Schule Mit Juristen unterwegs auf dem Schulweg nach Konz

Konz-Könen · Um zu prüfen, ob der Weg gefährlich ist, sind Kreisbeamte und Eltern von Könen zum Schulzentrum gelaufen. Es geht um die Frage, ob der Kreis Schülerfahrkarten bezahlen soll.

 Am Ende der Strecke führt der Weg einen steilen Berg hinauf zum Konzer Schulzentrum. Dort ist die Gruppe um den Kreisrechtsausschussvorsitzenden Stefan Spies (links mit Warnweste) ganz schön ins Schwitzen gekommen.

Am Ende der Strecke führt der Weg einen steilen Berg hinauf zum Konzer Schulzentrum. Dort ist die Gruppe um den Kreisrechtsausschussvorsitzenden Stefan Spies (links mit Warnweste) ganz schön ins Schwitzen gekommen.

Foto: TV/Christian Kremer

Es ist 7 Uhr morgens und 3,5 Grad Celsius. 18 Kinder aus Könen, die kleinsten von ihnen zehn Jahre alt, müssten jetzt aufbrechen. Nur so könnten sie zu Fuß pünktlich am Konzer Schulzentrum ankommen. An diesem Tag stehen aber keine Kinder vor der Einfahrt zum Könener Campingplatz, sondern etwa 20 Erwachsene. Der Vorsitzende des Trier-Saarburger Kreisrechtsausschusses, Stefan Spies, begrüßt die Anwesenden. Unter ihnen sind mehrere Eltern, die gegen die Entscheidung des Kreises geklagt haben, die Fahrkarten ihrer Kinder nicht mehr zu bezahlen. Wenn die 18 betroffenen Kinder mit dem Bus zur Schule wollen, müssen sie selbst die Kosten übernehmen. Jährlich kostet das die Familien pro Kind rund 500 Euro. Die Gegenseite vertritt der Sachbearbeiter der Kreisverwaltung, der die Kostenübernahme gestrichen hat. Die Fronten sind vor dem Morgenspaziergang klar.

Nach der Begrüßung macht sich die Gruppe auf den Weg. Anders als ihre Kinder, die manchmal mit bis zu 15 Kilogramm schweren Rucksäcken zur Schule gehen, laufen die Erwachsenen mit leichtem Gepäck. Sie brauchen mit mehreren Stopps zum Diskutieren etwas mehr als eine Stunde für die Strecke, die nicht ganz vier Kilometer lang ist. Genau das ist ein Knackpunkt, denn die Entfernung liegt knapp unter der Grenze, ab der Schülerkarten subventioniert werden (siehe Info). Einziges anderes Kriterium, bei dem die Kosten übernommen werden, ist die besondere Gefährlichkeit. Und genau die soll geprüft werden.

Spies legt ein gutes Tempo vor. Beim ersten Stopp am Norma-Kreisel – da hat die Gruppe schon einen Kilometer zurückgelegt – fragt der Vater eines der betroffenen Kinder: „Warum gehen Sie so schnell? Die Kinder können ja gar nicht so schnell gehen.“ Der Jurist antwortet: „Für die Beurteilung, ob die Strecke gefährlich ist oder nicht, spielt es keine Rolle, wie schnell man geht.“

Beim Stopp diskutieren die Eltern und der Jurist, ob die Kinder nun auf dem Seitenstreifen, der nur durch eine Markierung von der Fahrbahn der ehemaligen B 51 abgegrenzt wird, oder auf dem kombinierten Fuß- und Radweg daneben laufen müssten. Spies findet schnell eine Antwort: Der Radweg komme nicht infrage als sicherer Schulweg, weil dort kein Licht sei. Alle gehen weiter auf dem Seitenstreifen Richtung Saarbrücke.

Die Eltern deuten auf eine Bremsspur, die von der Fahrbahn auf den Seitenstreifen führt. Dort habe ein Auto versucht zu bremsen, es sei aber trotzdem in die Hecke am Rand gefahren. Spies nimmt das stoisch zur Kenntnis. Seine Miene verrät nicht, ob das eine Rolle spielt.

An der Saarbrücke deuten die Könener auf einen Radfahrer, der eng von einem Lastwagen überholt wird. Dann weisen sie auf die Radfahrer auf dem Bürgersteig hin, die nicht auf der Fahrbahn unterwegs sind, weil sie ihnen zu eng ist. Als die Gruppe kommt, steigen die Radler ab und schieben. Weitere Stationen sind der Kreisel am Saarbrückenkopf, die Grana- sowie die Schillerstraße – alles vielbefahrene Straßen mit Gehwegen. Am Paul-Magar-Platz weist eine Mutter zum wiederholten Mal darauf hin, dass ihr Kind dort auf dem Schulweg einen Unfall mit dem Fahrrad gehabt hat. Dann geht es durch die Michael-Scherer-Straße. In der Straße An der Lichtsmühle liefern gerade zwei 40-Tonner Waren an die dortige Rewe-Filiale. Die Fußgänger müssen ihnen ausweichen. Durch mehrere Nebenstraßen führt die Strecke über einen steilen Fußweg zur Niedermenniger Straße und schließlich zum Schulzentrum. Nach etwa einer Stunde haben die Könener und die Vertreter des Kreises und der Polizei rund 3,7 Kilometer zurückgelegt, um an die Grenze des Konzer Schulzentrums zu gelangen. Am Eingang zur Schule sind sie noch nicht. Aber der Weg dorthin zähle bei der Beurteilung des Schulwegs nicht, nur die Grenze des Grundstücks, heißt es. Und weil es ein gemeinsames Schulzentrum sei, sei es unwichtig, ob die Kinder zur Realschule plus oder zum Gymnasium gehen. Oben angekommen schnauft so mancher in der Gruppe. Auch Helga Becker ist mit dabei. Die Mutter  klagt gegen den Bescheid des Kreises zu den Schülerfahrkarten und hatte schon im Vorfeld der Begehung stellvertretend für die Betroffenen Kontakt mit dem TV aufgenommen. „Jeder, der das hier nicht schlimm findet, kann gerne eine Schwitzprobe abgeben“, sagt sie. Das sei keinem Kind mit schwerem Rucksack zuzumuten. Spies entgegnet ihr, dass nicht das zähle, was die Eltern oder er für richtig oder falsch hielten, sondern was im Gesetz stehe. Und: „Weder die Dauer noch ob ein Weg steil ist, spielt eine Rolle. Nur die Distanz und die Gefährlichkeit.“ Darüber entscheide der Kreisrechtsausschuss.

 Der Kreisrechtsausschuss ist zusammen mit Eltern von Könen bis zum Schulzentrum in Konz gegangen, um zu beurteilen, ob der Weg für Schüler besonders gefährlich ist. Foto: Christian kremer

Der Kreisrechtsausschuss ist zusammen mit Eltern von Könen bis zum Schulzentrum in Konz gegangen, um zu beurteilen, ob der Weg für Schüler besonders gefährlich ist. Foto: Christian kremer

Foto: TV/Christian Kremer
 Der Kreisrechtsausschuss ist zusammen mit Eltern, Polizei und Vertretern des Ortsbeirats von Könen bis zum Schulzentrum in Konz gegangen, um zu beurteilen, ob der Weg für Schüler besonders gefährlich ist. An diesem Kreisel beginnt die strittigste Stelle, weil Fußgänger Richtung Saarbrücke auf einem Seitenstreifen ohne Bordstein gehen müssen.

Der Kreisrechtsausschuss ist zusammen mit Eltern, Polizei und Vertretern des Ortsbeirats von Könen bis zum Schulzentrum in Konz gegangen, um zu beurteilen, ob der Weg für Schüler besonders gefährlich ist. An diesem Kreisel beginnt die strittigste Stelle, weil Fußgänger Richtung Saarbrücke auf einem Seitenstreifen ohne Bordstein gehen müssen.

Foto: TV/Christian Kremer

Die Entscheidung wurde bereits getroffen. Allerdings werden die Beteiligten und die Öffentlichkeit laut Thomas Müller, Pressesprecher der Kreisverwaltung, erst nächste Woche informiert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort