Miete nicht gezahlt, dennoch keine Strafe

Als "verfrühte Weihnachts-Sitzung" bezeichnete Richter Herbert Schmitz die Verhandlung am Amtsgericht Saarburg, bei der er eine 86-Jährige und ihren obdachlosen Sohn ungestraft laufen ließ, nachdem sie die Miete für eine kurzfristig bezogene Ferienwohnung in Saarburg nicht bezahlt hatten.

 Einen Mietvertrag und die Wohnungsschlüssel, wie auf unserem Symbolfoto zu sehen, hatte die 86-jährige Mutter für ihren obdachlosen Sohn organisiert. Foto: dpa

Einen Mietvertrag und die Wohnungsschlüssel, wie auf unserem Symbolfoto zu sehen, hatte die 86-jährige Mutter für ihren obdachlosen Sohn organisiert. Foto: dpa

Saarburg. Einen von vorneherein wenig aussichtsreichen Fall hatte das Amtsgericht Saarburg dieser Tage zu verhandeln. Angeklagt war der obdachlose Jürgen Schmitt (Name geändert), der sich meist im Saarburger Stadtgebiet aufhält, zurzeit aber wegen einer anderen Straftat in der Justizvollzugsanstalt Trier einsitzt.

Er hatte von Ende März bis Mai eine Ferienwohnung in Saarburg bewohnt, ohne die fällige Miete an die Vermieterin zu zahlen. "Sie waren weder willens noch in der Lage, die Miete zu zahlen und wollten sich so einen rechtswidrigen Vorteil verschaffen", formulierte es Staatsanwältin Sabine Blaschyk in ihrer Anklageschrift. Der Vermieterin sei ein Schaden von 617 Euro entstanden.

Die Wohnung angemietet hatte indes die 86-jährige Mutter Schmitts, die selbst im Seniorenheim St. Franziskus in Saarburg lebt. "Sie hat mich am 24. März angerufen und nach einer Ferienwohnung für zwei Personen gefragt, die sie 14 Tage mieten wollte", berichtete die als Zeugin geladene Vermieterin. Die betagte Dame habe den Vertrag auch unterschrieben. Eingezogen sei vier Tage später der 49-jährige arbeits- und wohnungslose Sohn, der nach eigenem Bekunden mit einem von der Arbeitsagentur bezahlten Tagessatz von elf Euro lebt. Bis auf 140 Euro, die die Arbeitsagentur direkt an die Vermieterin überwiesen hat, ist diese bis dato auf ihren Kosten sitzengeblieben. Einen Schuldschein und drei Briefe habe die Mutter, die inzwischen einen Betreuer hat, der Vermieterin geschickt.

Wirre Versionen über angebliche Geldquellen



Angeklagter Schmitt tischte dem Gericht wirre Versionen angeblicher Geldquellen auf, auf die er nach wie vor setze und versprach der Vermieterin: "Sobald ich zu Geld komme, kriegen Sie das. Das ist Ehrensache." Die als Zeugin geladene und sichtlich ergriffene, von einem Sozialarbeiter im Rollstuhl ins Gericht gebrachte Mutter machte nach kurzer Rechtsbelehrung durch Richter Schmitz keine Aussage. Der brachte die Verhandlung zum Ende und erklärte: "Ein Engelchen ist unser Angeklagter nicht, und er hat sich mal wieder ins gemachte Nest gesetzt. Aber strafrechtlich gesehen … Schließlich hat die Mutter die Wohnung angemietet."

Staatsanwältin Blaschyk echauffierte sich und meinte zum Angeklagten: "Da sind Sie ja jetzt in einer Spitzenposition. Noch mal nimmt Ihnen so eine Geschichte aber niemand ab."

Schmitz meinte: "Mit Rücksicht auf die laufende Freiheitsstrafe, die Schmitt noch bis 3. Januar verbüßt, vergessen wir das hier und stellen das Verfahren ein. Das ist so etwas wie eine verfrühte Weihnachts-Sitzung."

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