"Keiner baut so solide wie die Römer"

KASTEL. Bei Grabungen auf privaten Baugrundstücken sind Fachleute des Rheinischen Landesmuseums Trier vermutlich auf ein römisches Heiligtum gestoßen. Einige Meter weiter, in der Oligskaul, hat ein Grabungstechniker nach Experteneinschätzung Teile eines Kult-Theaters freigelegt.

 Stolz auf die jüngsten Funde in Kastel: Hans Nortmann (gestikulierend), Harald Lehnertz (daneben). Foto: Susanne Windfuhr

Stolz auf die jüngsten Funde in Kastel: Hans Nortmann (gestikulierend), Harald Lehnertz (daneben). Foto: Susanne Windfuhr

Nicht nur die Trierer müssen damit leben, sondern auch die Menschen in der Saargemeinde Kastel: Wer wo auch immer zu "buddeln" beginnt, muss damit rechnen, auf historische Funde zu stoßen. Für die Menschen in Kastel ist dies sogar seit 1997 amtlich: Seit diesem Zeitpunkt gilt Kastel als Grabungsschutzgebiet. "Bauwillige wissen, dass sich ihre Pläne durch Grabungen des Landesmuseums zeitlich verzögern können", erläuterte Ortsbürgermeister Harald Lehnertz gestern bei einem Pressetermin. Diese Erfahrung machen derzeit auch zwei private Bauherren, die in der Nähe der zentralen höchsten Kuppe des Plateaus ihre Häuser errichten, wenige Meter vom Ehrenfriedhof entfernt. Dort ist ein zwölf- bis 15-köpfiges Grabungsteam, bestehend aus Experten des Rheinischen Landesmuseums Trier und sechs "Ein-Euro-Kräften", bei Grabungen auf aufschlussreiche Funde gestoßen. Überraschend sei dies keineswegs für die Fachleute, erläuterte Hans Nortmann, Archäologe am Landesmuseum Trier. "Kastel ist vom Dorfkern bis zur Kirche eine der bedeutendsten Grabungsstätten der Region. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde versäumt, etwas auf die Bremse zu treten. So ist das Baugebiet in die archäologische Zone hineingewachsen." Die aktuellen Grabungsergebnisse wertet Nortmann als "Schlüssel dafür, warum es nach der römischen Zeit hier weiterging". Gleich am ersten Tag nach Grabungsbeginn sei eine 75 Zentimeter dicke Mauer, beziehungsweise deren Überreste, entdeckt worden. "Die war super fundamentiert. Da keiner so solide baut wie die Römer, wussten wir den Fund einzuordnen." Wenig später sei das Team auf eine zweite Mauer gestoßen - ein klares Indiz für einen Säulenumgang und einen abgegrenzten Hof. "Hier kann es sich nur um ein Heiligtum handeln. Wahrscheinlich stand ein Tempel, oder zumindest ein Tempelchen dort, und auf dem Hof mehrere Altäre", erläuterte Nortmann. Dass ein Heiligtum gerade auf der abgeschiedenen Höhe Kastels errichtet wurde, ist für Nortmann durch folgenden Umstand erklärbar: "Durch die Kirche am Ende dieser Straße war hier oben schon immer etwas Heiliges." Auf dem Gelände vorgefundene große Erdlöcher seien Hinweise auf eine ältere Bebauung. "Das müsste aus der spätkeltischen Zeit stammen, als Holzbebauung üblich war." Hinter einer auf dem gleichen Areal ausgenommenen metertiefen Grube vermutet Nortmann "den Ansatz eines Brunnen-Schachtes. Das ist das erste Mal, dass wir hier oben eine Stelle gefunden haben, wo die Menschen Wasser schöpfen konnten." Einige Meter höher, in der so genannten Oligskaul, die ursprünglich für den Erdaushub während der Bautätigkeiten der Privatleute vorgesehen war, hat Grabungstechniker Bruno Kremer einen unglaublichen Fund gemacht. "Wir gehen davon aus, hier auf Überreste eines gallo-römischen Kult-Theaters mit einem Durchmesser von 60 bis 70 Metern und etwa 3000 Plätzen für Zuschauer gestoßen zu sein." Diesen Fund will die Ortsgemeinde nach Auskunft Lehnertz' auf jeden Fall erhalten. "Wir müssen prüfen, ob wir Fördergelder über das Projekt ,Straße der Römer' bekommen." Die Mauerfunde auf dem Privatgrundstück will der Bauherr nach Auskunft Nortmanns in seinen Neubau integrieren. "Die Löcher und die Grube werden wir zuschütten, sobald wir unsere Forschungsarbeiten an Ort und Stelle abgeschlossen haben." Bis Einbruch des Winters sollen die Arbeiten beendet sein.

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