Lieder auf den Kopf gestellt

Konz · Eine deutsch-französische Begegnung der musikalischen Extraklasse habe "Les Ricochets" im Kloster Karthaus geboten. Die Band mit Sängerin Noémi Schröder ist dabei ihrem Namen gerecht geworden. Übersetzt heißen sie "Die Querschläger". Das Ensemble inszeniert Chansons und instrumentiert deutsche Liedermacher-Songs neu.

 Musikalisch und innovativ: Guido Allgaier (Gitarre), Vincenzo Carduccio (Akkordeon), Noémi Schöder (Gesang) und Olaf Buttler (E-Bass). TV-Foto: Martin Recktenwald

Musikalisch und innovativ: Guido Allgaier (Gitarre), Vincenzo Carduccio (Akkordeon), Noémi Schöder (Gesang) und Olaf Buttler (E-Bass). TV-Foto: Martin Recktenwald

Foto: Martin Recktenwald (ten) ("TV-Upload Recktenwald"

Konz. Grenzen überwinden - damit haben "Les Ricochets" keine Probleme. Dass die fünfköpfige Truppe in ihrer Herkunft deutsche, französische, italienische, schweizerische und brasilianische Wurzeln vereint, mag hierfür Triebfeder gewesen sein. Offensichtlich wird der grenzüberschreitende Aspekt aber in ihrer Musik. Da steht "La vie en rose" von Édith Piaf neben Tim Bendzkos "Nur noch kurz die Welt retten" im gleichen Abendprogramm - und es passt zusammen. Noémi Schröder formulierte es so: "Wir spielen Stücke gerne etwas anders."
Neue Klangwelten


Also spielen die Musiker den französischen Chanson-Klassiker deutlich schneller und erzeugen so eine komplett neue Klangwelt, die schon beinahe an Reggae erinnert. Das Stück des deutschen Singer-Songwriters Benzko hingegen, das vor drei Jahren die Spitze der Charts anführte, klingt mit dem Akkordeon völlig neu, weil anders.
Dass "Les Ricochets" solche musikalischen Experimente gelingen, liegt an der hohen technischen Qualität von Gesang und Begleitung. In verschiedenen Soli stellen die Bandmitglieder ihr Können eindrucksvoll unter Beweis. Guido Allgaier demonstriert, wie man auf der Gitarre so schnell umgreifen kann, dass das Auge kaum noch folgen kann.
Am E-Bass will Olaf Buttler nicht nachstehen und legt eine nicht weniger halsbrecherische Partie hin. Was eine Kiste so alles auf dem Kasten hat, zeigt Percussion-Profi Elmar Stolley an der Cajón. Vierter im Bunde ist Vincenzo Carduccio. Er rehabilitiert den Ruf des Akkordeons - zu Unrecht ist dieses vielseitige Instrument in eine musikalische Nische geraten.
Die Moderation übernimmt Frontfrau Schröder. Sie singt von einem schrecklichen Fehltritt namens "Jochen" nach einer Party und klagt über nervige Pärchen, die allergische Reaktionen hervorrufen. Sie besucht ein Fest, "La Foule", bekennt nach Georg Kreisler "Ich hab dich zu vergessen vergessen" und gibt bekannt, nichts zu bedauern: "Non, Je ne regrette rien". Deutsche und französische Texte wechseln fliegend, was ideal zum Saalpublikum passt. Denn dieser Abend steht im Zeichen des Besuches einer Gruppe aus Brienon. Konz und die Stadt im Burgund pflegen seit nunmehr 50 Jahren eine Partnerschaft.
Die Mischung von "Les Ricochets" kommt bei Franzosen und Deutschen an: Mehr als hundert Zuhörer klatschen langanhaltend und stehend Beifall und entlassen die Musiker erst nach der dritten Zugabe.

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