Kolumne

Meinung Lebenswende im Unwetter - Was zählt eigentlich im Leben? Die Luft ist heiß und klebrig. Brodelnd türmen sich Wolkenberge schwarz und schwer.

Schon zucken die ersten Blitze über die weite Ebene. Gefolgt von unheilvollem Donnergrollen. Der junge Mann blickt sich angstvoll um. Kein Unterstand, keine Vertiefung. Nichts, was Schutz bieten kann. Er beschleunigt seinen Schritt. Vergeblich. Schon wenig später tobt das Unwetter. Lodernde Blitze schlagen in der Nähe ein. Todesangst. - "Wenn du mir hilfst, Gott, dann will ich ein Mönch werden." So schreit der junge Mann in seiner Not. Er überlebt das Unwetter. Und bleibt konsequent. Schon zwei Wochen später tritt er ein. Ins Augustinerkloster von Erfurt. Auf den Tag genau 506 Jahre ist das her. Am 2. Juli 1505 wurde ein Gewitter bei Stotternheim für diesen jungen Mann zu einer Lebenswende. Sein Name: Martin Luther. Im Kloster lernt der junge Mann, mit seiner Todesangst umzugehen. Er entdeckt Antworten auf seine Lebensfragen - im Studium der Bibel. Und diese Antworten führen ihn wieder aus dem Kloster heraus. Zurück in die Welt. Mitten hinein in den Alltag, in die Gesellschaft. Martin Luther erkennt: Gott ist nicht der unheilvoll Strafende. Gott ist gnädig, liebevoll, zugewandt. Gott ist der, der Heil schenkt. Trotz allem, was schiefgelaufen ist und trennt, von Gott und den Menschen. Gott ist der, der die Verbindung hält. Und zwar konsequent. Mehr als 500 Jahre ist das nun schon her. Dieses Unwetter und diese Lebenswende. Manches klingt für uns heute vielleicht fremd. Trotzdem: Auch wir können in unserem Leben an Punkte geraten, wo wir uns wie damals Martin Luther fragen: Was zählt eigentlich im Leben? Und was trägt mich - in diesem Leben und darüber hinaus? Ich meine: Die Antwort, die Martin Luther damals im Lesen der Bibel gefunden hat, die tut auch heute gut: Gott ist der, der die Verbindung hält zu uns. Liebevoll und konsequent. Pfarrer Guido Hepke, Evangelische Kirchengemeinde Trier

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