Kleine Monumente der Geschichte

WILTINGEN. "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist." Mit diesen Worten erklärt der Kölner Künstler Gunter Demnig sein Projekt "Stolpersteine", mit dem er Menschen gedenkt, die Opfer der Nationalsozialisten geworden sind.

In Wiltingen sollen auf Initiative von Ortschronist Thomas Müller ebenfalls "Stolpersteine" verlegt werden. In seiner jüngsten Sitzung hat der Ortsgemeinderat nach einer Aussprache der Aktion zugestimmt. Es ist mehr als eine Kunst-Aktion - sehr viel mehr. Dem Kölner Künstler Gunter Demnig gelingt es, mit seinem Projekt "Stolpersteine" die Erinnerung an Menschen und ihre Geschichte wach zu halten und sie künftigen Generationen zu überliefern. Die Zeit ist reif

Das ist auch der Grund, aus dem Thomas Müller, Wiltinger Dorfchronist, sich dafür einsetzt, dass in seinem Heimatort Wiltingen fünf dieser "Stolpersteine" vor dem ehemaligen Wohnhaus der jüdischen Familie Meyer verlegt werden. "Die Zeit ist reif, eine Erinnerung in Wiltingen anzubringen", erklärte Müller in der jüngsten Sitzung des Ortsgemeinderats, als er dem Gremium das Projekt und sein Anliegen vorstellte. Zunächst war der Tagesordnungspunkt für den nicht öffentlichen Teil der Sitzung angesetzt worden. Auf Antrag eines Ratsmitglieds wurde jedoch in Anwesenheit der Einwohner darüber gesprochen.Zwei Überlebende

Durch Artikel im Trierischen Volksfreund über das Verlegen von "Stolpersteinen" in Trier und Hermeskeil sei er auf das Projekt aufmerksam geworden, schilderte Müller. Der Kölner Künstler Gunter Demnig lasse vor den Häusern der ehemaligen jüdischen Bewohner kleine Gedenksteine mit beschrifteten Messingtafeln ein. Darauf soll in diesem Fall der fünfköpfigen Familie Meyer gedacht werden, die die einzige jüdische Familie in der Gemeinde war. Sie besaßen einen Krämerladen und betrieben Viehhandel. 1937/38 verkauften sie das Haus und zogen nach Trier. Die letzte Lebensstation dreier Familienmitglieder war ein Ghetto in Lodz, das die deutsche Besatzung in Litzmannstadt umbenannt hatte. Jetzige Besitzer sind von der Aktion sehr angetan

Gerda Meyer, die später nach Südafrika auswanderte und Edmund Silverin Meyer, der nach England ging und zu dem Thomas Müller Kontakt aufnehmen konnte, haben die Schrecken des Nationalsozialismus überlebt. Da es das Anliegen des Künstlers ist, die Familien im Gedenken wieder zusammenzuführen, sollen auch die beiden Überlebenden einen "Stolperstein" bekommen. Zu den jetzigen Bewohnern des Hauses habe er bereits Kontakt aufgenommen. Sie seien "von der Idee sehr angetan", erklärte Müller. Mit der Verlegung der Steine kämen keine Kosten auf die Gemeinde zu, da die Aktion über Spenden finanziert werde. Nur müsse der Rat der Verlegung auf dem gemeindeeigenen Bürgersteig zustimmen. Ortsbürgermeister Lothar Rommelfanger (SPD) sagte: "Ich würde das begrüßen." Es gehe bei der Aktion ja nicht darum, jemanden anzuklagen, sondern vielmehr darum, an die Menschen und an die schrecklichen Zeiten zu erinnern, bezog Rommelfanger Stellung zu dem Thema. Auch sein Parteikollege Helmut Ayl begrüßte Müllers Vorschlag, denn es sei wichtig, die Erinnerung - auch im Kleinen - zu transportieren. Zustimmung gab es bei der Sitzung auch seitens der CDU. Einladung an Familienmitglied

Edith Deges-Reinert erklärte die "uneingeschränkte Befürwortung ihrer Fraktion und richtete Lob und Dank für diese Initiative an Thomas Müller. Einigkeit herrschte dann auch bei der Abstimmung, einstimmig gab der Wiltinger Ortsgemeinderat grünes Licht für die Aktion. Die "Stolpersteine" werden voraussichtlich am 23. Februar im Zuge einer Gedenkfeier verlegt. Thomas Müller kündigte an, er werde wohl auch Edmund Meyer zu diesem Festakt einladen.

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