Kein Windkraft-Verbot in Kernzone

Osburg/Kell/Schillingen · Die klare Mehrheit der Mitglieder im Trägerverein für den Naturpark Saar-Hunsrück hält nichts davon, dass dessen Kernzonen für den Bau von Windrädern tabu sein sollen. Zum Naturpark gehören auch große Teile der Verbandsgemeinde Ruwer, darunter die Kernzone Osburger Hochwald.

Osburg/Kell/Schillingen. Der Vorstoß kam überraschend und außerplanmäßig. In der Mitgliederversammlung des Naturparkvereins in Kell sollte eigentlich schwerpunktmäßig über die Frage diskutiert werden, wie der Naturpark Saar-Hunsrück vom künftigen Nationalpark Hunsrück-Hochwald profitieren kann.
Der Schillinger Ortsbürgermeister Markus Franzen wollte aber ein ganz anderes Thema in den Vordergrund rücken - die Windkraft. "Wenn es Aufgabe des Naturparks ist, die Kulturlandschaft zu erhalten, dann sollten in der Kernzone auch keine Windräder erlaubt sein", sagte der CDU-Politiker aus der Verbandsgemeinde (VG) Kell (siehe Hintergrund).
Er stellte deshalb den Antrag, dass die Mitgliederversammlung ein Signal an die rheinland-pfälzische Landesregierung setzen sollte und sie dazu auffordert, in der Naturparkverordnung den Bau von Anlagen in der Kernzone zu verbieten. "Das wollen wir aber gar nicht", war die spontane Reaktion des Weiskircher Bürgermeisters Werner Hero (CDU). Das Verhältnis zwischen ihm und Franzen ist schon seit langem angespannt, weil die Gemeinde Schillingen die aktuell laufende Errichtung von vier Rädern auf dem zu Weiskirchen gehörenden Schimmelkopf schon seit der Planungsphase scharf kritisiert (der TV berichtete mehrfach).Sieben besondere Schutzgebiete


Im Naturpark gibt es nur auf rheinland-pfälzischem Gebiet, nicht aber im saarländischen Teil Kernzonen. Im Hochwald und Hunsrück planen mehrere Gemeinden Windparks in diesem Bereich - unter anderem Beuren (VG Hermeskeil) oder Malborn (VG Thalfang).
Die Malborner Ortschefin Petra-Claudia Hogh sagte gestern auf TV-Anfrage: "Wenn man Windräder in der Kernzone nicht von vorneherein verbietet, dann heißt das doch noch lange nicht, dass man dort auch automatisch bauen darf." Es gebe für jede Anlage vor der Genehmigung noch eine Prüfung. Zu Franzens Vorstoß sagt Hogh: "Ich finde, man sollte auch die Konsequenzen für andere Gemeinden bedenken. Für uns hätte ein Verbot gravierende Auswirkungen."
In der Versammlung des Naturparkvereins schlossen sich von mehr als 50 anwesenden Mitgliedern nur noch zwei Franzens Antrag an. Alle anderen stimmten dagegen. Der Vorsitzende des Naturparkvereins, der St. Wendeler Landrat Udo Recktenwald, hatte zuvor betont, dass nach seiner Auffassung "Naturschutz und die erneuerbaren Energien nicht gegeneinander ausgespielt werden sollten".
Die sieben Kernzonen im rheinland-pfälzischen Teil des Naturparks haben zusammengerechnet eine Fläche von 33 000 Hektar. Es sind das Mannebachtal, Saartal-Leukbachtal, Osburger Hochwald, Schwarzwälder Hochwald (Ost und West), Neuhof-Abentheuer sowie südöstlicher Hochwald. Früher war der Bau von Windrädern in der Kernzone strikt verboten. Das ist inzwischen aber nicht mehr der Fall. Nach Aussage des Landes bedarf es bei Plänen in diesem Bereich nun der Einzelfallprüfung.
Der Naturpark Saar-Hunsrück erstreckt sich auf einer Gesamtfläche von über 200 000 Hektar über die sieben Landkreise Bernkastel-Wittlich, Trier-Saarburg, Birkenfeld, St. Wendel, Merzig-Wadern, Saarlouis und Neunkirchen. Der rheinland-pfälzische Gebietsanteil liegt bei 92 000 Hektar.Meinung

Zweifelhafte Forderung
Andere Länder, andere Sitten - und auch andere Schutzregeln: Das ist nur eins der beinahe unzähligen Probleme, die es in der schwierigen Frage um die richtigen Standorte für neue Windräder in der Region gibt. Vom Grundsatz her hat Schillingens Ortschef Franzen recht: Kernzonen eines Naturparks, die den Zweck der "Erholung in der Stille" erfüllen sollen, erscheinen für den Bau von Anlagen denkbar ungeeignet. Nur sieht die Wirklichkeit schon jetzt ganz anders aus. Weil das Saarland keine Kernzonen kennt, rotieren entweder bereits fleißig auf den Grenzkämmen die Räder (Judenkopf/Greimerath) oder sie wachsen gerade aus dem Wald (Schimmelkopf/Weiskirchen). Insofern ist es - zumindest was die von den Saarländern schon vorbelasteten Bereiche angeht - eine zweifelhafte Forderung, dass sich ein paar Hundert Meter weiter auf rheinland-pfälzischem Terrain generell nichts drehen darf. Anders sieht es in den bisher noch unberührten Gebieten der Kernzone aus. Sie auch in Zukunft windradfrei zu halten, wäre sinnvoll. a.munsteiner@volksfreund.deExtra

Der länderübergreifende Nationalpark Hunsrück-Hochwald wird an Pfingsten 2015 auf einen insgesamt 10 000 Hektar großen Fläche im Staatswald eröffnet. Er wird dann in das viel größere Gebiet des seit 1980 bestehenden Naturparks eingebettet. Ziel einer engen Kooperation zwischen Naturpark und Nationalpark sollte ein "funktionales Schutzgebietsystem" und die Bildung einer gemeinsamen Dachmarke sein. Der Arbeitstitel dafür lautet "Nationale Naturlandschaften". Damit wird eine gemeinsame Vermarktung und Öffentlichkeitsarbeit angestrebt. Unter anderem soll es ein gemeinsames Logo und einen gemeinsamen Veranstaltungskalender für Nationalpark und Naturpark geben. Die Mitglieder des Trägervereins stimmten für die Bildung eines Arbeitsausschusses, der Strategien für die Zusammenarbeit und Projekte - etwa im Bereich der Umweltbildung - vorbereiten soll. Der Naturpark hat in Hermeskeil, wo auch der Vereinssitz ist, und Weiskirchen zwei Informationszentren. 2015 wird die Geschäftsstelle des Naturparkvereins im Hinblick auf die Verzahnung mit dem Nationalpark mit zwei neuen Mitarbeitern verstärkt. Diese Stellen werden vom Land finanziert. Der Naturpark hat dann sieben Mitarbeiter. axExtra

In einer Resolution fordert der Weinbauverband Mosel, dass keine Windräder im Sichtfeld der Mosel errichtet werden dürfen. Der Verband ist strikt gegen neun geplante Windräder auf den Höhenrücken des Moseltals bei Riol und Mehring (der TV berichtete). Das von vielen Millionen Touristen besuchte Weinanbaugebiet Mosel gehöre zu den schönsten Flusslandschaften der Welt und produziere die besten Rieslingweine. Es sei ein Skandal, heißt es in der Resolution, wenn sogar Kommunen, die sich mit Stolz als Weinbaugemeinden bezeichnen, aus offensichtlich rein finanziellen Gründen große Windanlagen auf die Höhenkanten der Weinberglandschaft stellen wollen. red/sim

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort