Mega-Schieß-Zentrum entsteht im Saarland

Der Ministerpräsident und drei Minister standen auf der Gästeliste. Kommen werden zwei Staatssekretäre. So ist das, wenn ein Projekt das Etikett Schießen trägt: Die Politik geht in Deckung. Im Mettlacher Ortsteil Nohn soll bis 2012 ein 14 Hektar großer Themenpark rund ums Schießen gebaut werden, inklusive einem Biathlon-Sommerparcours: das Internationale Jagd- und Sportschießleistungszentrum Scheuerhof.

Heute ist der erste Spatenstich. Hans-Jörg Dillinger (63), gebürtiger Merziger und Geschäftsführer der Scheuerhof-Entwicklungsgesellschaft Diana-Touristik GmbH, hat ihn zweieinhalb Jahre vorbereitet. Ein Sprint, gemessen an den Mammut-Zeitachsen, an denen andere "Leuchtturm"-Vorhaben hierzulande entlangkriechen wie etwa das Kurbad Rilchingen-Hanweiler oder der Bosener Ferienpark, politisch vorbereitete und gewollte Projekte mit viel Fördergeld-Zusagen. Ganz anders in Mettlach: "Wir waren sehr leise", meint Dillinger.

Aus gutem Grund. Dillinger ist selbst seit 47 Jahren Jäger, kennt die Abwehrbewegung, die das Thema auslöst. Gerade deshalb baut er dieses Zentrum, um endlich für mehr "gesellschaftliche Akzeptanz" zu sorgen, wie er betont.

Wie soll das gehen, ausgerechnet jetzt, nach dem Amoklauf von Lörrach? "Gerade jetzt", sagt Dillinger. "Wir haben das richtige Produkt. Der Schießsport muss sich verändern, raus aus den überalternden Vereins-Strukturen. Wir bieten zwei Groß-Tresor-Anlagen für Waffen und höchste Sicherheits-Standards. Der Scheuerhof wird ein absolutes Kompetenz-Zentrum." Vor allem aber will Dillinger keine geschlossene Gesellschaft, sondern einen offenen Freizeit-Sektor. Dafür sorgt ein ungewöhnlicher Mix aus olympiafähigen Schießständen, einer Vier-Sterne-Plus-Hotellerie, Lebensmittelhandel (Wild, Brot, Käse) und dem Verkauf von Jagdbedarf. Sogar ein Optiker ist vor Ort, der den Schützen die richtige Brille anpasst. Die Mietverträge seien unter Dach und Fach, berichtet Dillinger.

Seine Zielgruppe? Die jagdbegeisterte Nachbarschaft: Lothringer, Luxemburger, Niederländer. Der Hubschrauber-Landeplatz kündet von einer betuchten Klientel. Doch es soll nicht nur die Elite des Schießsports kommen, sondern auch Soldaten, Polizisten und Sicherheitsbeamte zu Seminaren. Vor allem aber auch Schaulustige, die auf dem Weg zum Tanken nach Luxemburg kurz mal abbiegen, um ein Brot zu kaufen oder ein Bier zu trinken. Und dabei entdecken, wie herrlich unberührt die Natur in Nohn ist.

In diese Abgeschiedenheit baute man einst das Lungensanatorium Scheuerhof, das nie in Betrieb genommen wurde. Das Gebäude blieb danach eine glücklose Immobilie. Ein böses Omen? "Ich nehme dem Scheuerhof seinen Fluch", sagt Dillinger. Der Merziger erfüllt sich einen Traum, an dem er 20 Jahre bastelte.

Als Vorsitzender des Kreis-Fremdenverkehrsverbandes und Immobilienmakler erkannte er bereits früh das touristische Potenzial des Dreiländerecks. Später sammelte er als Treuhand-Generalbevollmächtigter Kontakte und viel Wissen über Förder- und Finanzierungs-Systeme. In der Heimat, in Merzig, suchte er sich seine Geldgeber: Männer in seinem Alter, als finanzstark und seriös bekannt, den Bauunternehmer Günter Kaiser und den Steuerberater/Investor Robert Kunz. 25 Millionen sind allerdings auch für sie zu viel. Dillinger kündigt das Engagement einer internationalen Investmentgesellschaft an. 1,5 Millionen Euro flossen bis dato in Gutachten, Bebauungsplan-Änderungen, die Ausklammerung aus dem Landschaftsschutzgebiet.

Dillinger ist stolz: "Ich leiste mit der Ost-Erfahrung West-Entwicklungshilfe." Zweifelsohne versteht er was vom Netzwerken. Obwohl 123 Bürger wegen Lärmbelästigung protestierten und zur Zeit Klagen anhängig sind, steht der Mettlacher Stadtrat in Nibelungentreue zum "Leuchtturmprojekt". Dillinger: "Ich bin hier eben der Schorsch und kein Hedge-Fonds-Manager." Aber mehr noch: Auch das Umweltministerium zieht mit, und der Naturschutzbund hält still. Bereits 2007, lange vor "Jamaika", habe er, so Dillinger, den Grünen- Funktionär und Jäger Klaus Borger, heute Staatssekretär, um Fairness gebeten.

Und wen um Geld? "Die Landesregierung ist Gondwana-geschädigt", sagt Dillinger und spielt auf den Fördergeld-Skandal an. Mit dem Sportministerium und dem Wirtschaftsministerium stehe er aber im Dialog, gibt er zu. Immerhin schaffe er 160 Arbeitsplätze. Allerdings falle sein neuartiges Modell - die Diana Touristik ist weder Betreiber noch Investor - durch alle Förderrichtlinien. Wie lange noch?

Hintergrund

Im Saarland gibt es 15 000 Sportschützen und rund 4000 Jäger. Events wie der Püttlinger Sommer-Biathlon bewegen über 20 000 Zuschauer. Waffenbesitzer sind 37 000 Menschen. Der Biathlon-Parcours wird von der Gemeinde Mettlach angelegt, die auch Eigentümerin wird. Dadurch sei, so Dillinger, eine 95-prozentige Förderung durch Landesmittel (vor allem Tourismus) möglich. Die Diana Touristik finanziert und baut den Biathlon-Schießstand. Die Kritiker des Scheuerhof-Projektes in Nohn (700 Einwohner) befürchten nicht nur Schießlärm, sondern auch Verkehrsprobleme in den umliegenden Dörfern. Dort gibt es Nadelöhr-Situationen. Gefordert wird nicht, das Projekt aufzugeben, sondern die Schießzeiten einzuschränken (bis 18, nicht bis 22 Uhr). Die Diana Touristik hat sich vertraglich verpflichtet, die Lärmschutzemissionsgrenzen zu unterschreiten. Außerdem will sie einen Park- und Ride-Parkplatz anlegen und dafür kämpfen, dass eine Umgehungsstraße und eine neue Autobahnausfahrt gebaut werden.

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