Justiz Ex-Polizeichef soll bei Betrug geholfen haben

Saarburg · Die Staatsanwaltschaft Trier wirft einem ehemaligen leitenden Beamten vor, einem Untergebenen bei der Fertigung seiner Abschlussarbeit geholfen zu haben. Die strafrechtlichen und disziplinarischen Ermittlungen haben zwei Jahre gedauert. Nun beginnt das Hauptverfahren. Der Beschuldigte selbst weist auf TV-Anfrage alle Vorwürfe zurück.

 Die Statue der Justitia steht als Symbol für Gerechtigkeit: Die Staatsanwaltschaft hat den ehemaligen Leiter der Polizeiinspektion Saarburg wegen Beihilfe zum Betrug angeklagt.

Die Statue der Justitia steht als Symbol für Gerechtigkeit: Die Staatsanwaltschaft hat den ehemaligen Leiter der Polizeiinspektion Saarburg wegen Beihilfe zum Betrug angeklagt.

Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Am Amtsgericht Saarburg beginnt am Donnerstag, 28. März, 9 Uhr, eine ungewöhnliche Verhandlung. Die Staatsanwaltschaft hat den ehemaligen Leiter der Polizeiinspektion (PI) Saarburg wegen Beihilfe zum Betrug angeklagt. Das strafrechtliche Hauptverfahren wird nach zweijährigen Ermittlungen gegen den Mann eröffnet. Doch nicht nur die Staatsanwaltschaft, auch verschiedene Verwaltungsgerichte, die über die disziplinarischen Konsequenzen zu entscheiden haben, sind seit April 2017 mit dem Fall betraut. Zurzeit bezieht der Mann nur einen Teil seiner Bezüge und darf nicht mehr als Polizist arbeiten. Ob das so bleibt, entscheidet in den kommenden Wochen das Oberverwaltungsgericht in Koblenz.

Anklage Der Leitende Oberstaatsanwalt in Trier, Peter Fritzen, sagt auf TV-Anfrage: „Die Anklage richtet sich zunächst gegen einen jungen Polizeibeamten, dem vorgeworfen wird, bei der Fertigung seiner  Bachelorarbeit an der Hochschule der Polizei in Büchenbeuren darüber getäuscht zu haben, die Arbeit ohne fremde Hilfe angefertigt zu haben.“ Auf diese Weise seien dem Mann die Laufbahnvoraussetzungen für den Polizeidienst zu Unrecht bescheinigt worden. Zudem sei er dadurch als Beamter auf Probe in den Landesdienst übernommen worden.

Nach den Ermittlungen gehe die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der leitende Polizeibeamte dem jungen Polizisten über das zulässige Maß hinaus bei der Erstellung der Arbeit geholfen und große Teile selbst verfasst habe, sagt Fritzen. Gegen den jungen Polizisten bestehe daher der hinreichende Tatverdacht des Betruges, gegen den leitenden Polizeibeamten der der Beihilfe zum Betrug. „Beide Angeschuldigten bestreiten den Vorwurf“, sagt Fritzen. „Bis zu einer etwaigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.“

Laut Staatsanwaltschaft hat die Hochschule der Polizei das Abschlusszeugnis des Beamten aberkannt und eingezogen. Dagegen habe der Mann Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht Neustadt erhoben (Aktenzeichen 1K322/18). Laut der Vorsitzenden Richterin Helga Klingenmeier gibt es bisher weder einen Termin noch eine Entscheidung.

Fritzen erklärt weiterhin, dass die Staatsanwaltschaft den Fall zunächst vor dem Landgericht Trier verhandeln lassen wollte. Aber: „Das Landgericht hat die Anklage zugelassen, das Verfahren jedoch vor dem Amtsgericht Saarburg eröffnet“, sagt Fritzen.

Die erste Große Strafkammer des Landgerichts verneinte die Zuständigkeit für das Verfahren. Gerichtssprecherin Sarah Weber erläutert die Hintergründe: Es gehe nicht um ein Verbrechen, das eine Freiheitsstrafe von mehr als vier Jahren nach sich ziehe. Zudem liegt aus Sicht des Gerichts nicht die von der Staatsanwalt angenommene Schutzbedürftigkeit der potenziellen Zeugen vor. Der Fall sei letztlich nicht bedeutend genug, um vor dem Landgericht verhandelt zu werden.

Im Ermittlungsverfahren gegen den leitenden Polizeibeamten ging es laut Fritzen neben dem Vorwurf der Beihilfe zum Betrug um „weitere Sachverhalte, die den polizeiinternen Bereich betrafen“. Diesbezüglich habe sich jedoch kein hinreichender Tatverdacht eines strafbaren Verhaltens ergeben. Darüber, welche Sachverhalte geprüft wurden und welche Vorwürfe im Raum standen, gibt Fritzen keine Auskunft:

„Dem steht – mit Blick auf die Einstellung des Verfahrens – der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten entgegen“, erklärt er. Allerdings sind diese Vorwürfe auch Teil eines Disziplinarverfahrens.

Disziplinarverfahren Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft ist nicht das einzige Verfahren, das gegen den ehemaligen PI-Chef läuft. Gleichzeitig wurde 2017 ein disziplinarrechtliches Verfahren eingeleitet. Am 21. April 2017 wurde der PI-Leiter vorläufig des Dienstes enthoben (der TV berichtete). Zudem wurden zehn Prozent seiner Bezüge einbehalten. Später durfte er in einer anderen Polizeistelle wieder arbeiten. Inzwischen – nach weiteren Verfahrensschritten – gilt wieder die ursprüngliche Suspendierung.

Der Mann ging gegen die erste Entscheidung am Verwaltungsgericht (VG) Trier vor. Das Trierer Gericht ist landesweit für alle disziplinarrechtlichen Verfahren zuständig. Am 29. September 2017 erließ es den Beschluss, dass die Dienstenthebung und die Kürzung der Bezüge nicht gültig sind.

Die Folge: Der hochrangige Beamte darf bei vollen Bezügen in einer anderen Dienstelle arbeiten, aber keine Leitungsfunktion mehr ausführen.  Er habe sich zwar eines schweren Dienstvergehens schuldig gemacht und dadurch das Vertrauen in ihn als Vorgesetzter zerstört, aber nicht das Vertrauen in seine Integrität als Polizeibeamter verloren.

Die Vergehen werden im Detail auf 15 Seiten detailliert erläutert: Zusammengefasst heißt es, dass er „unangemessene Nähe“ zu Untergebenen aufgebaut, Drucksituationen geschaffen und einzelne Beamte protegiert haben soll. Den Mitangeklagten im strafrechtlichen Verfahren nennt er in einer in dem Beschluss zitierten WhatsApp-Nachricht: „universumsbester Freund aller Freunde“. Zudem wird in dem Beschluss des VG Trier die Hilfe bei der Erstellung einer Bachelorarbeit erwähnt. Er habe aber auch den Anschein der Beeinflussbarkeit von Personalentscheidungen erweckt und gegen Dienstanweisungen verstoßen. Trotz allem verweist das Gericht auch darauf, dass der Beamte seit 2004 immer tadellose dienstliche Beurteilungen bekommen habe. Der ganze Beschluss (Aktenzeichen 3L9243/17.TR) ist in der Entscheidungsdatenbank des Landes Rheinland-Pfalz nachzulesen.

Eine endgültige Entscheidung in dem Verfahren ist jedoch noch nicht gefallen. Zunächst hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz den Beschluss des VG Trier bestätigt. Der Beamte durfte in einer anderen Dienststelle weiterarbeiten – bei vollem Bezügen ohne Führungsaufgaben. Laut Hartmut Müller-Rentschler, Pressesprecher am Oberverwaltungsgericht (OVG) in Koblenz, wurde diese Entscheidung inzwischen gekippt. Am VG Trier habe die Polizeibehörde einen Abänderungsantrag eingereicht. Diesem habe das Gericht stattgegeben, so dass der Beamte doch nicht mehr arbeiten darf und nur noch einen Teil seiner Bezüge bekomme. Allerdings habe der Mann diese Entscheidung am OVG angefochten. Eine Entscheidung sei in den nächsten Wochen zu erwarten.  

Beschuldigter streitet Vorwürfe ab Der ehemalige Poizeichef selbst äußert sich ebenfalls auf TV-Anfrage: Er weise die gegen ihn erhobenen Vorwürfe „als sachlich und rechtlich falsch“ zurück. Das anstehende Verfahren vor dem Amtsgericht Saarburg werde der Ort sein, „in dem der Sachverhalt erörtert und bewertet wird“.  

Er sagt weiter: „Bevor das Strafverfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, werde ich mich sowohl aus persönlichen wie aus dienstrechtlichen Gründen außerhalb des Verfahrens nicht weiter äußern.“

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