Koloss außer Kontrolle

KONZ. Eine böse Überraschung wird eine Konzer Familie erleben, wenn sie aus ihrem Sommerurlaub zurückkehrt. Am Dienstag ist gegen 12.30 Uhr ein Kranwagen in ihr Haus gerollt und hat dabei ein großes Loch in die Außenwand gerissen.

Die Arbeitsplatte der Küche wirkt wie ein Ausstellungstück, kein Brotkrümel ist zu sehen, nichts steht herum. Einzig über dem Backofengriff hängt ordentlich gefaltet ein Geschirrtuch. Es hängt neben Trümmern. Denn die Küche, die eine Konzer Familie vor ihrer Abreise in den Urlaub so ordentlich hinterlassen hat, ist nicht mehr das, was sie einmal war. Dort, wo vorher Fenster, Wand, Spüle und Spülmaschine waren, klafft nun ein großes, provisorisch mit Sperrholzplatten abgedecktes Loch. Der Küchenboden ist derart mit Trümmern und Staub übersät, dass die Farbe der Fliesen nicht auszumachen ist. Ein führerloser Autokran war gestern gegen 12.30 Uhr rückwärts in das Haus in der Niedermenniger Straße gerollt und hatte dabei das rund zwei mal zwei Meter große Loch in die Außenwand des Hauses gerissen. Zu Schaden gekommen ist dabei niemand - denn die sechsköpfige Familie, die in dem Haus wohnt, ist zurzeit in Urlaub. "Gott sei Dank", sagt Johann Owin, ein guter Freund der Familie, in der sengenden Hitze mit Blick auf die emsigen Feuerwehrleute. Seine Aufgabe würde es sein, am Unfallabend per Telefon die Urlaubsfreude seiner Freunde zu trüben. Der Fahrer des 40-Tonners eines Merziger Unternehmens war unterwegs zu einer Baustelle in der Konzer Albert-Schweitzer-Straße. Da er den Weg nicht finden konnte, hielt der 54-Jährige in der Niedermenniger Straße an. Er stieg aus und bat einen entgegenkommenden Autofahrer, Albert J. Rohles, um Hilfe. "Eingreifen war unmöglich, es war zu spät."

"Der Motor des Kranwagens lief," beschreibt Rohles, der mit seinem Wagen am gegenüberliegenden Bürgersteig gehalten hatte, die Situation. Mit dem Stadtplan in der Hand sei der Mann auf ihn zugekommen. Als Rohles, nachdem er die Wegbeschreibung gegeben hatte, gerade das Fenster wieder hochkurbeln und weiterfahren wollte, drehte der Fahrer des Kranwagens sich um und stellte mit Entsetzen fest, dass sein 40-Tonner auf der leicht abschüssigen Straße ins Rollen gekommen war. In einem Bogen - die Räder waren noch eingeschlagen - bewegte der Kran sich rückwärts auf das Haus zu. "Einzugreifen war unmöglich. Es war zu spät", sagt Rohles. Der Fahrer sei ganz blass geworden und habe sich setzen müssen, sagt Rohles. Noch zwei Stunden später war ihm der Schock deutlich anzusehen. Er sei einfach weggerollt, sagt der Mann im roten Arbeitsanzug leise. "Ich habe keine Ahnung, wie das passiert ist." Ironie des Schicksals: Er hätte nur wenige Meter weiterfahren müssen, um rechts in die gesuchte Straße einzubiegen. Da der Statiker Rohles schon einmal vor Ort war, konnte er der Feuerwehr gleich die nötigen Hinweise zur Sicherung der betroffenen Außenwand geben. "Ich kam gerade vom Einkaufen nach Hause und räumte meine Tasche aus, da gab es einen riesigen Krach", sagt Waltraud Clemens. Sie wohnt im gleichen Doppelhaus, eine Tür weiter. Dann sei ihr völlig verschreckter Hund angerannt gekommen. "Ich darf gar nicht zu Ende denken, was passiert wäre, wenn die Kinder da gewesen wären", sagt sie. "Es ist ein riesiges Glück, dass Ferien sind", sagt Johann Owin. Nicht nur, weil seine Freunde deshalb nicht zu Hause waren, sondern auch, weil noch wenige Tage zuvor genau zur Unfallzeit Scharen von Schulkindern auf ihrem Nachhauseweg durch die Niedermenniger Straße gegangen seien - auf jenem Bürgersteig, den gestern ein führerloser 40-Tonner querte.

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