Ausbildung Kooperation mit Gedenkstätte Hinzert: Schüler lernen Geschichte dort, wo sie passiert ist

Hinzert-Pölert/Trier · Das Team der Gedenkstätte in Hinzert und das Trierer Studienseminar für angehende Realschullehrer wollen enger zusammenarbeiten. Dazu haben sie einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Beide Seiten versprechen sich viel davon.

 Ihre Einrichtungen wollen künftig stärker zusammenarbeiten: Steffen Reinhard (links), Referent der Gedenkstätte in Hinzert, und Marco Ringel, Leiter des Studienseminars für angehende Realschullehrer in Trier, besiegeln ihre Kooperation nur fürs Zeitungsfoto symbolisch per Handschlag. Beide haben auch einen Kooperationsvertrag unterschrieben.

Ihre Einrichtungen wollen künftig stärker zusammenarbeiten: Steffen Reinhard (links), Referent der Gedenkstätte in Hinzert, und Marco Ringel, Leiter des Studienseminars für angehende Realschullehrer in Trier, besiegeln ihre Kooperation nur fürs Zeitungsfoto symbolisch per Handschlag. Beide haben auch einen Kooperationsvertrag unterschrieben.

Foto: Trierischer Volksfreund/Christa Weber

Zwischen 50 und 70 junge Lehrer werden jedes Jahr in Trier am staatlichen Studienseminar für das Lehramt an Realschulen plus ausgebildet. Schon jetzt kommen regelmäßig einige Lehramtsanwärter des Fachs Geschichte mit ihren Schulklassen in die Gedenkstätte des SS-Sonderlagers/KZ Hinzert, um dort etwas über die Gräueltaten während der Nazi-Diktatur und die Schicksale der Gefangenen zu erfahren.

„Durch diese Besuche ist bei uns der Gedanke gereift, ob wir nicht auch langfristig miteinander kooperieren wollen“, sagt Steffen Reinhard, zuständig für die päda­gogischen Angebote der Gedenkstätte im Hochwald. Sie erinnert an das SS-Sonderlager Hinzert, das von 1939 bis 1945 als Haft- und Konzentrationslager diente (siehe Info). Insgesamt rund 14 000 Häftlinge, darunter viele aus Luxemburg, Frankreich und den Niederlanden, waren dort inhaftiert. Über ihre Schicksale informiert seit 2005 eine Aussstellung im Dokumentations- und Begegnungshaus. Träger ist die Landeszentrale für politische Bildung.

Die Zusammenarbeit mit dem Studienseminar bezeichnet Reinhard als „Win-win-Situation für beide Seiten“. Die angehenden Lehrer bekämen in der Gedenkstätte Unterrichtsmaterial und Informationen zum Lehren außerhalb des Klassenzimmers an sogenannten außerschulischen Lernorten. Man könne sie bei der Vorbereitung eines Besuchs mit Schülern unterstützen. Manche kämen vielleicht auch nach der Ausbildung wieder, beispielsweise für Projekttage. „Damit erhöhen wir natürlich auch den Bekanntheitsgrad unserer Einrichtung.“ Denn die Lehrer seien ja später über das ganze Land verteilt tätig.

Insgesamt 18 Monate dauert die praktische Ausbildung der Lehreranwärter, die derzeit landesweit auf vier verschiedene Seminare verteilt werden – neben Trier auf Einrichtungen in Kaiserslautern, Koblenz und Mainz. Die Anwärter werden einer Ausbildungsschule in der Region zugeteilt, in der sie ab dem ersten Tag auch eigenverantwortlich unterrichten.
Marco Ringel, Leiter des Trierer Studienseminars, ist „sehr froh, dass wir diese Kooperation jetzt eingehen und uns schriftlich per Vertrag dazu bekennen“. Ein Besuch in Hinzert lohne sich nicht nur für die Anwärter im Fach Geschichte. Man wolle auch andere Fachrichtungen auf diese Möglichkeit aufmerksam machen. Hinzert biete sich schon allein wegen der Nähe zu Trier als Lernort an: „Hier ist es möglich, mit Geschichte hautnah in Berührung zu kommen, nicht nur über die Bücher.“

Steffen Reinhard ist selbst ausgebildeter Realschullehrer und hat deshalb noch gute Kontakte zum Trierer Studienseminar. „Ich weiß, wie dankbar man als Anwärter ist, wenn man zum Beispiel für die Lehrprobe den ein oder anderen Tipp von erfahrenen Kollegen bekommt.“ Dafür stehe er als Ansprechpartner bereit. Auch in den Fächern Deutsch, Kunst, Politik oder Religion gebe es viele Anknüpfungspunkte, sagt er. „In Hinzert waren zum Beispiel auch einige Priester inhaftiert.“

Interessant für das Fach Politik sei das Beispiel des in Trier geborenen Widerstandskämpfers Andreas Hoevel, der 1942 von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde, unter anderem weil er Nachrichten feindlicher Rundfunksender verbreitet hatte. Dass Journalisten verfolgt und verhaftet würden, gebe es schließlich heute auch wieder. Überhaupt sei es wichtig, die Schüler darauf aufmerksam zu machen, „wie aktuell manche Dinge heute leider wieder sind, und dass Demokratie eben kein Selbstläufer ist“.

Auch das sei eine Aufgabe der Lehrer, sagt Reinhard, bei der er beratend zur Seite stehen könne. „Diese Auseinandersetzung mit Geschichte muss immer da sein“, findet Marco Ringel. Alle Lehramtsanwärter am Seminar seien Beamte des Landes Rheinland-Pfalz: „Da sollte man sich ohnehin mit der jüngeren deutschen Geschichte auch selbst konfrontieren.“

Die Gedenkstätte in Hinzert besuchen laut Reinhard im Jahr etwa 10 000 Menschen, darunter sind rund 235 Gruppen – von der Schulklasse über die Wandergruppe bis zu angehenden Polizeibeamten. Für diese Führungen werden regelmäßig als Unterstützung Studierende oder andere Interessierte gesucht, die die Besucher durch das Haus begleiten.

Mit Schülern, sagt Reinhard, könne man nicht einfach mal zur Gedenkstätte fahren. Der Besuch müsse ordentlich vor- und nachbereitet werden. „Das fängt mit dem Elternbrief und der Organisation der Busfahrt an, auch das muss ein junger Lehrer lernen.“ Hilfreich könne es auch schon sein, den Schülern vorher zu erklären, dass sie von dem ehemaligen Lager in Hinzert nichts mehr sehen werden. „Dann sind sie nicht enttäuscht, wenn sie aus dem Bus steigen und keinen Wachturm oder Ähnliches entdecken.“

Das Team in Hinzert nehme sich gern Zeit, nach dem Rundgang mit den Schülern über das Erfahrene und auch das Gesehene zu sprechen und ihre Fragen zu beantworten. Ein Besuch einer Gedenkstätte sei schon etwas anderes als ein Museumsbesuch: „Das geht erst mal ins Herz und dann in den Kopf.“

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