Kleine Splitter, große Wirkung

SAARBURG. Fast 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert im Alltag nur noch wenig an dessen unmittelbare Auswirkungen auf Mensch und Natur. Die Männer vom Forstamt Saarburg haben allerdings auch heute noch fast täglich mit den Folgen zu kämpfen.

Das Knattern hochtouriger Motoren erfüllt die Luft, ab und zu ist das Knarren brechenden Holzes beim Sturz eines Baums zu hören. Dann wieder das Geräusch von Kettensägen. Plötzlich lautes Knacken, schließlich Stille. Wieder einmal ist ein Waldarbeiter auf eine Hinterlassenschaft aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs gestoßen - einen Granatsplitter.Splitter können teure Sägeblätter ruinieren

Auch 60 Jahre nach den schweren Kämpfen zwischen amerikanischen und deutschen Truppen im Gebiet zwischen Saar und Obermosel treten die unmittelbaren Auswirkungen des Krieges manchmal noch zu Tage. Mitunter richten sie sogar Schaden an. Helmut Steuer, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit beim Forstamt Saarburg, berichtet: "Vor allem in den Stämmen von Bäumen, die 80 Jahre oder älter sind, stoßen wir nicht selten auf Munitionsreste." Verstärkt betroffen seien Waldgebiete in der Nähe von Ortschaften auf dem Saargau sowie Freudenburg, Trassem und Palzem. Die Größe der Granatsplitter liege meist im Zentimeterbereich. "Der größte, der gefunden wurde, hatte eine Länge von 25 Zentimetern", weiß Steuer zu berichten. Problematisch werde das Ganze, wenn eine Kettensäge auf das harte Metall stoße. "Im günstigsten Fall wird die Säge nur stumpf." Manchmal müsse ein Waldarbeiter jedoch die Kette wechseln. Um dem vorzubeugen, prüfen die Männer vor Beginn der Fällarbeiten potenziell betroffene Bäume mit einem Metalldetektor. Von außen sind die Splitterträger nicht zu erkennen. "Das Holz hat die Eintrittsstelle im Lauf der Jahre überwallt", erklärt Steuer. Reagiere der Detektor auf eingeschlossenes Metall, werde die Stelle am Stamm mit Farbe markiert und später herausgeschnitten. Dennoch könne oft nicht ausgeschlossen werden, dass das Holz absolut frei von Splittern ist. "Auf diese Hölzer gewähren wir dem Abnehmer einen so genannten Splitterabzug." Das sei jedoch in der Regel Verhandlungssache, und die Einnahmeeinbußen lägen im Schnitt bei lediglich rund fünf Prozent. Das größte Problem entsteht, wenn eine Maschine im Sägewerk - beispielsweise in Wawern oder Zerf - auf einen Granatsplitter stößt. Peter Schmitt vom Forstamt Saarburg: "Mit einem Nagel werden die Maschinen fertig, der harte Stahl eines Granatsplitters kann jedoch ein Sägeblatt völlig unbrauchbar machen." Die Folge seien mitunter hohe Ausfallzeiten für die Instandsetzung, die dem Forstamt in Rechnung gestellt würden. "Allerdings kommt das dank unserer Vorsichtsmaßnahmen eher selten vor, und im Fall der Fälle findet sich meist eine Einigung mit dem Betreiber des Sägewerks", berichtet Schmitt. Die Waldfläche im Bereich des Forstamtes Saarburg beträgt rund 23 000 Hektar und erstreckt sich über 14 Forstreviere zwischen Kell am See und Palzem sowie Taben-Rodt und Konz.Unbrauchbares Holz dient noch zum Heizen

Im Durchschnitt werden jährlich rund 100 000 Festmeter Holz geschlagen, die zu drei Vierteln ihren Weg zu Abnehmern im Inland finden. Der Rest geht nach Luxemburg, Frankreich, Belgien und in die Niederlande. Sogar in China schätzt man Holzprodukte aus heimischen Wäldern. Der Gesamtumsatz betrug im vergangenen Jahr rund 3,5 Millionen Euro. Die Ertragsverluste durch von Munitionsresten wertlos gewordenes Holz seien schwer zu beziffern, aber als eher gering zu bezeichnen, sagt Helmut Steuer. "Vollständig unbrauchbare Ware findet Verwendung als Brennholz." So ist der Zweite Weltkrieg auch sechs Jahrzehnte nach seinem Ende nicht nur fest in den Köpfen der Menschen verankert, mit seinen unmittelbaren Auswirkungen auf die Natur haben die Männer vom Forstamt Saarburg selbst heute noch fast täglich zu kämpfen. Nur langsam wird das Problem mit den Granatsplittern in den kommenden Jahren oder Jahrzehnten verschwinden. Denn: "Einige der Bäume können bis zu 200 Jahre alt werden", erklärt Steuer.

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