Anlage schon im Herbst 2009 in Betrieb genommen werden, schätzt Thomas Adler vom Konzer Tiefbauamt. "Das wäre unser Wunschdenken. Die Erfahrung zeigt aber, dass solche Verfahren oft noch wesentlich länger dauern."

Ungefähr 2,8 Millionen Euro soll der Umbau kosten, das Mainzer Verkehrsministerium übernimmt mit rund 70 Prozent der Kosten den Löwenanteil, dazu tritt neben Orts- und Verbandsgemeinde auch die Deutsche Bahn mit 380 000 Euro als Finanzierer auf, so Adler. "Außerdem ist geplant, ein drittes Gleis für den Regionalverkehr wieder in Betrieb zu nehmen. Diese Extra-Kosten würden auch zur Hälfte von der Bahn übernommen."

Das Problem der zu geringen Bahnsteighöhe tritt gerade bei älteren Bahnhöfen auf, deren Anlagen mit den modernen Zügen nicht zusammenpassen. "Aktuell gibt es zwei standardisierte Bahnsteige mit Höhen von 55 oder 78 Zentimetern, je nachdem, welche Züge die jeweilige Strecke bedienen", sagt ein Bahn-Sprecher auf TV-Anfrage.

Vor allem die detaillierten Regelungen können das Genehmigungsverfahren erschweren: So sieht die bundesweit gültige Eisenbahnbau- und Betriebsordnung vor, dass Bahnsteige bei Neu- oder Umbauten eine Höhe von 76 Zentimetern haben sollten.

Bald neue Fahrzeuge auf der Strecke



Diese Empfehlung gilt aber nicht ausschließlich: Die Bahnstrecke in Wiltingen wird nur von Regionalbahnen befahren, bei denen auch ein 55 Zentimeter hoher Bahnsteig ein einfaches Ein- und Aussteigen ermöglicht. Außerdem, so der Bahn-Sprecher weiter, sollten auf der Strecke bald neue Fahrzeuge eingesetzt werden.

Neben der Gemeinde und dem Land als Finanzierer sind die Deutsche Bahn, der Schienenzweckverband und das Eisenbahnbundesamt (Eba) in Bonn an der Genehmigung des umfangreichen Wiltinger Umbauprojekts beteiligt. Bis jetzt sei in Bonn aber noch kein Genehmigungsverfahren eingereicht worden, wie eine Eba-Sprecherin auf Anfrage bestätigte. So lange müssen insbesondere die älteren Wiltinger Passagiere auf ein komfortableres Besteigen des Zuges warten.

Eine vergleichbare bauliche Änderung könnte auch die Bahn-Kunden in Wasserliesch betreffen. "Dort sind wir aber erst am Anfang der Planung und holen uns von den beteiligten Institutionen erste Stellungnahmen ein", sagt Adler vom Konzer Tiefbauamt, das auch für den Wasserliescher Bahnhof zuständig ist. "Der Wunsch, dass etwas gemacht wird, kam aus der Gemeinde selbst. Jetzt müssen wir sehen, ob sich das auch in einem entsprechenden Zeit- und Kostenrahmen umsetzen lässt." Extra Bahnhöfe in Deutschland: Die "DB Station und Service", ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn, betreibt bundesweit 5400 Bahnhöfe. Die Bahn investiert pro Jahr rund 500 Millionen Euro in den Bau und die Modernisierung der Bahnhofsanlagen und -gebäude. Seit der Bahnreform 1994 flossen insgesamt 7,5 Milliarden Euro in die Sanierung älterer Stationen. (kbb)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort