Machtwechsel im Hochwald

HERMESKEIL/KELL AM SEE. Keine Chance für die Königin und den schwarzen Sheriff "Double You Angsten". Die blau-weißen Horden vom Karnevalsverein Ruck-Zuck und die glorreichen Callida-Cowboys haben gestern die Rathäuser in Hermeskeil und Kell am See gestürmt und bis Aschermittwoch die Macht an sich gerissen.

In der Hermeskeiler Zentrale der Macht rückt der Zeiger unerbittlich vor. Es schlägt 11.11 Uhr - doch nichts passiert. Sollte die Regentin der Hochwaldstadt diesmal am Dicken Donnerstag etwa ungeschoren davonkommen? Nein, es ist nur eine kurze Galgenfrist, die die Narren Ilona König gewähren. Leicht verspätet, aber wild entschlossen stürmt kurz darauf ein blau-weißer Pulk die Treppe herauf. Die Gardemädchen und der Elferrat bilden die Vorhut, bevor das Kinderprinzenpaar Marina I. und Björn I. und die große Prinzessin Birgit II. und ihr Gemahl Siggi I. gebieterisch Einzug halten. Das Ziel der närrischen Revolution ist klar. Die Königin, die sich zur Tarnung als Bauarbeiter verkleidet hat, soll während der tollen Tage vom Thron gestürzt werden.Erleichtert wird die Mission noch dadurch, dass Rathaus-Chef Michael Hülpes ganz offenkundig von den Plänen der Putschisten Wind bekommen hat und ins Exil nach Portugal geflohen ist. "Jetzt bin ich hier der Chef", verkündet deshalb Siggi I. im Brustton der Überzeugung. Widerstand ist also zwecklos und angesichts der feindlichen Meute rückt die Stadtbürgermeisterin ruck-zuck den Schlüssel raus.

Ein wenig begehrt die Königin bei ihrer Kapitulation jedoch auf. Denn nicht Prinz Siggi Ha, in Hermeskeil als "lord of the rings" bekannt, drückt sie die Insignien ihres Reichs in die Hand. "Kinder an die Macht", sagt die Königin trotzig und händigt den kleinen Prinzen den Schlüssel aus.

Der Sturm auf die Verbandsgemeinde Kell am See hat in diesem Jahr sicherlich einen Touch mehr politische Brisanz als in den Vorjahren, scharrt doch schon mit Christian Kruchten ein vermeintlicher Bürgermeister-Nachfolger mit den Hufen, um demnächst das Rathaus zu erobern. Doch mit karnevalistischem Erhaltungstrieb versucht Bürgermeister Werner Angsten, alle Invasionsversuche abzuschmettern. Aber er muss das politische Zepter abgeben, wenn auch nur an das Keller Prinzenpaar Thorsten II. und Andrea I., gefolgt von einer Narrenschar aus den Ortschaften von Baldringen bis Zerf. Und die Anzahl derer, die die Offensive auf das Rathaus in Angriff nehmen, ist bombastisch. Wie in jedem Jahr sind es über 200 Närrinnen und Narren. Viele Reden werden geschwungen, auch Angsten leistet seinen Part, doch der Schlüssel ist schließlich weg - bis Aschermittwoch, denn dann ist alles vorbei. Zumindest was die karnevalistische Variante betrifft.

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