Keller Rat streitet über Windkraftstandorte

Kell/Zerf · Die Verbandsgemeinde (VG) Kell am See will in eigener Regie Windräder aufstellen und betreiben. Dafür werden zwei oder drei geeignete Flächen gesucht. Über die künftigen Standorte gab es im VG-Rat schon jetzt Streit. Die SPD war mit der Vorauswahl in der neuen Windkraftstudie nicht einverstanden, weil darin das von der Ortsgemeinde Zerf favorisierte Gebiet fehlt.

Kell/Zerf. "Wir dürfen nicht in eine Standortdiskussion verfallen", mahnte Werner Angsten (CDU). Doch der Appell des Keller Bürgermeisters blieb erfolglos. Fast zwei Stunden redete sich der VG-Rat über das Thema "Windkraft" die Köpfe heiß. Am Ende scheiterte das Ringen um einen einstimmigen Beschluss.
Als Knackpunkt erwies sich dabei eine Karte. Sie macht die ersten Ergebnisse deutlich, die das beauftragte Trierer Büro BGH Plan bei seiner Windkraftstudie für die VG Kell gewonnen hat. Die Gutachter haben im VG-Gebiet nach geeigneten Flächen für künftige Windräder Ausschau gehalten. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Genehmigung dieser Anlagen dürften in der zweiten Jahreshälfte 2013 geschaffen sein, so Reinhold Hierlmeier vom Büro BGH. Die Frage, wo sich später Räder drehen können, ist von verschiedenen Kriterien abhängig. So spielten der Abstand zur Wohnbebauung oder die Lage in geschützten FFH (Flora-Fauna-Habitate) bei den Betrachtungen eine Rolle.
Letztendlich wurden sechs Gebiete ausfindig gemacht, die aus Sicht der Experten als mögliche Windkraftstandorte infrage kommen. Allerdings betonte Hierlmeier, dass es sich lediglich um eine "Vorauswahl" handele, in die einige Aspekte - wie zum Beispiel die Frage nach den Auswirkungen auf das Landschaftsbild - noch nicht eingeflossen sind. Der Vorentwurf war als Grundlage für die weiteren Gespräche eines Arbeitskreises gedacht, den die VG in Sachen Windkraft einrichten will. Er soll sich auf "zwei oder drei Standorte" - so Angsten zum TV - verständigen, die in Zukunft als Windparks dienen sollen. Die vorgeschlagenen sechs Gebiete befinden sich:
im Bereich des Dreikopfs bei Lampadenwestlich von Baldringen und Henternöstlich von Greimerathzwischen Mandern und Zerfsüdlich von Waldweiler im Bereich Teufelskopfnördlich von Schillingen.Doch der Zerfer Ortsbürgermeister Manfred Rommelfanger (SPD) akzeptierte es nicht, dass ein siebtes Gebiet auf der Karte fehlte - und zwar das von seiner Gemeinde bevorzugte Gebiet, das südöstlich vom Hirschfelderhof in der Nähe der Landesgrenze und der Straße nach Weiskirchen liegt. "Wir werden unseren Projektvorschlag nicht aufgeben und fordern, dass er gleichberechtigt berücksichtigt wird", betonte Rommelfanger. An dieser Haltung änderte auch Hierlmeiers Hinweis nicht, dass sich dort ein FFH-Gebiet befindet. "Wenn wir diese Fläche mit reinnehmen, müssen wir den ganzen Kriterienkatalog neu ansetzen. Das würde darauf hinauslaufen, dass wir den gesamten Hochwald-Kamm freigeben."
Sascha Kohlmann (CDU) kritisierte den Zerfer Vorstoß. "Das hat mit Fairness nichts zu tun. Wir können nicht einfach einen Standort hervorheben. Auch andere Gemeinden haben bei der Windkraft schon Vorarbeit geleistet." Die CDU machte deshalb den Vorschlag, dass das Büro BGH "alle vorgetragenen Hinweise und Anregungen" aus den windkraftwilligen Dörfern überprüfen solle. Das war Rommelfanger zu wenig. Weil der Zerfer Wunsch nicht berücksichtigt wurde, lehnte die SPD den Entwurf ab. Die CDU billigte ihn aber mit ihrer Mehrheit.Meinung

Stürmische Zeiten in Sicht
Auf die VG Kell kommen stürmische Zeiten zu. Schon in diesem frühen Stadium hat sich in der jüngsten Ratssitzung angedeutet, dass unter den Kommunalpolitikern ein Hauen und Stechen beginnen könnte - und zwar um die Frage, wo sich später Windräder drehen dürfen. Die Idee, selbst Betreiber der weißen Riesen zu werden und deren Einnahmen solidarisch zu verteilen, klingt zwar gut. Doch erstens ist bei diesem Vorschlag die Finanzierungsfrage noch gar nicht geklärt - und zweitens wird nicht nur die Ortsgemeinde Zerf darauf pochen, dass ihr Wunschstandort zum Zug kommt. So haben die Waldweilerer ihre Planungen im Bereich des Teufelskopfs schon weit vorangetrieben und zudem mit dem Anlagenbauer "Juwi" einen Investor an der Hand, der pro Jahr 300 000 Euro zahlen will. Und dieses Geld würde wohlgemerkt nur in die Waldweilerer Kasse fließen. Andererseits ist schon jetzt klar, dass die Gemeinden Schillingen und Mandern gegen Räder auf dem Teufelskopf kämpfen werden. Diese wären zwar wegen der großen Windhäufigkeit auf der 695 Meter hohen Erhebung äußerst ertragreich. Sie würden sich aber in der Kernzone des Naturparks Saar-Hunsrück befinden und wären weithin sichtbar. Kurzum: Es wird sehr schwierig, sich in der VG Kell auf Windkraftstandorte zu einigen, ohne dass sich einzelne Orte bei dieser Entscheidung benachteiligt fühlen. müssen a.munsteiner@volksfreund.deExtra

Die VG Kell will selbst Träger und Betreiber der Windräder werden, die sich künftig auf ihrem Gebiet drehen. Diesen Grundsatzbeschluss - der auf einem Vorschlag der CDU-Fraktion beruht - hat der VG-Rat bei drei Gegenstimmen (aus den Reihen der SPD) beschlossen. Geplant ist, dass dafür eine Gesellschaft gegründet oder beim Eigenbetrieb VG-Werke eine neue Abteilung "Energiewirtschaft" eingerichtet wird. Für das technische Know-how will die VG eine Kooperation mit einem Partner aus der Windkraftbranche eingehen. Der neue VG-Arbeitskreis soll zudem klären, wie viel Geld es kostet, wenn die VG selbst die Windräder aufstellt und betreibt und wie sich das finanzieren lässt. Vorbild ist die Ortsgemeinde Kell. Sie hat 2010 im Industriegebiet in eigener Regie einen Solarpark gebaut und dafür eine neue Gesellschaft gegründet. Vorgesehen ist, dass die künftigen Ertäge aus dem Betrieb von Windkraftanlagen in einen großen gemeinsamen Topf fließen sollen. Das Geld soll zum Schuldenabbau der VG verwendet werden beziehungsweise dazu dienen, die VG-Umlage zu senken. Dadurch würden alle 13 Dörfer finanziell entlastet. ax

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