Mehr als Hausaufgaben

TAWERN. Für interessierte Eltern gab es das erste Kennenlernen mit der Ganztagsschule in der Grundschule Tawern. Wirklichkeit ist diese Schulform in Tawern aber damit noch nicht. Zu den vielen Befürwortern gesellten sich bei dem Info-Abend auch kritische Stimmen.

"Den Müttern von heute wird nicht oft genug gesagt, wie herrlich die Aufgabe zu Hause bei den Kindern ist. Was die Schule den Kindern bietet, das können die Mütter auch leisten: Dafür brauchen wir keine Ganztagsschule", sagt Emmi Rosenkränzer bei der Info-Veranstaltung über die Ganztagsschule (GTS) in Tawern. Die ältere Dame handelt sich damit allerdings viel Protest ein. Ganztagsschule noch in weiter Ferne

Für eine andere Befürworterin der GTS ist zum Beispiel wichtig, dass ihr Kind mehr gefördert wird in dieser Schulform. Eine Chance dafür sieht die junge Frau in einem attraktiven Nachmittagsangebot, wie es nur die GTS bieten könne. Zwar gebe es in Tawern viele Freizeitmöglichkeiten, aus finanziellen Gründen könnten diese aber nicht von allen genutzt werden. Anders bei der GTS: Gutes Fachpersonal vorausgesetzt, biete sie mehr Chancengleichheit, meinte die Frau. Eine andere Mutter geht noch weiter und findet, nur die verpflichtende GTS, nicht aber die freiwillige, sei das Richtige. Zu dem Informationsabend im Jugend- und Bürgerhaus hatte die SPD-Arbeitsgemeinschaft in der Verbandsgemeinde (VG) Konz eingeladen. Die vielen Befürworter unter den 25 Zuhörern sehen die Ganztagsschule in Tawern lieber heute als morgen verwirklicht. Doch so schnell kommt diese Form der Schule nicht. Daran ließ Regierungsschuldirektor Klaus-Günter Süssmann von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier keinen Zweifel. Zuerst seien die (Schulen) dran, die es wollen. Anders die Situation in Tawern: In Sachen Ganztagsschule ist in der mit 2500 Einwohnern größten Gemeinde in der VG Konz noch nichts Entscheidendes auf den Weg gebracht worden - weder Elternbefragung noch eine Anfrage in Trier. Wäre Letzteres der Fall, würden trotzdem noch etliche Monate, wenn nicht sogar Jahre ins Land gehen, bis eine GTS eingerichtet werden könne, sagte Süssmann. "In 20 Jahren wird es hoffentlich eine Ganztagsschule geben", meinte ein Vater leicht ironisch dazu. Für einen anderen Vater war wichtig, "dass der Ball endlich ins Rollen kommt". Und weiter: Die GTS könne auch verhindern, dass es "so viel Stress bei den Hausaufgaben gibt". Weder die Grundschule Tawern (120 Schüler) noch die anderen eingeladenen Grundschulen in Nittel, Wasserliesch, Pellingen und Wiltingen waren bei der Veranstaltung vertreten. "Leider", kommentierte Sommer ihr Fehlen und wies den Vorwurf der Parteiveranstaltung von sich. Das GTS-Angebot könne nur langsam wachsen, "wir brauchen Jahre", sagte Sommer mit einem Beispiel zur Notwendigkeit einer GTS aus seiner Kindheit. "Nachmittags sind wir mit den Fahrrädern rüber nach Lothringen gefahren, um unsere Freunde zu treffen. Aber die waren nicht da, sondern in der Schule." "Wir stehen der Sache offen gegenüber", unterstrich VG- Beigeordneter Bernd Henter für den Schulträger, und auch Tawerns Ortsbürgermeister Josef Weirich sieht dies genau so - sofern ein Bedarf festgestellt werde. Bedarf größer als heute geglaubt

"Der Bedarf für die Ganztagsschule wird noch größer, als dies heute den Anschein hat, steht für die Vorsitzende des Schulelternbeirats, Karla Kroon, fest. Schule und Leben müsse eins werden und dürfe nicht mehr getrennt gesehen werden, wünscht sie sich. Und es gelte, "Kinder hungrig auf Schule zu machen". Klaus-Günter Süssmann beleuchtete die GTS durch sachliche Informationen. "Mehr Zeit für Kinder", lautet für den Moderator des Info-Abends, Thomas Kürwitz, der Slogan. Kürwitz ist Lehrer an der Ambrosius-Grundschule in Trier und kennt die Ganztags-Schulform wie aus dem Eff-Eff. "Wir erfahren eine hohe Zufriedenheit bei Eltern und Lehrern." Eine Ganztagsschule könne nur eine Gemeinschaftsaufgabe von Eltern, Lehrern, Schule und Umfeld sein. Auch bei einer GTS gebe es Problemfelder, noch nicht alles laufe rund, so der Regierungsschuldirektor. Er warnte auch davor, die GTS bloß als "Hausaufgaben-Schule" zu degradieren. Süssmann: "Der Wurm muss den Fischen schmecken, nicht dem Angler. Machen wir es wie die Finnen und fragen uns, was wir noch besser machen können."

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