Kitt für die Dorfgemeinschaft

Merzkirchen · Merzkirchen hat rund 840 Einwohner - und die verteilen sich auf sieben Ortsteile. Keine einfache Ausgangslage für den Aufbau einer sorgenden Dorfgemeinschaft. Dennoch will der Rat das Projekt mit den Bürgern angehen.

 Das Bild zeigt ein Problem der Mehrortsgemeinde: Merzkirchen ist im Hintergrund zu sehen. Der Ortsteil Portz ist mehr als einen Kilometer entfernt, andere Ortsteile liegen noch weiter weg. TV-Foto: Marion Maier

Das Bild zeigt ein Problem der Mehrortsgemeinde: Merzkirchen ist im Hintergrund zu sehen. Der Ortsteil Portz ist mehr als einen Kilometer entfernt, andere Ortsteile liegen noch weiter weg. TV-Foto: Marion Maier

Foto: (h_sab )

Merzkirchen Seit 2015 läuft in der Verbandsgemeinde Saarburg das Projekt der sorgenden Dorfgemeinschaften. Das sogenannte Saarburger Modell hat Mannebachs Ortsbürgermeister Bernd Gard angestoßen und die Verwaltung unterstützt es. Dabei geht es darum, Strukturen zu schaffen, die helfen, dass sich Einwohner aller Altersstufen in ihrem Ort möglichst wohlfühlen und lange fit bleiben. Und das trotz demografischer Entwicklung und den damit verbundenen Folgen wie sterbenden Vereinen, schwindenden Gasthäusern und Bäckereien sowie vielem mehr.
Erste Modellorte in der VG Saarburg sind Trassem und Kastel-Staadt. Matthias Faß, Dorfberater der Saarburger Verbandsgemeindeverwaltung, der die Orte beim Aufbau der sorgenden Dorfgemeinschaft (siehe Info) unterstützt, sagt: "Der Projektverlauf ist bislang äußerst erfolgreich und erfreulich." Es sei viel Engagement geweckt worden, die Bürger hätten bemerkenswerte Ideen umgesetzt. Doch wie funktioniert der Prozess in einer Mehrortsgemeinde wie Merzkirchen? Dittlingen, Kelsen, Körrig, Merzkirchen, Portz, Südlingen und Rommelfangen heißen die sieben, teils mehrere Kilometer auseinanderliegenden Ortsteile der 840 Einwohner zählenden Gemeinde. Dorfberater Matthias Faß unterstützte den Rat von Ortsbürgermeister Martin Lutz dabei, das Thema in seiner jüngsten Sitzung anzugehen.
Der 25-jährige gebürtige Waldracher, der in Trier Soziologie studiert, betonte in der Sitzung, dass das Fundament des Projekts die Bürgerbeteiligung sei. Zur Mehrortsgemeinde sagte er: "Es ist eine große Herausforderung, den Prozess dort zu starten." Dennoch schlug er vor, wie in den anderen Orten vorzugehen. Daraus könne sich vielleicht etwas ergeben, verschiedene Lösungen für die verschiedenen Probleme von Ort zu Ort. Eindringlich warnte er: "Man sollte keine Lösung vorgeben, denn das behindert die Nachhaltigkeit."
Die Diskussion im Rat begann mit Skepsis. "Warum sollten wir das machen? Es läuft doch", sagte ein Ratsmitglied. Um Ältere und Kranke werde sich gekümmert.
Auf Faß' Frage, ob nicht doch etwas besser zu machen sei, fragte Peter Hemmerling: "Wie sieht es mit der Gemeinde als solche aus? Da ist es ganz schwierig. In den Ortsteilen läuft es mehr oder minder, aber die Gemeinde Merzkirchen besteht nur auf dem Papier. Da gibt es kein Miteinander, wir kriegen nichts Gemeinschaftliches auf die Reihe." Früher hingegen habe es ein Feuerwehrfest gegeben, der Vatertag sei auf der Grillhütte gefeiert worden.
Daraufhin kam eine Diskussion in Gang. Den Vatertag wiederzubeleben, habe nicht funktioniert, hieß es einerseits. Vielleicht gelinge es aber, wieder junge Leute zu begeistern. "Die brauchen wir", hieß es andererseits.
Dissonanzen kamen aufs Tapet. So konstatierte ein Ratsmitglied, dass es in jedem Ort mehrere Gruppen gebe, die nicht miteinander könnten. Wenn der eine mitmache, komme der andere nicht. Ein anderes Mitglied sah Ansätze beim Sportverein. Merzkirchen kicke in einer Spielgemeinschaft, Fisch hingegen sei eigenständig. Vielleicht bekomme man da wieder mehr hin, lautete die vage Hoffnung. Auch schöne Erinnerungen kamen hoch. "Vor zehn, 15 Jahren haben wir bei Hildegard gesessen nach der Messe. Das hat Spaß gemacht, war keine Pflicht", meinte einer. Eine Bürgerversammlung dürfe auf keinen Fall eine Pflichtveranstaltung werden.
In diesem Sinne waren sich die Ratsmitglieder - ohne Abstimmung - schließlich einig, alle Bürger zu einem ersten Treffen in Sachen sorgende Dorfgemeinschaft einzuladen. Nichts solle erzwungen werden, man wolle sehen, wie die Stimmung sei. Ein Termin war zunächst für Ende November vorgesehen, musste dann jedoch wegen einer Terminkollision wieder verschoben werden. Ein neues Datum wird derzeit noch gesucht. Matthias Faß sagt zur Sitzung in Merzkirchen: "Die ist sehr gut gelaufen." Skepsis gehöre dazu.
Extra: SORGENDE DORFGEMEINSCHAFT


Gestartet ist das Saarburger Modell in Mannebach. Dort kann jeder in einer Dorfgesundheitshütte ein Basisgesundheitstraining absolvieren. Zudem gibt es Seniorenbegleiter, die Nachbarschaftshilfe wurde organisiert und ein Dorfmobil mit Fahrdienst für Jung und Alt angeschafft. Alle können zudem die Sport- und Freizeitanlage nutzen. Beim Aufbau einer sorgenden Dorfgemeinschaft werden die Bürger in einer ersten Versammlung für die Herausforderungen der Zukunft sensibilisiert. In Zukunftswerkstätten wird dann gemeinsam überlegt, wo Stärken und Schwächen des Orts liegen. Anschließend entwickeln die Bürger Ideen, wie sie die dörfliche Lebensqualität verbessern könnten. Arbeitsgruppen kümmern sich darum, diese Ideen umzusetzen. In Trassem und Kastel-Staadt sind je sechs Arbeitsgruppen aktiv zu Themen wie Dorfgemeinschaft, Gesundheit und Ernährung, Jugend und Seniorenbetreuung.

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