Ludmilla und ihre rostigen Freunde

HERMESKEIL. Eine kleine Schar von Eisenbahnfreunden kämpft auf dem Gelände des alten Bahnbetriebswerkes am Hermeskeiler Bahnhof um den Erhalt von 100 Jahren Eisenbahngeschichte.

 An manchen Stellen ist die Natur schneller als die Restaurateure: Eine alte Achse liegt vor einer elektrischen Güterzug-Lokomotive, die wegen ihrer Form auch "Deutsches Krokodil" genannt wird.Foto: Herbert Meilchen

An manchen Stellen ist die Natur schneller als die Restaurateure: Eine alte Achse liegt vor einer elektrischen Güterzug-Lokomotive, die wegen ihrer Form auch "Deutsches Krokodil" genannt wird.Foto: Herbert Meilchen

Bernd Falz gehören die 30 000 Quadratmeter, auf denen rund 70 Schienenfahrzeuge vor dem Schneidbrenner und dem Hochofen gerettet wurden. An jedem Wochenende ist harte Knochenarbeit angesagt. Eine Handvoll Eisenbahnfreunde kämpft mit viel Muskelkraft und noch mehr Schweiß gegen den Verfall der historischen Eisenbahnanlage und des rollenden Materials."Manchmal sind die Kräfte der Natur schneller"

Dampf-, Diesel- und Elektroloks und eine Reihe historischer Waggons müssen konserviert werden. "Manchmal sind die Kräfte der Natur mit Rost und wucherndem Grün aber schneller", bedauert Bernd Falz. Sein sehnlichster Wunsch ist, dass alle Loks ein Dach über dem Schornstein hätten. Eine neue Fahrzeughalle soll noch in diesem Jahr gebaut werden.Nicht alle Loks können so gut aufbereitet werden wie die Prachtstücke, die im alten Lokschuppen zu bewundern sind. Hier steht auch "Ludmilla", eine Diesellok der sowjetischen Baureihe 232, mit der Falz im Auftrag der Bahn-AG Güterzüge quer durch Deutschland zieht.Den Kindheitstraum, Lokführer zu werden, konnte er sich erst mit 50 Jahren erfüllen. Mit diesen Auftragsfahrten bestreitet Falz seinen Lebensunterhalt und einen gehörigen Teil der Kosten des Museums.Ausschlaggebend für die Existenz des Museums war die Tatsache, dass sich die Bundesbahn 1976 das "Rauchen" abgewöhnt hat. Eine enorme Zahl von Dampflokomotiven wurde stillgelegt und wäre früher oder später zerlegt als Schrott im Hochofen gelandet. Diesem Treiben konnte Bernd Falz nicht tatenlos zusehen. Er machte sich auf die Suche nach Ansprechpartnern und verhandelte um die Überlassung von Dampfloks. "Ein wesentlicher Teil der Eisenbahngeschichte durfte doch nicht einfach so verschwinden", begründet er sein Handeln. Seit 1986 betreiben er und seine Mitstreiter ein öffentliches Museum in Hermeskeil. Aus dem Gedanken, wenigstens eine alte Dampflok zu retten, wurde eine stattliche Sammlung. Vor allem auf die "Abschiedsloks", die zu ihrer letzten Fahrt angetreten waren, hatte es Falz abgesehen.Bei Führungen erfahren große und kleine Besucher eine Menge Interessantes über die stolzen Dampfrösser und ihre elektro- und dieselbetriebenen Schwestern. Dass viele Loks Spitznamen wie "Ludmilla" oder "Taigatrommel" haben, erzählen Falz und Jürgen Klein, ein enger Freund des Initiators, den Besuchern: Ein sehr gut erhaltenes Exemplar der "Taigatrommel" ist im Hermeskeiler Museum zu sehen. Die Lok "Taigatrommel" wurde von den Menschen so getauft, weil sie wegen der enormen Geräuschentwicklung eines Zweitakterdiesels einfach nicht zu überhören war.Beschrieben wird auch die schwere Arbeit von Lokführern und Heizern, garniert mit netten Anekdoten und Histörchen. Die Hermeskeiler Loksammler beweisen auch Kompetenz: "Hier, diese Kriegslok für den Werksverkehr aus dem Jahre 1944 wird in der Fachliteratur als Hirngespinst abgetan. Wir haben sie", freut sich Jürgen Klein."Man meint, die Maschine lebt"

Allen, die sich im Lokmuseum engagieren, lassen sich täglich von den historischen Dampfrössern faszinieren. "Das Stampfen, Fauchen undZischen, der Geruch - man meint, die Maschine lebt", begeistert sich Klein. Zu sehen, wie aus Dampf Kraft und Tempo wird, das ist es, was Leute immer wieder zur Knochenarbeit treibt.Leider sind die alten Dampfrösser längst verstummt. Dabei wären etliche sofort betriebsbereit, gäbe es da nicht eine Einrichtung mit dem Namen Tüv. Anders als bei einem normalen Auto kostet eine Tüv-Untersuchung bei einer historischen Dampflok ein Vermögen. Und so viel Geld haben die Historieneisenbahner nun mal nicht.Vielleicht reicht die Faszination bei dem einen oder anderen Besucher an Pfingsten, um am Erhalt einer lebendigen Technik der Väter und Großväter mitzuarbeiten.An Pfingsten, vom 7. bis 9. Juni, gibt es im Hermeskeiler Dampflok-Museum wiederEisenbahnhistorie zum Anfassen. Informationen unter Telefon 06503/1204.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort