"Man muss was tun"

FELL. Das Sprichwort "Wer rastet, der rostet" nimmt Johann Krämer sehr ernst. Statt im Sessel zu sitzen, werkelt, sammelt und malt er.

Wenn Johann Krämer über Schiefer spricht, klingt es wie eine Liebeserklärung. "Diese blau-graue Farbe, das, was man daraus machen kann, fasziniert mich", sagt der 83-Jährige. Er hält eine Schieferplatte in Händen. "Das Alter des Steines und die Spuren, die die Natur auf der Oberfläche hinterlassen hat, begeistern mich immer wieder aufs Neue." Uhren und Kunstwerke hat er in vergangenen Jahren aus kahlen Schieferplatten mit viel Fantasie entstehen lassen. Kreativität musste der waschechte Feller schon als Lehrling beweisen. "Ich habe eine Malerausbildung gemacht." Der Krieg zerstörte die Zukunftspläne. Als er aus der Gefangenschaft heimkehrte, fand er statt Stall und Scheune einen Bombentrichter vor. Die nächsten Monate waren vom Wiederaufbau der Existenz geprägt. "Der Bau stand und brauchte jetzt ein Dach", erinnert sich der dreifache Vater. Mit den Bergleuten fuhr er in die Grube "Eichbaum", um Schiefer für den Eigenbedarf zu brechen. "Die Bedingungen dort waren hart, und Schiefer bedeutete die Existenz des Dorfes." Heute erinnern ihn 20 Bergbauleuchten an jene Tage. "Ich stöbere sie auf Flohmärkten auf", sagt der sechsfache Großvater. "Das lebendige Licht der Lampen fasziniert mich." Er ist fest davon überzeugt, dass manch lodernde Flamme den Bergleuten Unheil brachte. "Ich glaube, dass der Ruß, den die Öllampen teilweise produzierten, für die Gesundheit schädlicher war als der Schieferstaub." Das Zuhause wieder aufgerichtet, arbeitete der waschechte Feller als Monteur bei einer Trierer Firma, die für die Isolierungen von Schwimmbädern europaweit zuständig war. "Einmal mussten wir so lange warten, bis der neue Pool einer Italienerin mit Wasser voll gelaufen war. Sie wollte sicher gehen, dass alles dicht ist", erinnert er sich mit einem Schmunzeln. In anderen Ländern zu arbeiten, hat er begrüßt, denn Beweglichkeit ist für Johann Krämer das A und O. Sein Lebensmotto: "Man muss was tun!" Auch im Rentenalter. Das Mehr an Freizeit wusste er schnell zu füllen: Er packte Pinsel und Ölfarben wieder aus, Schnitzmesser und Holz - und den Schiefer. "Alles liegt irgendwie zusammen", sagt der agile Senior. Und der Kreis schließt sich ebenso im Krippenbau des Hobbyhandwerkers. "Krippen baue ich in erster Linie für die Kinder", sagt er. Manchmal lässt er Vergangenes in Miniatur wieder aufleben. So das "Spritzenhaus", das alte Feller Feuerwehrhaus, das 1969 abgerissen wurde. Krämer hat es maßstabgetreu als Krippe errichtet. Das Dach ist - selbstverständlich - aus Schiefer.

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