Keller nehmen 72 Asylbewerber auf - Mehr als 300 Bürger informieren sich über die neuen Wohncontainer in ihrem Ort

Kell am See · Einen Tag nach dem Infoabend in Reinsfeld haben sich am Mittwoch auch die Bürger von Kell mit der baldigen Ankunft von Flüchtlingen in ihrem Ort beschäftigt. Bei der Versammlung bekundeten viele der über 300 Zuhörer in der Sporthalle ihre Zustimmung zum Kurs des Gemeinderats. Der hatte beschlossen, dass der Kreis Wohncontainer für 72 Asylbewerber neben der Alten Mühle, also mitten im Dorf, aufstellen darf.

Kell am See. Am Ende des Infoabends ist es dem Keller Ortschef offenbar ein wichtiges Anliegen, die über 300 Zuhörer in der Sporthalle zu loben: "Wir haben heute eine hervorragende Versammlungskultur gezeigt. Wenn wir das in eine ebensolche Willkommenskultur für die Flüchtlinge umwandeln, dann hätten wir schon sehr viel erreicht", sagt Markus Lehnen (CDU).
Nächste Woche lässt der Kreis Trier-Saarburg auf dem Platz neben der Alten Mühle Wohncontainer aufstellen, damit er dort ihm zugewiesene Asylbewerber unterbringen kann. Bis zu 72 Flüchtlinge werden ab 1. November nach und nach dort einziehen (der TV berichtete am 9. Oktober).Integration mitten im Dorf


Mehrfach betonen die Gemeindevertreter an diesem Abend, dass die Wahl des Standorts eine bewusste und einstimmige Entscheidung des Rats war. Lehnen fasst das so zusammen: "Unsere Meinung ist: Wenn wir Flüchtlinge aufnehmen und integrieren wollen, dann muss das mitten im Dorf geschehen und nicht auf der grünen Wiese, wo wir ein Ghetto schaffen würden."
Bernd Kettern begrüßt das ausdrücklich. Er ist Direktor des Caritasverbandes Trier, der die Betreuung der Asylbewerber in den Keller Wohncontainern übernimmt und dort einen Sozialarbeiter vor Ort haben wird. Die zentrale Lage der Unterkunft hat für Kettern den Vorteil, "dass nachher für jeden zu sehen sein wird, was klappt und was nicht klappt". Der Caritas-Direktor appelliert an die Keller: "Suchen Sie den Kontakt und die Kommunikation mit den Flüchtlingen!"
Hörbaren Rückhalt erfährt der Kurs des Rats auch vom Publikum in der Halle. Denn als Horst Zimmert von der Wählergruppe Jäger - neben der CDU die andere Ratsfraktion - sagt: "Ich bin überzeugt, dass die große Mehrheit der Bürger hinter unserem Beschluss steht", gibt es viel Applaus.
Was die Aufnahme von Asylbewerbern angeht, scheint die Grundstimmung der Einwohner von Kell also eher positiv zu sein. So jedenfalls der Eindruck an diesem Abend. Das bedeutet allerdings nicht, dass es keine kritischen Nachfragen gegeben hätte oder keine Bedenken geäußert wurden.
Heinz Erschens würde zum Beispiel gerne erfahren, aus welchen Herkunftsländern die 72 Asylbewerber kommen und ob es sich bei ihnen um Familien oder eher um alleinreisende Männer handelt. Wie schon am Vorabend in Reinsfeld muss dieses Mal Joachim Christmann als Vertreter des Kreises darauf hinweisen, dass er diese Frage nicht beantworten kann. Denn der Kreis erhält erst mit kurzer Vorlaufzeit die Information, wer die Flüchtlinge sind, die ihm aus den Erstaufnahmestellen des Landes zugewiesen werden.
Ein anderer Bürger meldet sich zu Wort und will wissen, ob es bei der Zahl von 72 Asylbewerbern bleibt oder dort möglicherweise in Zukunft noch weitere Container dazukommen. Am Standort Alte Mühle sei dafür kein Platz mehr. Die Kapazität sei also ausgereizt, sagt Christmann.
An dieser Stelle hakt Lehnen aber ein und betont: "Wir wollen hier nichts verschweigen. Es ist möglich, dass sich an anderer Stelle etwas tut. Wir können hier heute Abend aber nur Fakten reden." (siehe Extra)
Und das sind die Menschen, die bald in den Wohncontainern an der Alten Mühle eintreffen. Wie in Reinsfeld und der dortigen Gemeinschaftsunterkunft in einer früheren Pension werden dort Asylbewerber mit einem laufenden Antragsverfahren leben. Sie versorgen sich selbst - gehen also mit dem Geld, das sie als Regelleistung erhalten, einkaufen und kochen in den Küchen, die in den Containern eingebaut sind.
Dienststellenleiter Michael Wahlen kündigte an, dass die personell aufgestockte Hermeskeiler Polizei in Reinsfeld und Kell verstärkte Präsenz zeigen wird.Extra

Kommt nach Kell noch ein zweites Flüchtlingsheim? Dieses Gerücht hält sich, wie im TV bereits berichtet, hartnäckig im Ort. Gemeindechef Markus Lehnen ging gleich zu Beginn der Bürgerversammlung auf diese Spekulationen ein. Nach seiner Auskunft haben die Besitzer des Hotels St. Michael bisher mit dem Kreis lediglich "Vorgespräche geführt. Es gibt aber keine Miet- oder Kaufvereinbarung. Es kann also sein, dass sich etwas ergibt. Es kann aber auch sein, dass sich nichts ergibt", so Lehnen. Damit gleicht die Situation in Kell der im benachbarten Reinsfeld. Dort steht fest, dass ab November 40 Asylbewerber in die frühere Pension Zum Rösterkopf einziehen. Dem Kreis liegt aber auch ein Angebot vor, Flüchtlinge im leerstehenden Hotel Haus am Park unterzubringen. ax

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort