Konzer Muslime wollen ein eigenes Gräberfeld

Konz · Ein muslimisches Gräberfeld auf einem Konzer Friedhof? Warum nicht, sagen alle Stadtratsfraktionen. Auch die Verwaltung sichert den Muslimen ihre Unterstützung zu. Allerdings schreibt ein Landesgesetz die Sargpflicht vor. Um eine muslimische Bestattung ohne Sarg zu ermöglichen, muss die Stadt etliche Auflagen erfüllen.

Konz. Die Konzer Muslime leben zum Teil in der vierten Generation in Deutschland. Zunächst sind sie als Gastarbeiter gekommen, um für Zettelmeyer zu arbeiten. Die Maschinenbaufirma gibt es nicht mehr, die türkischen Arbeiter und ihre Familien sind immer noch da und fühlen sich in Konz zu Hause. Sie teilen sich im Stadtteil Karthaus mit ihren Glaubensbrüdern aus anderen Ländern eine Moschee.
Ihre Verstorbenen können die Muslime nicht in Konz bestatten. Das nächstgelegene muslimische Gräberfeld ist auf dem Trie rer Südfriedhof. Ein weiteres gibt es im etwa 40 Kilometer entfernten Wittlich-Neuerburg.
Adulvahab Güntepe, Vorsitzender der Türkisch-Islamischen Union (Ditib) in Konz, und Tevhit Yilmaz, Sekretär der Ditib, setzen sich für ein eigenes muslimisches Grabfeld ein. Yilmaz spricht von einem "Friedhof für alle Konzer Muslime" - nicht nur für diejenigen türkischer Herkunft.
Die Stadt und alle Fraktionen des Stadtrats unterstützen das Vorhaben. "Wir haben einen sehr guten Kontakt zu den Parteien und Behörden", sagt Güntepe. Die bisherigen Besprechungen haben ergeben, dass es auf dem Waldfriedhof in Konz-Roscheid einen passenden Bereich gibt. Auch ein Raum für die rituelle Waschung der Toten wäre vorhanden. Die Details sind noch nicht geklärt. Der Stadtrat bespricht sie bei seiner Sitzung am Dienstag, 27. März, 18 Uhr, im Kloster Karthaus.
Das muslimische Beerdigungsritual läuft anders ab als eine christliche Erdbestattung. Die Verstorbenen werden in einem offenen Sarg an das in Richtung Mekka ausgerichtete Grab getragen. Der Leichnam wird eingewickelt in einem Leichentuch begraben - ohne Sarg.
Das ist in Rheinland-Pfalz ein Problem. Denn das Landesbestattungsgesetz schreibt die Sargpflicht vor. Damit sind die Vorschriften strenger als in anderen Ländern.
Tuchbestattungen sind - anders als beispielsweise in Nordrhein-Westfalen und im Saarland - eigentlich nicht erlaubt. Laut dem zuständigen Gesundheitsministerium ist die Sargpflicht eine Vorsorgemaßnahme, um Infektionen vorzubeugen und das Grundwasser vor Körperflüssigkeiten zu schützen.
Eine Einschränkung der Religionsfreiheit sieht das zuständige Landesgesundheitsministerium darin nicht. Ministeriumssprecherin Beate Fasbender-Döring verweist auf eine Hintertür. Grundsätzlich halte das Land an der Sargpflicht bei der Erdbestattung fest. Eine Befreiung von der Sargpflicht könne ausnahmsweise unter strengen Auflagen ermöglicht werden. Voraussetzung ist, dass religiöse Gründe zwingend dafür sprechen. Die Kommunen müssen dann ihre Friedhofssatzung ändern und mehrere Gutachten einholen (siehe Extra).
Noch haben viele türkischstämmige Muslime eine Versicherung bei Ditib abgeschlossen, die eine Bestattung in ihrem Herkunftsland ermöglicht (siehe Extra). In Wittlich wurden deshalb zum Beispiel seit 2004 nur zwei tot geborene Kinder beerdigt, obwohl die Stadt 50 Grabstellen bereitgestellt hat. Die jüngere Generation der deutschen Muslime tendiere aber dazu, sich in Deutschland bestatten zu lassen, erklären nicht nur die Muslime in der Region, sondern auch die Ditib-Geschäftsstelle in Köln.Extra

Die Türkisch-Islamische Union (Ditib) vertritt die Interessen vor allem türkischer Muslime in Deutschland und bietet für ihre Mitglieder eine Beerdigungshilfe an. Für einen jährlich gezahlten Beitrag übernimmt der Verein alle möglichen Dienste, die für Muslime im Zusammenhang mit einem Sterbefall auftreten können. Dazu gehören die Waschung des Leichnams, die Einkleidung in ein Leichentuch, das Totengebet mit der Gemeinde, Formalitäten und Behördengänge sowie die Organisation einer für Muslime geeigneten Grabstelle. Für Türken und türkischstämmige Vereinsmitglieder bietet Ditib zudem einen Beerdigungsfonds an. Zahlen sie jährlich ein, wird der Leichnam in die Türkei überführt und dort bestattet. Alle Muslime anderer Herkunft können ein Begräbnis in Deutschland oder die Überführung in ihre jeweilige Heimat über den Verein fondsungebunden in Anspruch nehmen. Sie zahlen einmalig für die erbrachte Dienstleistung. Der Fonds hat in Deutschland 200 000 Mitglieder und funktioniert wie eine Familienversicherung. Ehepartner und Kinder unter 18 sind mitversichert. Die Ditib-Geschäftsstelle in Köln geht von 800 000 versicherten Muslimen deutschlandweit aus. cmkExtra

Die Stadt Worms bietet seit einigen Jahren die sarglose Bestattung für Muslime an. Das Landesgesundheitsministerium empfiehlt der Stadt Konz, sich dort Tipps geben zu lassen. Gefordert werden Gutachten vom Gesundheitsamt, vom Landesamt für Geologie und Bergbau sowie vom Umweltamt. Das Leichentuch muss aus einem Stoff sein, der keine Flüssigkeit nach außen durchsickern lässt und so den hygienischen Zweck eines Sargs erfüllt. cmk

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