"Menschen akzeptieren, wie sie sind": Verbandsgemeinde Saarburg setzt auf geschulte Flüchtlingsbegleiter

Saarburg · Zwölf Menschen haben sich in einem dreimonatigen Kurs in der Kulturgießerei in Saarburg zu Flüchtlingsbegleitern ausbilden lassen. Ihre Aufgabe ist es, die Neuankömmlinge während ihrer Integrationsphase zu begleiten.

 Sie sind jetzt fit für Flüchtlinge: Die zwölf Helfer aus Saarburg haben von der Verbandsgemeinde ihr Zeugnis erhalten. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Sie sind jetzt fit für Flüchtlinge: Die zwölf Helfer aus Saarburg haben von der Verbandsgemeinde ihr Zeugnis erhalten. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Saarburg. Flüchtlinge, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, müssen sich innerhalb kürzester Zeit auf ein Leben in einer für sie bis dahin fremden Welt einstellen.
Die Herausforderungen für sie sind vielfältig: "Sie müssen sich mit Behörden auseinandersetzen, sie müssen ihre Wohnsituation klären, sie müssen eine fremde Stadt kennenlernen", sagt Hélène de Wolf, die mit ihrer Familie in Trassem wohnt. Aus ihrer mehrjährigen Arbeit im Arbeitskreis Integration kennt die Holländerin die Probleme von Flüchtlingen gut.TV-Serie Flüchtlinge in Der Region


Sie hat deshalb gemeinsam mit Anette Barth für die Verbandsgemeinde Saarburg das Programm "Fit für Flüchtlinge" entwickelt.
Ein wichtiges Element dieses Konzepts ist die Ausbildung von Menschen zu Flüchtlingsbegleitern. Denn bislang seien die Helfer von Asylbewerbern oft nicht qualifiziert und wüssten meist nicht, wie sie etwa mit ihren eigenen Emotionen und denen der Flüchtlinge umgehen können.
"Die zwölf Flüchtlingsbegleiter, die jetzt ein entsprechendes Zeugnis der Verbandsgemeinde bekommen, müssen ihre Emotionen unter Kontrolle haben. und sie brauchen sowohl Fachkompetenz wie auch interkulturelle Kenntnisse", sagt de Wolf. Mit dem Ausbildungszertifikat in der Tasche dürfen sie Flüchtlinge etwa bei Behördenbesuchen begleiten.
Katja Rousselle aus Schoden hat seit Oktober an der Ausbildung zur Flüchtlingsbegleitung teilgenommen, weil sie sich als Französin selbst erstmal die deutsche Kultur erarbeiten musste, als sie vor etwa 20 Jahren nach Deutschland kam. "Das war nicht immer einfach", sagt die 43-Jährige. Deshalb habe sie auch gleich zugesagt, als sie gefragt wurde, ob sie an dem Kurs teilnimmt. "Die Schulung hat mir geholfen, fremde Kulturen und Menschen zunächst so zu akzeptieren, wie sie sind."
Rousselle betreut zurzeit eine Frau aus Eritrea. "Die Treffen mit ihr sind sehr physisch, du wirst sofort in den Arm genommen und sister, also Schwester, genannt. Auch wird immer was zum Essen angeboten." Da müsse sie dann auch mal Sachen probieren, die für sie durchaus "gewöhnungsbedürftig" seien.
"Anfangs sind es die einfachen Dinge, die man den Flüchtlingen zeigen oder erklären muss, etwa wie ein Briefkasten ausschaut, oder wie ein Busfahrplan zu lesen ist", sagt Roeland de Wolf. Der 18-Jährige hat die Qualifikation zum Flüchtlingsbegleiter mitgemacht, "weil ich extrem viele Freunde mit Migrationshintergrund habe". Der Kurs habe ihm geholfen, sich klar abzugrenzen und auch mal, "Nein" zu sagen, etwa wenn man kurzfristig gefragt werde, ob man den Asylbewerber treffen könne. Auch der Umgang mit traumatisierten Menschen sei im Kurs thematisiert worden.
"Flüchtlinge sind kraftvolle Menschen, die oft schon einen weiten Weg zurückgelegt haben, bevor sie in Deutschland angekommen sind", sagt Hélène de Wolf. "Deshalb ist es so wichtig, dass wir ihnen qualifizierte Menschen zur Seite stellen, die sie zu Beginn ihres Aufenthalts begleiten."
Die Kooperation zwischen den Partnern funktioniere aber nur, wenn die Asylbewerber bereit sind, Deutsch zu lernen. Denn nur wer die Sprache beherrsche, könne sich dauerhaft in Deutschland selbstständig bewegen. Hélène de Wolf: "Es ist also nicht der Flüchtlingsbegleiter gefordert, sondern auch der Flüchtling." Inzwischen haben sie und Anette Barth das Programm "Fit für Flüchtlinge" und das Thema Flüchtlingsbegleiter auch in anderen Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz vorgestellt.
Der nächste Kurs zur Qualifizierung von Flüchtlingsbegleitern startet im April. Er setzt sich aus vier achtstündigen Tagesseminaren sowie vier fünfstündigen Exkursionen zusammen.
Weitere Informationen gibt es in der Kulturgießerei, Telefon: 06581/2336.

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