Krankenkasse zahlt Helm für Baby nicht

In Beuren hoffen die Eltern eines acht Monate alten Jungen auf ein Einlenken ihrer Krankenkasse. Die Barmer GEK lehnt die Beteiligung an den Kosten für einen Helm ab, den das mit Schädeldeformationen geborene Kind in der Uniklinik Gießen erhalten hat.

 Den Helm muss Nico Pink Tag und Nacht tragen. Nur so können seine Eltern Christian Pink und Silke Pink-Poth hoffen, dass die Fehlbildungen seines Kopfes schwächer werden. TV-Foto: Ursula Schmieder

Den Helm muss Nico Pink Tag und Nacht tragen. Nur so können seine Eltern Christian Pink und Silke Pink-Poth hoffen, dass die Fehlbildungen seines Kopfes schwächer werden. TV-Foto: Ursula Schmieder

Beuren. Unmittelbar nach der Geburt ihres Sohnes war die Welt für Christian Pink und Silke Pink-Poth noch in Ordnung. Nico ist ein aufgewecktes Kind - ein echter Wonneproppen. Doch seiner Mutter fiel auf, dass er den Kopf immer nach rechts drehte. "Er hat überhaupt nicht freiwillig nach links geschaut." Wenig später wurde ein "Schiefhals mit starker Schädelasymmetrie" diagnostiziert. Gezielte Krankengymnastik zeigte nach drei Monaten Teilerfolge. Der Schiefhals habe sich gebessert, die Asymmetrie des Kopfes sei jedoch unverändert, bilanzierte die Krankengymnastin.

Mit der Kinderärztin kam sie daher zu dem Schluss, Nico brauche unbedingt einen Helm. Durch das Tragen solcher individuell angepasster Helme sei erfahrungsgemäß bereits nach vier bis sechs Monaten fast keine Asymmetrie mehr zu sehen. Ohne diese Behandlung könnten schwere Schäden der Halswirbelsäule, Haltungsschäden oder Kiefergelenk-Arthrosen die Folge sein.

Inzwischen hat Nico seinen Helm, den er täglich 23 Stunden tragen muss. Angepasst haben ihn Ärzte des Universitätsklinikums Gießen und Marburg. In einem Schreiben an die Barmer GEK, die Krankenkasse von Nicos Mutter, hatte die Klinik am 19. Mai um Übernahme der 2023 Euro für die Helmtherapie gebeten. Als Begründung verwies die Klinik auf die behandlungsbedürftige Schädeldeformität. Nicos Hinterkopf sei deutlich abgeflacht, der Kopf zudem vier Millimeter breiter als lang. Außerdem ließen die Ohren eine starke Asymmetrie erkennen: Das linke Ohr stehe zwei Zentimeter weiter vor als das rechte. Mit einem Helm seien solche Fehlbildungen während des ersten Lebensjahres, in dem der Kopf schnell wachse, jedoch gut therapierbar.

Die Barmer GEK lehnt jedoch mit Schreiben vom 2. August - zwei Tage bevor Nico seinen Helm bekommen hat - jedwede Kostenbeteiligung ab: "Die Kopforthesenbehandlung, wie sie von dem Universitätsklinikum Gießen angewandt wird, gehört nicht zu den allgemein anerkannten schulmedizinischen Behandlungsmethoden." Neue Methoden dürften nur dann zu Lasten der Kassen abgerechnet werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Empfehlungen ausgesprochen habe. Voraussetzung seien abgeschlossene Erprobungen und zuverlässige Aussagen über Qualität und Wirksamkeit der Verfahren.

Gegen den Bescheid legten die Eltern des acht Monate alten Nico Widerspruch ein. Die Ablehnung hat sie völlig unvorbereitet getroffen. Ärzte im Klinikum hätten ihnen gesagt, der Helm sei "definitiv notwendig", und die Krankenkassen würden die Kosten übernehmen.

Frank Steibli, Leiter Kommunikation im Uniklinikum, betont aber auf Nachfrage, es werde stets darüber aufgeklärt, dass die Behandlungskosten eventuell selbst zu zahlen seien. Der jungen Familie wäre das aber derzeit gar nicht möglich. Christian Pink ist seit kurzem arbeitslos, und Ehefrau Silke hat Mutterschaftsurlaub. Da sie jedoch wissen, dass es auf jeden Tag ankommt, sahen sie keine Alternative. "Bis zu einem Jahr kann man was dran machen - danach nicht mehr." Und die Folgeschäden seien gravierend und kämen die Krankenkasse wohl weitaus teurer zu stehen. Pink-Poth kann die Haltung der Kasse daher nicht verstehen: "Das ist doch keine Wellness-Behandlung."

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