Leben in krisengeschütteltem Land - Lampadener Ehepaar hat seit vier Jahren in Griechenland ein neues Zuhause

Lampaden · Sabine und Dirk Wolff haben 2011 ihre Jobs gekündigt und Haus und Möbel verkauft. Mit einem Anhänger voller persönlicher Dinge sind sie aus Lampaden nach Lesbos gefahren, um dort dauerhaft zu leben und ein eigenes Reiseunternehmen zu gründen. Die drittgrößte griechische Insel ist zurzeit auch Ziel Tausender Flüchtlinge. In den vergangenen Tagen kenterten einige ihrer Boote und Menschen ertranken. Das und die Situation der strandenden Flüchtlinge belastet das Paar.

Lampaden. Zehn Stunden Arbeit täglich, zusätzlich zwei Stunden Fahrzeit - wer träumt da nicht von einem entspannten Leben? Sabine Wolff, 47, und ihr Mann Dirk, 50, Manager im Versicherungs- und Bankenwesen, entschieden 2011: "Wir wollten unserem Leben eine Wende geben, solange wir jung genug sind, uns auf Neues einzulassen."
Sie kündigten ihre guten Jobs, verließen ihr schönes Haus, verkauften den schicken Designerschrank, sagten Familie und Freunden Lebewohl und zogen in ein krisengeschütteltes Land, das jetzt zudem noch mit der Versorgung von Flüchtlingen zu kämpfen hat. Die griechische Insel Lesbos, wo sich die Wolffs niederließen, ist stark von den aktuellen Flüchtlingsströmen betroffen - die Situation der strandenden Bootsflüchtlinge belastet das Paar. "Aber den Flüchtlingen wird hier geholfen, und wir sind froh, dass die Versorgung und der Weitertransport nun funktionieren", sagen die beiden.
Begeisternde Gastfreundschaft


"Die Finanzkrise erschwerte vor vier Jahren unseren Start hier, durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer war zum Beispiel einiges teurer als geplant", erzählen die beiden. Moderne Kommunikationstechnik - die Eltern in Deutschland lernten mailen und skypen - sowie verlässliche griechische Freundschaften, die sie während zahlreicher Lesbos-Aufenthalte geknüpft hatten, erleichterten den Schritt, nach Griechenland auszuwandern.
Griechischlehrerin Maria half bei der Haussuche und bei Behördengängen. Die unorganisierte Bürokratie meistere man am besten mit viel Ruhe, Geduld und Freundlichkeit, erzählt das Paar.
Beispielsweise sei es eine "fast endlose Geschichte" gewesen, die für die Gründung ihres Unternehmens Lesbos-Travel ( www.lesbos-travel.com ) benötigten Dokumente zu beantragen. Bürger- und Touristikbüro schoben sich gegenseitig die Verantwortlichkeit zu, Gesetzestexte wurden ignoriert. Bis heute sei nicht nachvollziehbar, wie der Steuerberater letztendlich doch noch an die Papiere kam. Begeisternd sei dagegen die griechische Gastfreundschaft. Mit ihrem Landrover und dem großen, schwarzen Hund Jamie fallen sie zwar auf, sind aber noch nie auf Vorbehalte gegenüber Deutschen gestoßen, wie Sabine und Dirk Wolff erzählen. Im Gegenteil, sie würden öfter auf einen Kaffee hereingewunken und überall freundlich und nett aufgenommen. "Lesbos ist eine authentische Insel, auf der man das griechische Leben mit allen Höhen und Tiefen spüren kann. Viele Menschen leben nach wie vor mit ihren Oliven, ihrer Landwirtschaft und ihrem Vieh." Mit ihrem Reiseunternehmen möchten die beiden zum einen Individual-Touristen "ihre" Insel mit all ihren Facetten näherbringen, zum anderen Menschen vor Ort unterstützen.

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