Mit Fotofallen auf Hirschjagd: Forscher zählen Rotwild im Hunsrück

Hilscheid/Neuhütten · Wieviel Rotwild gibt es im Hunsrück? Um dies herauszufinden, installiert die Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft 170 Fotofallen im Wald. Diese nehmen ab April alles auf, was sich um sie herum bewegt. Die Forscher interessieren sich aber nur für Bilder von Hirschen und Rehen. Genaue Zahlen über den Bestand dieser Tiere helfen Förstern bei der Arbeit.

Hilscheid/Neuhütten. Waldbesucher suchen in der freien Natur normalerweise Ruhe und Entspannung. Vielleicht sogar auch Pilze. Dass ein Spaziergänger während seines Aufenthaltes in der unberührten Natur des Hunsrücks von einer Kamera aufgenommen werden könnte, ist undenkbar. Oder vielleicht doch nicht?170 Kameras auf 5000 Hetar


Ab April werden im Wald 170 Fotofallen von der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Trippstadt (Kreis Kaiserslautern) aktiviert. Hierbei handelt es sich um Apparate, in die Sensoren eingebaut sind, die auf Bewegung reagieren. Auf einer Fläche von circa 5000 Hektar, die von Börfink (Kreis Birkenfeld) bis in die Nähe des Erbeskopfes (Gemarkung Hilscheid) und nach Neuhütten (Verbandsgemeinde Hermeskeil) reicht, wird jede Bewegung und jedes Lebewesen dann aufgenommen. Die Metallkästen hierfür wurden bereits in den vergangenen Wochen montiert. Könnte dies das Ende der Privatsphäre im öffentlichen Raum bedeuten?
Ulf Hohmann, Leiter der Forschungsgruppe Wildökologie, gibt Entwarnung. "Wir interessieren uns nicht für Menschen. Im Mittelpunkt unserer Forschung steht das Rotwild." Hirsche und Rehe sollen gezählt werden, um Förster über den Bestand der Vierbeiner zu informieren. Denn die großen Pflanzenfresser zerstören viel Grün, das in den meisten Fällen nicht mehr nachwächst.
Sehr zum Ärger der Förster. Bevor diese zum Gewehr greifen, um die Zahl der Tiere zu reduzieren und somit einen Ausgleich in der Natur zu schaffen, muss erst in Erfahrung gebracht werden, wie viele es gibt. Hierzu werden verschiedene Zählungsverfahren angewandt. Da die Trippstädter Forscher mit Fotofallen vielversprechende Ergebnisse im Bienwald bei Kandel vorweisen können, kommen diese auch um Börfink zum Einsatz. Sehr zum Entsetzen von Jens Rosar aus Neuhütten. Dieser hatte während seines Waldspaziergangs die Vorrichtungen für die Kameras an den Bäumen entdeckt und direkt Alarm geschlagen. Denn die Kästen zeigen teilweise in Richtung des Waldweges, so dass er nicht "von der alleinigen Überwachung des Wildbestandes" ausgehen könne. Weiterhin bemängelt Rosar die "kleinen Hinweisschilder", die sich in unmittelbarer Umgebung der Metallboxen befinden. Als Waldbesucher müsste man sehr nah rangehen, um die Hinweise zu lesen. So wäre es nicht möglich, sich dem Einfluss der Kameras zu entziehen. Müssen Spaziergänger nun mit einer Überwachung rechnen? Hohmann verneint.Streng nach Vorschrift


Die Verwendung der Kameras unterliege in Rheinland-Pfalz strikten Regeln: Die Einrichtungen dürfen nur in enger Absprache und nach Vorgaben des Landesdatenschutzbeauftragten zu wissenschaftlichen Zwecken eingesetzt werden, erklärt er. Darüber hinaus muss mit einer ausreichenden Beschilderung auf die Fotofallen hingewiesen werden. Dies sieht der Wissenschaftler erfüllt.
Natürlich seien alle Projektbeteiligten darauf bedacht, die Rechte der Waldbesucher zu schützen. "Wenn sich dennoch jemand von den Kameras belästigt fühlt, kann sich der Betreffende direkt bei uns melden", sagt Hohmann. Jede Metallbox habe eine Kameranummer, die bei der zuständigen Stelle telefonisch gemeldet werden kann. Schließlich gebe es für alles eine Lösung.Extra

 Mit diesen Informationszetteln (links) werden die Waldbesucher auf die an Bäumen und Stämmen installierten Kameras (rechts der Kasten, in dem diese installiert werden) hingewiesen. TV-Fotos: (2) Axel Munsteiner

Mit diesen Informationszetteln (links) werden die Waldbesucher auf die an Bäumen und Stämmen installierten Kameras (rechts der Kasten, in dem diese installiert werden) hingewiesen. TV-Fotos: (2) Axel Munsteiner

Das Forschungsvorhaben wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert. Die Leitung obliegt dem Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Projektpartner hierfür ist die Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Trippstadt. Die Zählungen beginnen im April und werden mit unterschiedlichen Verfahren durchgeführt: Mit Infrarotkameras an Bord eines Leichtflugzeugs, nächtlichen Zählungen mit Scheinwerfern oder Infrarotkameras vom Auto aus und Fotofallen. Spätestens im November werden die Metallboxen mitsamt den Kameras abgebaut und ausgewertet. mmp

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