Kell verzichtet auf neue Großprojekte

Kell am See · Die an Pfingsten eröffnete Minifußballanlage ist das jüngste von vielen Großprojekten, die die Ortsgemeinde Kell am See verwirklicht hat. Doch nun will die Kommune bei Neuanschaffungen einen Gang zurückschalten. Der Rat hat am Dienstag einstimmig den Etat 2011 verabschiedet. In ihm sind Investitionen für 143 500 Euro vorgesehen.

Kell am See. "Es wurden in den zurückliegenden Jahren enorme Anstrengungen unternommen, um neuen Schwung in unsere Gemeinde zu bringen. In Kell wurden mehrere Millionen Euro investiert. Jetzt ist aber die Zeit gekommen, kleinere Brötchen zu backen."
Mönch im See wird saniert


Mit diesen Worten brachte Ortsbürgermeister Markus Lehnen (CDU) am Dienstagabend in seiner Haushaltsrede seine Vorstellungen über den künftigen Kurs der 2000-Einwohner-Kommune auf den Punkt. Der Gemeinderat - er besteht aus der CDU-Fraktion und dem parteilosen Horst Zimmert - folgte geschlossen dieser vorgeschlagenen Marschrichtung. Er stimmte am Dienstagabend dem Etatplan 2011 einhellig zu.
In Kell ist in der jüngeren Vergangenheit unter anderem ein großes Neubaugebiet entstanden, der Dorfpark Dumpert und das Umfeld des Ruwer-Hochwald-Radwegs wurden neu gestaltet. Auf einem Teil der brachliegenden Flächen des Gewerbegebiets Grammert steht seit einem Jahr eine Photovoltaikanlage. Dafür hat die Kommune eine eigene Betreibergesellschaft gegründet.
Die neueste Errungenschaft im stark touristisch geprägten Ort ist eine zusätzliche Freizeitattraktion. Mit finanzieller Hilfe des Privatmanns Felix "Boy" Cloos - ein luxemburgischer Geschäftsmann - wurde für rund 600 000 Euro eine Minifußballanlage inklusive Gastronomiegebäude errichtet. Dieser Geschicklichkeitsparcours mit zehn Stationen wurde an Pfingsten eröffnet. Noch wird die Anlage von der Kommune betrieben. "Wir suchen aber für sie einen Pächter", so Lehnen.
Zurzeit laufen in Kell noch zwei weitere große Bauprojekte, die jedoch von der Verbandsgemeinde (VG) bezahlt werden - und zwar die Freibadsanierung und das neue Feuerwehrgerätehaus. In Kell hat aber nicht nur die öffentliche Hand viel Geld ausgegeben.
Wichtig für die Infrastruktur des Orts war zum Beispiel das Engagement des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), das in Kell ein Seniorenheim gebaut hat.
Gemessen an den früheren Ausgaben, wird die Ortsgemeinde im Jahr 2011 nur ein relativ schmales Investitionspaket schultern. 143 500 Euro sind für neue Projekte vorgesehen. Neben vielen kleineren Posten wird die Kommune in diesem Jahr vor allem die geplante Erweiterung des Kindergartengebäudes beschäftigen. Die Ortsgemeinde sitzt bei diesem Vorhaben mit geschätzten Gesamtkosten von 260 000 Euro finanziell mit im Boot. Sie soll einen Zuschuss von 63 000 Euro beisteuern. Die anderen Geldgeber sind das Bistum, der Kreis und das Land. Klar ist heute schon, dass - ähnlich wie im benachbarten Schillingen - die Kirche die Bauträgerschaft für den Kindergarten an die Kommune abgeben will.
Im Rat war man sich einig, dass man an dieser Übernahme der Bauträgerschaft nicht vorbeikommen wird. Planungskosten von 10 000 Euro sind für die Sanierung des sogenannten Mönchs im Stausee vorgesehen. Dieses Bauwerk reguliert den Wasserstand. Die insgesamt circa 250 000 Euro teuren Arbeiten werden aber erst 2012 laufen. Die Gemeinde hat zur Finanzierung des Vorhabens aber bereits jetzt den Kurbeitrag erhöht, den die Urlaubsgäste in Kell zahlen.
Die Einrichtung eines Caravan-Stellplatzes zwischen Minifußballanlage und Hochseilgarten sowie ein neuer Außenanstrich für die "Alte Mühle" sind zwei weitere Projekte, deren Umsetzung der Rat in naher Zukunft für wichtig hält.
Die Ortsgemeinde Kell am See hat seit circa 20 Jahren in ihren Etats unterm Strich ein Minus stehen. Das aktuelle Defizit im Ergebnishaushalt, der auch die Abschreibungen für früher getätigte Investitionen enthält, liegt bei 534 887 Euro. Zwar sind die Steuereinnahmen der Gemeinde gestiegen. "Die Messzahlen liegen mit rund 1,2 Millionen Euro auf einem Höchststand", so Verbandsgemeinde-Bürgermeister Werner Angsten (CDU). Das hat aber auch zur Folge, dass Kell in diesem Jahr keine Schlüsselzuweisungen - eine Art Ausgleichszahlung für finanzschwache Kommunen - vom Land erhält. Durch die Investitionen der Vergangenheit ist der Schuldenberg der Kommune auf rund 2,9 Millionen Euro gewachsen. Um ihn abzutragen, setzt die Gemeinde vor allem auf den Verkauf von Grundstücken im Neubaugebiet. Wenn wie geplant dieses Jahr acht Parzellen den Besitzer wechseln, bringt das der Gemeinde 500 000 Euro. Dieser Erlös soll zur Schuldentilgung genutzt werden. ax Stellungnahmen zum Haushalt: Johannes Reitz (Sprecher CDU-Fraktion): "Wir haben viel getan, um die Lebensqualität in unserer Gemeinde zu erhöhen. Jetzt verabschieden wir einen Sparhaushalt, in dem nichts unnötiges drin steht. Es ist nicht verkehrt, dass wir jetzt kleinere Brötchen backen wollen." Horst Zimmert (parteilos): "Der aktuelle Haushalt ist die logische Fortentwicklung früherer Jahre. Die Investitionen sind richtig gewesen. Als letztes Glied in der Kette können wir einen ausgeglichenen Haushalt aus eigener Kraft nicht mehr schaffen. Dafür wären eine grundsätzliche Änderung von oben und eine bessere Finanzausstattung der kleinen Kommunen nötig." Werner Angsten (VG-Chef, CDU): "Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ortsgemeinde Kell sind geordnet. Es sind im Etat überschaubare Investitionen vorgesehen. Mit 95 000 Euro liegt die Neuaufnahme von Krediten auf einem bescheidenen Niveau. Man wird in diesem Haushalt nichts finden, was man streichen könnte. Zu 80 Prozent besteht der Haushalt aus fest geschriebenen Posten und Pflichtaufgaben, an denen die Gemeinde gar nichts ändern kann." ax

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