Kitas brauchen ARD und ZDF nicht
Pluwig/Trier · Seit Anfang 2013 sind auch in bisher gebührenbefreiten Kitas Rundfunkgebühren fällig. Bei Verwaltungen, Politik und Kindergartenleitungen führt das zu Kopfschütteln. Sie hoffen darauf, dass die Gespräche zwischen ARD und ZDF sowie den kommunalen Spitzenverbänden die Situation wieder ändern.
Pluwig/Trier. Die ersten Gebührenbescheide sind bei den Verwaltungen im Kreis Trier-Saarburg eingetroffen. Und die Kommunen haben die ersten neuen Rundfunkgebührenbeiträge überwiesen. Ein Posten stößt den meisten übel auf: Auch für die bisher gebührenbefreiten Kindergärten müssen die Gemeinden zahlen.
Im Tawerner Gemeinderat zum Beispiel ging es um die Erhöhung der Sachkostenzuschüsse an die bistumseigene Kita gGmbH, die im Auftrag der katholischen Kirche Träger von mehr als 100 Kitas in der Region ist. Insgesamt zahlt die Gemeinde 1575 Euro mehr an das Unternehmen. Davon sind 215,76 Euro auf die Rundfunkgebühr zurückzuführen. Bei Einrichtungen mit bis zu acht Mitarbeitern sind 5,95 Euro pro Monat fällig. Weil die Tawerner Kita mehr als acht Mitarbeiter hat, muss sie monatlich 17,98 Euro für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bezahlen - für ein Angebot, das weder bei der Kinderbetreuung noch für die Mitarbeiter in Tawern eine Rolle spielt.
Privat nicht ins Internet
"Radio gibt\'s bei uns nie, Fernsehen grundsätzlich nicht", sagt Cäcilia Lauer, Leiterin des Tawerner Kindergartens St. Peter und Paul. Zwar habe die Kita ein Notebook, aber darauf werde nicht privat im Internet gesurft. Es diene zum Beispiel dazu, Fotos von Kindergartenfesten anzuschauen. Die öffentlich-rechtlichen Medien spielten keine Rolle.
Der Kindergarten in Tawern ist eine von 75 Kitas im Kreis Trier-Saarburg. Zwar hat nicht jede mehr als acht Mitarbeiter, aber etwa 95 Prozent der Einrichtungen. Hochgerechnet kommen so deutlich mehr als 10 000 Euro an Rundfunkgebühren aus den Kitas zusammen.
Auch die Gebühren der Kitas in Trägerschaft der bistumseigenen Kita gGmbH fallen auf die Kommunen zurück. Das Bistum zahlt für jede Betreuungsgruppe 1200 Euro an Sachkosten pro Jahr. Alles, was darüber hinausgeht, hängt an den kommunalen Haushalten und somit an den steuerzahlenden Bürgern.
Bei den Gemeindechefs in der Region kommt die Rundfunkgebühr für Kitas nicht gut an. "Jeder mit Menschenverstand würde hier sagen, in solchen Einrichtungen wird ein Bildungsauftrag für die Gesamtgesellschaft erfüllt. Also folglich sollten solche Einrichtungen von allen Gebühren und sonstigen Steuern entbunden werden", sagt zum Beispiel Wolfgang Annen, Ortsbürgermeister in Pluwig.
Die Wut der Basis trägt der deutsche Städte- und Gemeindebund im Auftrag der Kommunen an die öffentlich-rechtlichen Sender heran. Mit dem ZDF habe man schon verhandelt, ein Termin mit der ARD sei für Donnerstag, 7. März, angesetzt. Außerdem wolle der Gemeindebund bei allen Städten die Kosten abfragen. Danach werde der Verband die Zahlen genau prüfen und weiterverhandeln.
Neben dem kommunalen Spitzenverband führt auch die katholische Kirche, die deutschlandweit Träger von 9400 Kitas ist, über den Verband der Diözesen Deutschlands Gespräche mit ARD und ZDF.
Eine Klage strebe der Verband nicht an, sagt Matthias Kopp, Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz.
"Die in den Medien viel diskutierten Mehrbelastungen von Kommunen und Bistümern nehmen die Rundfunkanstalten ernst", sagt eine Sprecherin des Projektbüros Rundfunkgebühren beim Südwestrundfunk in Mainz. Es bestehe kein Interesse daran, dass es zu unvertretbaren Mehrbelastungen in diesen Bereichen komme.
In den Gesprächen würden die Gründe für die errechneten Zahlen ermittelt. "Sollten die Mehrbelastungen tatsächlich in der Struktur des neuen Modells begründet liegen, so liegt es in der Verantwortung der Politik, Korrekturen am aktuellen Finanzierungsmodell vorzunehmen."
Meinung
Perfide und ungerecht
Es ist gut, dass es in Deutschland öffentlich-rechtliche Sender gibt. Radiosender wie Deutschlandradio Kultur oder Deutschlandfunk, Fernsehsender wie Arte oder Phoenix bieten ein breites Informations- und Kulturangebot, das Privatsender so nicht leisten können. Dafür zahlen viele gerne ihre Rundfunkgebühren. Es kann aber nicht sein, dass staatlich subventionierte Medien aus öffentlichen Haushalten bezuschusst werden. Runfunkgebühren von öffentlichen Einrichtungen zu verlangen - egal welche Funktion sie erfüllen - ist ein Unding. Sind es soziale Einrichtungen wie Kindergärten oder Schulen, ist es geradezu eine Frechheit. Nicht, weil die öffentlichen Haushalte dadurch belastet werden oder weil die Kinder das Angebot nicht nutzen. Das ist moralisch fraglich, aber das eigentlich perfide daran ist, dass der normale Bürger doppelt zahlt. Er zahlt eine Haushaltsabgabe - unabhängig davon, ob oder wie er das öffentlich-rechtliche Angebot nutzt. Und er zahlt Steuern, mit denen zum Beispiel Kitas finanziert werden. Ein kleiner Teil des Steuergelds fließt nun wieder in ARD und ZDF. Die Sender kassieren doppelt beim Bürger ab. Das muss aufhören! Und da ist die Politik am Zug. c.kremer@volksfreund.de