Konjunkturmotor und Unruheherd

Die Bahnstation in Hermeskeil war von der Freigabe der Hunsrückbahn im Jahre 1903 an einer der wichtigsten Bahnverkehrspunkte der Region. Ohne diesen Knotenpunkt hätte es keinen Wohlstand in der größten Hochwaldgemeinde gegeben.

 Auf dem Bahnhofsvorplatz hatten freilaufende Hühner 1925 noch eine Überlebenschance. Foto: Kulturgeschichtlicher Verein Hermeskeil

Auf dem Bahnhofsvorplatz hatten freilaufende Hühner 1925 noch eine Überlebenschance. Foto: Kulturgeschichtlicher Verein Hermeskeil

 Im Bahnhof Hermeskeil arbeiten wieder Menschen, wie an den geparkten Autos zu erkennen ist. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Im Bahnhof Hermeskeil arbeiten wieder Menschen, wie an den geparkten Autos zu erkennen ist. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Hermeskeil. Nachdem 1903 der Anschluss in Hermeskeil mit der Hunsrückbahn hergestellt war, entwickelte sich ein reger Verkehr aus dem Hunsrück ins Saarland. Für die Bevölkerung bestand nun die Möglichkeit, gutes Geld im Bergbau und der Stahlindustrie zu verdienen. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg gab es günstige Verbindungen in die Zentren der saarländischen Industriegebiete. Der Güterverkehr entwickelte sich ebenfalls positiv. Holz, Gruben und Steinbrüche sorgten für hohe Steigerungsraten im Güterverkehr. "Nach einer kurzen Blüte nach dem Zweiten Weltkrieg begann jedoch um 1960 für die Hunsrückbahn und den Bahnknoten Hermeskeil der Abstieg", erklärt Markus Göttert vom Hunsrückbahn-Verein.

Bis 1938 erfolgten immer wieder Erweiterungen, um dem wachsenden Güterverkehr Rechnung zu tragen. Bereits 1952 begannen die ersten Rationalisierungsmaßnahmen. Die beiden Wärterstellwerke wurden entfernt und Vereinfachungen im Bahnhofsplan vorgenommen. Nach Stilllegung der Hochwaldbahn zwischen Pluwig und Hermeskeil 1981 wurde im Jahr darauf auch das Fahrdienstleiterstellwerk überflüssig. Der Bahnhof war nur noch wenige Jahre mit einem Verkehrsbeamten in der Fahrkartenausgabe besetzt.

Bahnhof spielte auch politisch eine Rolle

Auch politisch spielte der Bahnhof Hermeskeil eine Rolle, allein schon wegen der direkten Nachbarschaft zum Saarland, das viele Jahre unter französischer Hoheit stand. "In der Separatistenzeit Anfang der 1920er Jahre haben die Franzosen die Strecke betrieben, wenn die Leute der Reichsbahn gestreikt haben", weiß Heimatforscher Dittmar Lauer. Auch Sabotage der Deutschen gegen die Franzosen kam vor, beispielsweise 1923 mithilfe einer Lokomotive, mit der man den Betrieb lahmlegte.

"Der Bahnhof war immer auch ein Unruheherd mit selbstbewussten Leuten, die auf ihre Rechte pochten", meint Lauer. Am "Grenzbahnhof" wurde viel geschmuggelt und gehamstert. Die prall gefüllten Kohlewaggons regten zum "Kohlesuchen" an, denn die Winter waren hart. Ende der 40er Jahre wurde das Gebäude nach starker Zerstörung wieder in seiner heutigen Form aufgebaut. Heute haben die HWB-Verkehrsgesellschaft, Hochwaldbahn Servicegesellschaft und die Hunsrückbahn im Gebäude ihren Sitz. Sie beschäftigen 50 Mitarbeiter, davon 20 mit festem Arbeitsplatz in Hermeskeil.

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