Kein Frieden im Saarburger Friedhofsstreit

Saarburg/Trier · Wieso sind die Regeln in Freudenburg so rigide? Dies war eine der Fragen vor dem Verwaltungsgericht. Die Klägerin möchte die Urne ihrer Mutter in das Grab des Vaters umbetten. Dies scheiterte an knapper Fristüberschreitung.

Zu Anfang der Verhandlung stellt der Vorsitzende Richter Georg Schmidt prinzipiell fest: "Auf dem Freudenburger Friedhof wäre es möglich, eine Urne aus einer Grabkammer in ein Reihengrab umzubetten." Genau dies möchte die Klägerin Margot Pletsch. Die gebürtige Freudenburgerin will die Urne ihrer vor zwei Jahren gestorbenen Mutter gemäß deren letzten Willen im Reihengrab ihres Vaters beisetzen.

Doch die Ortsgemeinde, die nun Beklagte ist, ließ mit Hinweis auf die Friedhofssatzung nicht zu, dass die Eltern, die mehr als 50 Jahre verheiratet waren, in derselben Grabstätte zusammenkommen (der TV berichtete mehrfach). Denn laut dieser Satzung hätte die Urne nicht wie vorgeschrieben mindestens 15 Jahre in dem Grab ruhen können. Rund vier Monate hätten gefehlt, da dann die Liegezeit des Grabs abgelaufen wäre. Und die Liegezeit ist nicht verlängerbar. Schmidt stellt in der Verhandlung auch klar: "Eine Fristenregelung hat immer Härten." Wer die Frist knapp überschreite, habe Pech. Ausnahmen machten jedoch keinen Sinn.

Für Anwältin Birgit Zimmermann ist ihre Mandantin ein Opfer der Fristenregelung. Zunächst habe Pletsch sich auf das verlassen, was bei einem Gespräch mit dem Bürgermeister der Verbandsgemeinde gesagt worden sei, nämlich dass die Urne vorübergehend in die Grabkammer kommen solle und langfristig eine Kompromisslösung gefunden werde. Doch die fand sich nicht. Pletsch selbst spricht von einer zweijährigen Odyssee zwischen Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, Landesregierung und Bürgerbeauftragtem. "Der Tenor war immer gleich: Eine einvernehmliche Lösung muss her, die Regelung ist unmenschlich", sagt Pletsch. Die ADD habe die Ortsgemeinde gebeten, flexiblere Fristen und Gräber mit längeren Liegezeiten einzuführen. Pletsch selbst habe im Rat eine Satzungsänderung beantragt. Doch alles ohne Erfolg. Pletsch: "Ich fühle mich ungleich behandelt. Als das passiert ist, haben 45 Gräber über die Zeit hinaus gelegen." Zum Teil sei die Liegezeit um Jahre überschritten worden.
Auch Richter Schmidt findet kritische Worte in Richtung Ortsgemeinde. Zur Satzung des Orts merkt er an, es sei eine fragwürdige Sache, wenn Eheleute, die gemeinsam bestattet werden wollten, vor die Entscheidung gestellt würden, sich verbrennen zu lassen. Hintergrund: Familiengräber werden in Freudenburg nicht mehr vergeben. Will ein Paar zusammen beerdigt werden, muss mindestens einer der beiden sich verbrennen lassen.

Schmidt fragt Ortsbürgermeister Bernd Gödert: "Warum muss sich das so hochschaukeln?" Der Angesprochene erklärt, es habe vorher bereits vier bis fünf ähnliche Fälle gegeben. Auch da habe er den Betroffenen gesagt, dass eine Fristüberschreitung nicht möglich sei. Gödert: "Wo fangen wir da an, wo hören wir auf?" Der Rat habe das genauso gesehen. Zur Frage, warum die Regelungen in Freudenburg so rigide seien, erklärt Gödert, dass dies wegen Flächenknappheit so eingeführt worden sei. Heute gebe es zwar immer mehr Urnenbestattungen, doch wenn die Gemeinde alle Grabarten anbieten wolle, gebe es immer noch nicht genug Platz. Das Argument Platzknappheit findet Anwältin Zimmermann nicht logisch: "Wenn es eine Verlängerungsoption gibt und Ehegatten so in einem Grab liegen können, dann ist das flächensparend. Anders braucht man ein weiteres Grab."

Richter Schmidt hinterfragt auch die Klägerseite: "Seit den 90ern gibt es keine Sondergräber mehr in Freudenburg. Sie kannten die Satzung." Sei jemandem etwas wichtig, dann kümmere er sich. Es gebe andere Friedhöfe. Dem entgegnet Pletsch energisch: "Meine Eltern haben lange in Freudenburg gewohnt. Mein Vater war selbst Bestatter. Er wäre nie auf die Idee gekommen, sich woanders begraben zu lassen." Nach weiterer Diskussion bittet der Richter die beiden Parteien, doch noch eine Kompromisslösung zu suchen. Der Beisitzer schlägt vor, die Urne umzubetten und dies nach Ablauf des Reihengrabs ein weiteres Mal zu tun. Fünf Minuten lang debattierten die Betroffenen samt Anwältinnen zum Teil lautstark auf dem Flur. Das Ergebnis: kein Kompromiss. Zurückgekehrt in den Gerichtssaal sagt Ortschef Gödert: "Ich warte auf einen Vorschlag, der den Gleichheitsgrundsatz wahrt, auch gegenüber denen, die vorher eine Absage erhalten haben." Die Ortsgemeinde bleibt bei dem Antrag, die Klage abzuweisen. Der Richter kündigt an, die Entscheidung schriftlich zuzustellen.Extra: GRÄBER VORZEITIG ABGERÄUMT


Etwa acht Reihengräber mit einer Liegezeit von 25 Jahren sollen laut Margot Pletsch auf dem Freudenburger Friedhof oberirdisch vorzeitig abgeräumt worden sein. Auf TV-Anfrage dazu sagte Ortsbürgermeister Bernd Gödert, er wolle sich vor dem Urteil nicht mehr zum Thema Friedhof äußern. Im Schriftverkehr der Anwältinnen dazu hat die Ortsgemeinde diese Vorfälle laut Pletsch bedauert. Dazu komme es immer wieder. Das könne man der Ortsgemeinde nicht vorwerfen, habe es geheißen.

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