Mit Ehrenamt in die mobile Zukunft

Saarburg · Älteren Menschen die Möglichkeit geben, mobil zu bleiben: Das ist ein Anliegen der Initiatoren des Bürgerbusses für die Verbandsgemeinde (VG) Saarburg. Damit dies in Zukunft möglich ist, entwickeln VG und das Lokale Bündnis für Familie zurzeit ein entsprechendes Konzept.

 Mobilität auf dem Land: Wenn alles läuft, können Bürger der VG noch in diesem Jahr mit einem Bürgerbus nach Saarburg fahren – unter anderem ins Mehrgenerationenhaus. TV-Foto: Friedemann Vetter

Mobilität auf dem Land: Wenn alles läuft, können Bürger der VG noch in diesem Jahr mit einem Bürgerbus nach Saarburg fahren – unter anderem ins Mehrgenerationenhaus. TV-Foto: Friedemann Vetter

"Wir wollen ein Verkehrssystem, das die Mobilität aller Menschen flächendeckend, umweltverträglich, sozialverträglich und barrierefrei gewährleistet."
Das steht im Koalitionsvertrag der neuen rot-grünen Landesregierung, Kapitel neun, "Zukunftsfähige Infrastruktur".
Das könnte aber auch auf der Agenda der Verbandsgemeinde (VG) Saarburg stehen. Denn die VG möchte sich gemeinsam mit dem Lokalen Bündnis für Familie um die Mobilität der VG-Bewohner kümmern und einen Bürgerbus einführen.
"Eine gewisse Mobilität in ländlichem Raum ist notwendig", sagt der Bürgermeister der VG Saarburg, Leo Lauer. "Es geht um die Anbindung ans Mittelzentrum." Die Idee ist inzwischen gereift.

Das Konzept: Im Vordergrund stehen bei der Bürgerbus-Idee, die Angebote im Mehrgenerationenhaus (MGH) auch für jene VG-Bürger zugänglich zu machen, die nicht (mehr) selbstständig dorthinfahren können. Das MGH wird vom Lokalen Bündnis für Familie getragen.
Koordiniert werden soll das Projekt über die Ehrenamtsbörse im MGH. "Es soll mehrere Routen geben", sagt Lauer, einen festen Fahrplan und ehrenamtliche Fahrer. Stops in der Stadt sind auch möglich. "Die Ehrenamtsbörse ist mit zukünftigen Fahrern an der Routenplanung beteiligt", sagt Anette Barth, Geschäftsführerin des MGH.
"Je mehr Fahrer es gibt, desto mehr Routen können wir fahren", sagt Thomas Wallrich, wie Barth Mitglied der Projektgruppe. "Geplant ist, jeden Ort einmal pro Woche anzufahren."

Das Rechtliche: Der Bus darf keine Konkurrenz zum Angebot des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sein. Das heißt, so Lauer, dass die Fahrten des Busses nicht näher als eine Stunde an den Fahrzeiten des ÖPNV liegen dürfen.
Bevor ein solcher Bürgerbus losfahren kann, sind Genehmigungen erforderlich. So etwa die Zustimmung des Landesbetriebs Mobilität (LBM). Der LBM ist die Genehmigungsbehörde, die auch auf eine ausgewogene Bündelung von Fahrten innerhalb des Liniennetzes achtet, Tarife genehmigt und auf die Fahrplanabstimmung achtet. Darüber hinaus benötigen die ehrenamtlichen Fahrer einen Beförderungsschein.
Träger des Busses wird die VG. Zwar koordiniert mit der Ehrenamtsbörse eine Einrichtung des Lokalen Bündnisses für Familie die Fahrten. Der Verein könnte jedoch seine Gemeinnützigkeit verlieren, wenn er den Bürgerbus trägt, da mit diesem Einnahmen erzielt werden.

Die Finanzierung: Der Bus - ein behindertengerechtes Fahrzeug mit neun Sitzplätzen - wird rund 35 000 Euro kosten. "Es ist eine Förderung aus Mitteln des EU-Programms Leader möglich", sagt Lauer. Wallrich ist zuversichtlich, dass der Förderantrag auch genehmigt wird. Rund 16 000 Euro könnten für die Anschaffung fließen. Zudem hat die VG bereits 10 000 Euro im Haushalt stehen. Der Lions Club hat kürzlich eine Spende von 5072 Euro übergeben (der TV berichtete).
Das Fahrzeug soll zum einen aus den Einnahmen für die Beförderung und zum anderen über Sponsoring und Werbung mitfinanziert werden. Außerdem beteiligt sich das Land an den laufenden Kosten - über das Wirtschaftsministerium läuft das Projekt "Bürgerbusse Rheinland-Pfalz" (siehe Extra).

Die Realisierung: Nun geht es darum, die notwendigen Genehmigungen einzuholen und Förderanträge zu stellen. Über den Leader-Zuschuss wird Ende Juni entschieden. Außerdem müssen die entsprechenden politischen Beschlüsse gefasst werden.
Im Herbst wird es voraussichtlich einen Probelauf geben. Dazu wird zunächst noch kein eigenes Fahrzeug angeschafft: Die Testphase wird mit einem geliehenen Fahrzeug absolviert.Meinung

Mutig, aber nicht unrealistisch
Es ist ein mutiges Projekt, das in der Verbandsgemeinde Saarburg realisiert werden soll. Denn bis der Bus mal wirklich fährt, sind noch einige Hürden zu überspringen. Nicht nur finanzielle. Es ist aber auch ein Projekt, das Zukunft hat und für die Zukunft rüstet. Weil es so viel vereint, worauf es in den kommenden Jahrzehnten ankommt: Auf die Mithilfe von Ehrenamtlichen bei der Bewältigung des Alltags in den Gemeinden. Auf die Bereitstellung von Möglichkeiten für die zunehmend ältere Bevölkerung, am sozialen Leben teilzuhaben und selbstständig zu bleiben. Es ist durchaus realistisch, dass sich das Projekt etablieren kann - vorausgesetzt, alle machen mit. Zu wünschen wäre es. j.kalck@volksfreund.de

Extra

Bürgerbusse gibt es in Rheinland-Pfalz bisher nur vereinzelt. Auch deshalb hat die Landesregierung das Projekt "Bürgerbusse Rheinland-Pfalz" ins Leben gerufen. Das Projekt, bei dem die Universität Trier und das Institut Nexus mitwirken, berät beispielsweise im Vorfeld darüber, was es zu beachten gibt. Zurzeit gibt es sechs Projekte im Land. In der Verbandsgemeinde Arzfeld (Eifelkreis Bitburg-Prüm) ist die Einrichtung eines Bürgerbusses ebenso im Gespräch wie in den Gemeinden Langsur, Trierweiler und Zemmer (VG Trier-Land) sowie in Traben-Trarbach. Der erste Bürgerbus in Deutschland fährt seit 1985, bundesweit gibt es rund 160 Initiativen. Während es im Norden Luxemburgs bereits ein erfolgreiches Bürgerbusprojekt gibt, ist ein Seniorenbus im Rhein-Hunsrück-Kreis gescheitert, weil das Angebot kaum genutzt wurde. jka

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