Mit ihrer Hilfe blühen Schüler auf

Konz · Sie helfen bei Hausaufgaben, üben Lesen und stärken die Umgangsformen der Kinder: Mehr als 100 Lese- und Lernpaten der Konzer-Doktor-Bürgerstiftung unterstützen Schüler in der Verbandsgemeinde Konz. Über die bildungspolitische Bedeutung des Modells haben Vertreter aus Politik, Schule und Wissenschaft beim ersten Konzer Bildungsgespräch diskutiert.

 Seit fünf Jahren im Einsatz an Konzer Schulen: 22 Lese- und Lernpaten der Konzer-Doktor-Bürgerstiftung sind von Beginn an dabei. Als Annerkennung hat ihnen die Stiftung eine Konzer Bildungsaktie mit persönlicher Widmung überreicht. TV-Foto: Christa Weber

Seit fünf Jahren im Einsatz an Konzer Schulen: 22 Lese- und Lernpaten der Konzer-Doktor-Bürgerstiftung sind von Beginn an dabei. Als Annerkennung hat ihnen die Stiftung eine Konzer Bildungsaktie mit persönlicher Widmung überreicht. TV-Foto: Christa Weber

Konz. Ihre Schulzeit liegt für Hiltrud Kirchner-Plum und Eva Gebert schon etwas länger zurück. Zur Schule gehen beide Frauen aber noch regelmäßig. Sie sind Lern- und Lesepatinnen am Konzer Gymnasium und an der Grundschule St. Johann in Kar-thaus. Mindestens einmal pro Woche betreuen sie förderbedürftige Schüler in kleinen Gruppen. Sie helfen bei Hausaufgaben und beim Verstehen von Texten.
"Den Kindern hilft es enorm, und uns macht es viel Spaß", sagt Eva Gebert. Mittlerweile sind etwa 100 ehrenamtliche Lese- und Lernpaten an allen Schulen in der Verbandsgemeinde Konz im Einsatz. Initiator des Projekts war vor fünf Jahren die Konzer-Doktor-Bürgerstiftung (siehe Extra). Aus Anlass ihres Jubiläums hat sie am Donnerstag Gäste aus Politik, Schule und Wissenschaft ins Kloster Karthaus eingeladen, um beim ersten Konzer Bildungsgespräch über die bildungspolitische Bedeutung des Lernpatenmodells zu debattieren.
"Wir haben ein einzigartiges Netzwerk aufgebaut, von dem alle Generationen profitieren", leitete der Stiftungsvorsitzende Hartmut Schwiering die von TV-Redakteur Dieter Lintz moderierte Runde ein. Den Erfolg bestätigte Didaktikprofessorin Michaela Brohm von der Universität Trier, die das Projekt seit zwei Jahren wissenschaftlich begleitet. Die von den Paten betreuten Schüler hätten ihren Sprachgebrauch, aber auch ihre "soziale Kompetenz" deutlich verbessert.
Angesichts zunehmender Depressionen und sozialer Störungen bei Schülern und mit Blick auf die "Unterfinanzierung des Bildungssystems" lobte Brohm das Konzer Modell als "pragmatische Lösung". Der Pate sei für den Schüler eine "feste Bezugsperson auf längere Zeit. Beide öffnen sich in dieser Beziehung und blühen auf".
Eine "Öffnung" forderte Thomas Kürwitz, Leiter der Grundschule St. Johann, auch für die Schulen: "Wir müssen alle gesellschaftlichen Ressourcen für unsere Bildungsaufgabe nutzen." In der "vertrauten Atmosphäre" mit den Paten seien Erfolge möglich, "die in der Klassengemeinschaft so nicht immer erreichbar sind", sagte Kürwitz.
Schule brauche "Kooperationen und innovative Ideen", bestätigte auch der ADD-Abteilungsleiter Schulen, Klaus Süssmann. Winfried Manns, geschäftsführender Vorstand des Städte- und Gemeindebunds Rheinland-Pfalz, und IHK-Präsident Peter Adrian betonten die Bedeutung ehrenamtlicher Bildungsförderung für die Wirtschaft. Chancengleichheit werde "durch die Schulen allein nicht erreicht", sagte Adrian. Bürgerliches Engagement wie in Konz sei "aktuell das einzige Mittel gegen den Mangel".
Aus dem Plenum kam aber auch Kritik. Ein Vater beklagte, dass sich der "Staat zurückzieht und Ehrenamtliche die Löcher stopfen lässt". Politik dürfe sich "nicht aus der Verantwortung stehlen", erklärte dazu Landeselternsprecher Thorsten Ralle. Er gab zu bedenken: "Die Konzer Kinder haben diese tolle Hilfe, andere aber nicht." Die Schulen müssten daher langfristig "ohne Unterstützung klarkommen". Der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz sieht die Konzer als "Vordenker", ihr Modell auch auf andere Orte im Kreis übertragbar: "Am Geld hängt es nicht, aber man braucht Akteure und Impulse vor Ort." cweb
Extra

Die Konzer-Doktor-Bürgerstiftung wurde am 5. November 2008 gegründet. Ihr Name geht auf den Konzer Pfarrer Georg Ignaz Canaris zurück. Er richtete in Konz Elementarschulen ein und bescherte den Kindern den Spitznamen "Konzer Doktoren". Ziel der Stiftung ist es, Bildung, Integration und soziale Kompetenzen junger Menschen in der Verbandsgemeinde Konz zu fördern. Als Leuchtturmprojekt starteten 30 ehrenamtliche Helfer vor fünf Jahren die Lese- und Lernförderung an Konzer Schulen. Einmal in der Woche unterstützen sie seitdem insgesamt 200 Schüler beim Verstehen deutscher Texte. 22 Lesepaten sind noch immer dabei, sie wurden jetzt von der Stiftung geehrt. 2010 startete das Projekt "Stark in Deutsch". Darin betreuen Lernpaten an drei Nachmittagen pro Woche Konzer Dritt- und Viertklässler. Die Uni Trier begleitet das Projekt wissenschaftlich. Im Herbst 2013 startete Professorin Michaela Brohm ein weiteres Pilotprojekt: Bis zum 13. Dezember wird in Konz erforscht, wie Lehrer die Motivation der Kinder steigern und die Schüler selbst gesteckte Ziele besser erreichen können. Neben der Lese-Lern-Förderung gibt es weitere Projekte der Bürgerstiftung, etwa die Konzer-Doktor-Thaler, Wettbewerbe und die Arbeit von Schülern mit älteren Menschen im Seniorenhaus Zur Buche. Die Stiftung mit aktuell 72 Stiftern und einem Kapital von 220 000 Euro wurde mehrfach ausgezeichnet. 2013 erhielt sie den Bürgerstiftungspreis vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. cweb

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